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Berlin verschärft Corona-RegelnNochmal neu nachdenken

Anna Klöpper
Kommentar von Anna Klöpper

Ab diesem Samstag gilt an den meisten Orten 2G, mitunter auch 2Gplus. Das klingt nach Durchgreifen – doch die Lockdown-Debatte dürfte kommen.

Klare Ansage, aber wer kontrolliert's? Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Monika Skolimowska

A b diesem Samstag verschärfen sich, mal wieder, die Corona-Regeln in Berlin: Jetzt muss überall dort, wo 2G gilt, auch noch Maske getragen werden – 2Gplus also, wobei das in der Innengastronomie ohnehin schon galt. Für Clubs – falls überhaupt noch jemandem nach Tanzen zumute ist – besteht das „Plus“ wiederum in einer Testpflicht und einer Beschränkung der Teilnehmerzahl. Shoppen (außer Brot, Milch, Shampoo, etc.) geht nur noch 2G, also geimpft oder genesen. Und seit Mittwoch bereits gilt für Bus und Bahn die 3G-Regel: Zutritt gibt es also nur für Geimpfte, Getestete, Genesene.

Wer das alles kontrollieren soll, ist unklar. Die Verkehrsunternehmen sehen sich allenfalls zu „stichprobenartigen Kontrollen“ in der Lage – was übersetzt heißt, dass man vermutlich weiterhin auch ganz gut ohne Impf- oder Testzertifikat ans Ziel kommt. Ok, ein bisschen Mut zum Risiko gehört dazu, immerhin können 2.500 Euro Bußgeld fällig werden.

Gerade die kleineren Läden des Einzelhandels dürften indes angesichts des dringend nötigen Weihnachtsgeschäfts im zweiten Corona-Winter – letztes Jahr war ab dem 16. Dezember harter Lockdown – eher hoffen, dass sie selbst nicht vom Ordnungsamt kontrolliert werden, als dass sie penibel Impfausweise scannen würden (wofür sie personaltechnisch ohnehin nicht ausgestattet sind). „Die fehlende Durchsetzung einer Zutrittsregelung oder Personenbegrenzung stellte in kleineren Einzelhandelsgeschäften ein häufiges Problem dar“, stellte etwa das Ordnungsamt Treptow-Köpenick bereits fest.

Hart formuliert könnte man sagen: Die Verschärfung, die der geschäftsführende rot-rot-grüne Senat am Dienstag verkündet hat, ist keine. Zumindest keine, die Wirkung zeigen wird. Weil sie in vielen Bereichen, siehe Innengastronomie, de facto keine Verschärfung ist. Weil sie in anderen Bereichen schlicht nicht kontrollierbar ist.

Hart formuliert könnte man sagen: Die Verschärfung, die der geschäftsführende rot-rot-grüne Senat am Dienstag verkündet hat, ist keine.

Wenn also das Ziel Kontaktbeschränkungen in wesentlichen Bereichen des öffentlichen Lebens ist; wenn das Ziel ist, das Infektionsgeschehen zu verlangsamen, indem man Ungeimpfte ausschließt – dann wird man sehr bald nochmal neu nachdenken müssen.

Denn die Impf-Booster-Kampagne, die jetzt anläuft, wird das Infektionsgeschehen erst mittelfristig drücken. Die Kliniken müssen zwar – zum Glück – noch keine PatientInnen verlegen lassen, anders als es etwa Bayern und Sachsen für dieses Wochenende organisieren. Doch die Lage in den Krankenhäusern wird mindestens bis Weihnachten eher prekärer als besser werden: Die, die sich jetzt infiziert haben, sind die Intensiv-PatientInnen der kommenden Wochen. Und es infizieren sich einfach zu viele: Im Moment klettert die 7-Tage-Inzidenz weiter, in Berlin stagnierte sie zuletzt bei einem Wert um 345.

Brandenburg hebt Präsenzpflicht in Schulen auf

Die Lockdown-Diskussion wird also kommen. Die Frage wird wie schon im letzten Winter sein, was man dicht macht, um Kontakte weiter zu beschränken, denn darum geht es ja. Ist es der Einzelhandel? Oder werden es doch wieder, trotz aller anderslautenden Beteuerungen, die Schulen sein?

