Berlin und die neuen SPD-Chefs: Jetzt mal durchatmen, Genossen!
Die Wahl des neuen SPD-Spitzenduos kann der Berliner SPD Selbstvertrauen verschaffen. Das würde auch die rot-rot-grüne Koalition stabilisieren.
D ie SPD darf links sein – das ist die Botschaft der Wahl der beiden neuen Bundesvorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Berlins Sozialdemokraten sollten sich diesen Satz jeden Morgen nach dem Aufstehen laut vorsagen. Das würde den orientierungslosen Genossen Halt geben und damit auch zur Besserung der Stimmung in der rot-rot-grünen Koalition beitragen.
Der Berliner SPD – traditionell ein eher linker Landesverband – ergeht es nicht besser als der Partei im Bund. Derzeit dümpelt Michael Müllers Truppe bei 16 Prozent herum, weit entfernt von den Grünen und auch eher hinter CDU und Linken. Dem Regierenden trauen nur noch wenige zu, seine Partei aus dem Tief herauszuholen; gleichzeitig fehlt eine personelle Alternative, die allerdings bis zur nächsten Wahl des Landesvorsitzenden im Mai 2020 gebraucht wird.
Die Folge: Inhaltlich eiert die SPD herum. Ihr gelingt es dank parteiinterner Bremser und Zauderer nicht einmal mehr, eigene fortschrittliche Ideen wie zuletzt den Mietendeckel als Erfolg zu verkaufen. Von Selbstbewusstsein oder gar „stolzer Partei“ keine Spur.
Mit der Wahl des neuen Chefduos bekommt nun eine Mehrheit der Berliner Genossen den Rücken gestärkt: Ja, ihr dürft Politik für arme Menschen machen; nein, ihr müsst euch deswegen nicht vor jedem beliebigen Möchtegerninvestoren rechtfertigen; ja, ihr dürft auch neue Wege ausprobieren, ohne Gewissensbisse; nein, lasst die CDU ruhig vor sich hin schäumen.
Umfragen stärken die Koalition
Denn auch die Umfragen in Berlin stützen eine eigenständige linke Politik: Die aktuelle Koalition kommt konstant auf eine solide Mehrheit; nur die Rangfolge der drei Parteien hat sich verändert. Auf diese grundsätzliche Zustimmung der BürgerInnen zur Politik von Rot-Rot-Grün muss die SPD aufbauen und in den knapp zwei Jahren bis zur Wahl in Berlin (und vielleicht auch im Bund) ein eigenes, neues linkes Profil entwickeln. Das ist seit Samstag leichter geworden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“