Bericht der Energieagentur IEA: Krieg treibt Energiewende voran
Die Erneuerbaren sind der Gewinner der hohen Preise für fossile Rohstoffe. Dennoch rechnet die Energieagentur IEA mit einer Erderhitzung von 2,5 Grad.
Ist die Krise eher ein Rückschlag oder ein Treiber der Energiewende? Die IEA, ein Interessenverband führender Industriestaaten, tendiert eher zu letzterer Sichtweise. Begründung: Der Vorteil der Erneuerbaren zeige sich gerade deutlich. Die Korrelation von hohen Anteilen Erneuerbarer und niedrigen Strompreisen sei in einzelnen Ländern deutlich. Auch hätten dort, wo es effizientere Häuser gibt, diese den Preisanstieg für Konsumenten abgepuffert.
Es gebe „wenig Beweise“ für die Vorwürfe Einzelner, dass die Klimapolitik und ihre Ziele der CO2-Neutralität für steigende Energiepreise verantwortlich seien, so die IEA.
Angesichts der aktuell hohen Preise der fossilen Energien hätten die Regierungen in der Summe mehr als 500 Milliarden Dollar bereitgestellt, um die Auswirkungen der Energieknappheit auf das Wirtschaftsleben gering zu halten.
Zu wenig Aufmerksamkeit auf weniger Energieverbrauch
Kurzfristig sei wieder mehr Kohle und Öl zur Stromerzeugung eingesetzt worden, und mitunter seien auch Laufzeiten von Atomkraftwerken verlängert worden. Weniger Aufmerksamkeit hätten hingegen „nachfrageseitige Maßnahmen“ erhalten – also solche, die den Energieverbrauch senken anstatt das wegfallende Erdgas durch andere Energieträger zu ersetzen.
Gleichwohl sieht der Bericht, der als die „Bibel der Energiewirtschaft“ gilt, die Perspektiven nicht gar so düster: Während sich die Märkte angesichts der teureren fossilen Energien neu ausbalancierten, seien die Erneuerbaren längerfristig Gewinner.
Die Zunahme von erneuerbarem Strom werde in Zukunft ausreichen, um das Wachstum der gesamten Stromerzeugung zu übertreffen – und somit den Beitrag der fossilen Brennstoffe zur Stromerzeugung zu senken. Zwar treibe die Krise aktuell „die Auslastung bestehender kohlebefeuerter Anlagen kurzzeitig in die Höhe“, doch immerhin gebe es keine höheren Investitionen in neue Anlagen.
Trotz mancher positiver Ausblicke ist der IEA-Outlook zugleich auch ein Dokument des energiepolitischen Versagens der Weltgemeinschaft. Denn der Anteil fossiler Brennstoffe am globalen Energiemix ist seit Jahrzehnten mit rund 80 Prozent „hartnäckig hoch“. Bis 2030 sinke der Anteil laut Szenarien zwar auf unter 75 Prozent, bis 2050 dann unter 60 Prozent.
2050 immer noch 32 Milliarden Tonnen CO2
Damit werde der Höhepunkt der globalen CO2-Emissionen im Jahr 2025 mit 37 Milliarden Tonnen erreicht. Doch sind das insgesamt nur bescheidene Fortschritte, denn laut den Prognosen werden auch 2050 32 Milliarden Tonnen CO2 emittiert. Diese Reduzierung um nur 13 Prozent bis 2050 reiche bei Weitem nicht aus, um die Erderhitzung einzudämmen, so die IEA.
Entsprechend rechnet die Agentur mit einem Anstieg der globalen Mitteltemperatur um etwa 2,5 Grad bis zum Jahr 2100. Das sei zwar besser, als man es in früheren Jahren prognostiziert habe. Die seit 2015 erzielte politische Dynamik und technologische Fortschritte schwächten die Erwärmung im genannten Zeitraum um immerhin 1 Grad ab.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch ein Bericht, den das UN-Klimasekretariat soeben in Bonn veröffentlichte. Auch dieser prognostiziert auf Basis der Klimaschutzpläne der Unterzeichnerstaaten des Pariser Klimaabkommens eine globale Erwärmung um 2,5 Grad.
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