Berliner Landeshaushalt 2016/17: Einig nur beim freien Eintritt

Rot-Schwarz und Opposition streiten im Abgeordnetenhaus über Investitionen und Tilgung, die Linkspartei sieht die Früchte ihrer Arbeit verfrühstückt

Bauen, sanieren, reparieren: Viele hundert Millionen Euro aus dem künftigen Berliner Landeshaushalt sollen in die öffentliche Infrastruktur fließen. Anders als die Opposition hält es die rot-schwarze Koalition aber auch für nötig, Geld in den Schuldenabbau stecken. Foto: dpa

Was wolle man denn eigentlich in der Opposition? Regierungschef Michael Müller (SPD) lehnte sich am Rednerpult vor und guckte Linkspartei und Grüne an. Man gebe doch im neuen Landeshaushalt viel Geld in alle Bereiche, man investiere doch. Aber eben nicht genug, meinte die Opposition. Und zudem gingen auch noch viele Euros verloren, weil die Koalitionspartner SPD und CDU nur noch zusammen blieben, um sich gegenseitig Lieblingsprojekte zu genehmigen: „Je größer und tiefer der Koalitionsgraben, desto mehr Geld braucht es, diesen Graben zu füllen“, sagte Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop.

In seiner letzten Sitzung in diesem Jahr debattierte das Abgeordnetenhaus am Donnerstag den Haushalt für 2016 und 2017. SPD und CDU wollten ihn am späten Abend nach Redaktionsschluss beschließen, Grüne, Linkspartei und Piraten nicht zustimmen. Rund 25 Milliarden Euro pro Jahr ist er schwer, für alle Senatsressorts gibt es mehr Geld gegenüber dem aktuellen Etat.

Heftig umstritten war die Frage, ob sämtliche Überschüsse gleich wieder in der Stadt investiert werden sollten oder, wie die Koalition es sieht, zur Hälfte in den Schuldenabbau fließen. Denn trotz der aktuell guten Lage mit hohen Steuereinnahmen und der niedrigsten Arbeitslosenquote seit 1991 hat Berlin weiter rund 60 Milliarden Schulden. Für die sind trotz historisch niedriger Zinsen knapp zwei Milliarden Euro fällig. Jeder Prozentpunkt mehr beim Kreditzins würde das Land hunderte Millionen kosten. Müller nannte es eine Verantwortung gegenüber künftigen Generationen, von diesem Schuldenberg runter zu kommen. Über zwei Milliarden Euro hat das Land unter Rot-Schwarz zurück gezahlt.

Linksfraktionschef Udo Wolf lehnte es dennoch ab zu tilgen statt mehr Schulen, Brücken, Straßen und weitere Teile der Infrastruktur zu sanieren, die durch den nötigen Sparkurs vergangener Jahre gelitten hatten. Dass das so war, mochte auch Müller gar nicht bestreiten. Wolf machte seinem Ärger darüber Luft, dass die zuvor oppositionelle CDU nun von einer Situation profitiere, an deren Grundlage die Linkspartei im Senat von 2002 bis 2011 mitgearbeitet hatte: Die Früchte dieser Arbeit würden von der Koalition „planlos verfrühstückt“. Wie Wolf warfen auch Pop und Piraten-Fraktionschef Martin Delius dem Senat vor, Gestaltungsmöglichkeiten nicht auszunutzen.

Raed Saleh, SPD-Fraktionschef

„Wir beweisen mit diesem Haushalt, dass niemandem etwas weg genommen wird“

Prägend für die Haushaltsdebatte war trotz allen Streits über Investitionen das Thema Flüchtlinge (siehe auch Seite 21). Regierungschef Müller redete schon sieben Minuten, bevor bei ihm zum ersten Mal der Begriff „Haushalt“ fiel. SPD-Fraktionschef Raed Saleh berichtete von Gesprächen mit Bürgern, die sich sorgen würden, dass sie wegen der Flüchtlinge verzichten müssen. „Wir beweisen mit diesem Haushalt, dass niemandem etwas weg genommen wird“, sagte Saleh.

Eines gab es allerdings, auf das sich SPD, CDU und die Opposition doch noch einigen konnten: Die Grünen hatten einen Danke-schön-Tag für das Flüchtlingsengagement vieler Berliner vorgeschlagen (die taz berichtete). Freier Eintritt in Museen, Theatern, Opern, Zoo oder Tierpark am 31. Januar – da mochte keiner dagegen sein.

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