Berlin will der Rezession trotzen: Mit Millionen-Investitionen wider die Krise
Wirtschaftssenator Wolf (Linkspartei) legt im Abgeordnetenhaus ein Fünf-Punkte-Programm vor. Sein Parteifreund Liebich wäre nicht abgeneigt, dafür sogar den kompletten Haushaltsüberschuss von 600 Millionen Euro zu nutzen.
Sie wirkten unruhig. So wie Menschen, die die ersten Brisen eines aufziehenden Orkans spüren. Ungewöhnlich bissig und heftig stritten die Abgeordneten im Berliner Landesparlament am Donnerstagnachmittag um Wege aus der Rezession - und blieben dabei doch meist ohne neue Vorschläge, vor allem der lauteste Kritiker, FDP-Fraktionschef Martin Lindner. Konkret hingegen wurde der Senat, für den Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) ein Fünf-Punkte-Programm vorlegte, das auf Kreditvermittlung, Bürgschaften und Investitionen setzt.
Wolf sprach davon, dass Berlin wie dem Rest der Republik die größte Krise seit dem 2. Weltkriege drohe. Der jüngste Konjunkturbericht seiner Verwaltung hatte vergangene Woche erste drastische Einbrüche in der Industrie festgestellt und statt eines Wachstums wie 2007 und 2008 für das kommende Jahr maximal Stagnation vorher gesagt. Das Land ist zwar laut Wolf nicht allein in der Lage, die Krise zu bewältigen, will aber zumindest Akzente setzen.
Konkret will sein Programm vor allem eine Kreditklemme bei Betrieben verhindern. Mit Hilfe und Vermittlung der Investitionsbank Berlin sollen kleine und mittelständische Unternehmen flüssig bleiben. Klappt das nicht, soll das Land Bürgschaften geben, damit die Betriebe doch noch an Kredite kommen. Zum anderen will das Land besser als bisher kontrollieren, dass Investitionen nicht Pläne bleiben, sondern tatsächlich zu Aufträgen für Handwerksbetriebe werden.
Als deutlichen Impuls will der Senat dazu eine Investitionsspritze von 50 Millionen Euro beschließen, wie vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bereits am Mittwoch angekündigt. Dieses Geld soll dazu dienen, mehr marode Schulen und Sportstätten als geplant zu sanieren. Bisher waren dafür knapp 40 Millionen Euro vorgesehen. Um allerdings alle Schulen und Sportanlagen wieder in einen vernünftigen Zustand zu bringen, wäre knapp eine Milliarde Euro nötig. Zudem will Wolf auch weitere Zuschüsse umlenken, die bislang vorwiegend private Investitionen stützten. Auch sie sollen künftig in die Infrastruktur fließen, also für Straßen, Schulen oder Schwimmbäder verwendet werden.
Stefan Liebich, Fraktionsvize der Linkspartei und ihr wirtschaftspolitischer Sprecher, ging über die Pläne seines Parteifreunds Wolf hinaus. Er regte an, auch über den Überschuss von 600 Millionen Euro nachzudenken, den das Land vor der Krise angehäuft hat. "Kein Tabu" sah Liebich darin, dieses Geld statt zum Schuldenabbau für Investitionen zu nutzen.
Die Grünen hatten diese Forderung schon länger aufgestellt. Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig verlangte am Donnerstag erneut, die 600 Millionen für einen sogenannten "Öko-Invest-Fonds" zu nutzen, der im Schwerpunkt Schulen und Kitas saniert. Der Regierende Bürgermeister solle die Krise in eine Chance verwandeln, verlangte Eichstädt-Bohlig - "das ist machbar."
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