Brandenburg hat in dieser Woche bereits die Weihnachtsferien ein paar Tage vorgezogen und die Präsenzpflicht weitgehend aufgehoben. Berlins Noch-Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) wehrt sich bisher dagegen, und das zu Recht: Sollte das Versprechen, die Schulen offen zu halten, erneut gebrochen werden, wäre die (erneute) bittere Erkenntnis, dass das Weihnachtsgeschäft eben doch mal wieder wichtiger gewesen ist als das schulische und psychologische Wohlergehen der Kinder.

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Anna Klöpper
Leiterin taz.eins
Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.
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4 Kommentare

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  • "Sollte das Versprechen, die Schulen offen zu halten, erneut gebrochen werden, wäre die (erneute) bittere Erkenntnis, dass das Weihnachtsgeschäft eben doch mal wieder wichtiger gewesen ist als das schulische und psychologische Wohlergehen der Kinder."

    Und sollte es nicht gebrochen werden, wäre das die Erkenntnis, dass kryptokreationistischer Wahn wieder wichtiger ist als das körperliche und psychologische Wohlergehen der Kinder. Denn auch bei denen erleidet ein guter Teil der Infizierten Langzeitschäden, bei denen nicht klar ist, ob sie sich "wieder rauswachsen".

    • @Ajuga:

      Danke!

  • Für Clubs besteht das "+" in einer Testpflicht und einer Beschränkung der Teilnehmerzahl.



    Drosten:



    „Es sieht nach meiner vorläufigen Einschätzung so aus, als ob Infektionen bei Geimpften gerade in den ersten Tagen der Infek­tion nicht so gut durch den Antigenschnelltest nachzuweisen sind. Leider ist die Studienlage dazu aber noch nicht ausreichend.“

    In Sportstudios besteht das "+" in der Aufforderung, einen Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen einhalten.



    Bereits in Supermärkten wird es mit dem Mindestabstand nicht so genau genommen, da tragen die Kunden aber immerhin eine Maske, im Sportstudio nicht.

    Wer über sein Ansteckungsrisiko nachdenkt, ist gut beraten, sein Verhalten nicht nur an staatlichen Fürsorge-Maßnahmen auszurichten.

  • Die von unseren "amtierenden" und die bald die "Sessel" der Regierungsmacht enternden Politiker/innen aus egoistischen und narzisstischen Gründen ignorierten Warnungen und konkreten Voraussagen der "Fachleute", also Wissenschaftler/innen und an der "Krankenhausfront" kämpfenden Ärzten/innen und dem medizinischen Personal wurden aus niederen, ja, kriminellen Gründen, weil ja Wahlen anstanden, vorsätzlich und wissentlich verdrängt.



    Konsequenzen - Keine!



    Und weder die "amtierende" noch die baldige Regierung hat ein "Plan".



    „Egon Olsen“ würde sich angesichts des vorsätzlichen Dilettantismus im Grab umdrehen.



    Wieder vergeht wertvolle Zeit und wenig bis nicht passiert, entsprechend der "Merkel-Methode": Wir bilden einen Stuhlkreis, palavern medienwirksam darüber, verfallen in Starre und warten bis alles vielleicht sich von allein "geregelt" hat.



    Wenn da nicht heute schon fleißig Leichensäcke auf Vorrat gelegt werden können.



    Wenn man sich das Personal dieser grotesken Koalition anschaut, alles Parteisoldaten, Laien und Schauspieler ohne jeglichen charakterliche und fachliche Eignung, kann man sich die letzten Illusionen aus den Kopf schlagen, das sich irgend etwas ändert oder positiv entwickelt.



    Nur eben, weiter so...!



    "Was tun?"



    Jedenfalls kann es nicht so weiter gehen, das eine militante, zutiefst egoistische Minderheit unser Leben bestimmt und die Politiker/innen aus Dummheit, Feigheit und weil die irrige Vorstellung besteht, "geliebt" werden zu müssen, erpressen lassen.



    Es ist schon weit, weit nach zwölf...!



    Ich habe als Betroffener der Mehrheit ( 3xG ) alle Illussionen verloren, das sich grundsätzlich etwas ändert!



    Nicht mit dieser selbstverliebten Laiendarstellertruppe!