Beratungen zu Entlastungspaket: Länder fordern Energiepreisdeckel
Die Ministerpräsident:innen sehen den Bund bei der Finanzierung weiterer Entlastungen in der Pflicht. Uneinigkeit herrscht bei der Schuldenbremse.
„Nun muss die Ampel-Koalition endlich Tritt fassen und auch die Bereitschaft erklären, mit uns gemeinsam die notwendigen Lösungen anzupacken“, sagte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Menschen warteten auf entschlossenes „und geschlossenes Handeln“ um die explodierenden Preise auszugleichen, betonte der Linke-Politiker. Dies sei zumindest auf Länderseite gelungen.
Als strittig galt nach Angaben von Berlins Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) unter den Ländern vor allem das Thema Schuldenbremse. Die Frage, ob neue Kredite zur Finanzierung von Entlastungen aufgenommen werden dürften, „konnten wir nicht abschließend klären“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz nach den Beratungen.
Zugleich sah sie den Bund in der Pflicht. „Wir haben hier an dieser Stelle ganz klar auch die Forderung an den Bund, dass ein solcher Energiepreisdeckel nur durch den Bund bundesweit finanziert werden kann“, sagte Giffey dem Sender RTL. Die Länder seien bereit, ihren Beitrag zur Entlastung zu leisten, „aber der Energiepreisdeckel muss vom Bund passieren“, machte sie klar. Zuvor hatte sie signalisiert, dass mit Kosten in dreistelliger Milliardenhöhe zu rechnen sei.
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Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) sagte, der Bund müsse in jedem Fall einen „deutlich höheren als den vorgesehenen Anteil der Lasten tragen“.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hatte nach den Beratungen gesagt, die Länder seien sich darin einig, dass zur Finanzierung eines Energiepreisdeckels „Über- und Zufallsgewinne“ der Energiekonzerne abgeschöpft werden sollen. Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) sprach sich für eine Ausnahme von der Schuldenbremse aus, um die Energiepreisbremse zu finanzieren.
Schwesig dagegen blieb bei dem Thema zurückhaltend: „Es gibt mehrere Bundesländer, die eine Protokollnotiz abgegeben haben, dass sie diese außergewöhnliche Notlage (…) als Grundlage sehen, im Zweifel eine Ausnahme von der Schuldenbremse zu machen. Wir werden sehen, ob das notwendig ist“, sagte sie am Mittwochabend. Nach Angaben ihres Sprechers hat Mecklenburg-Vorpommern die Notiz mitgetragen.
Innerhalb der Ampelregierung im Bund ist ein mögliches Aussetzen der Schuldenbremse strittig. Die FDP mit Finanzminister Christian Lindner ist bisher strikt dagegen.
Der Bund der Steuerzahler sieht durchaus auch Spielraum bei den Ländern, sich an der Finanzierung zu beteiligen. „Ich sehe, dass die Länder derzeit hohe Milliarden-Überschüsse anhäufen, während sich der Bund immer tiefer im Krisenmodus und in seinen Schulden festfährt“, sagte der Präsident des Vereins, Reiner Holznagel, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/ Donnerstag). Er forderte, die Energie- und Inflationskrise müsse von allen staatlichen Ebenen mit gleicher Vehemenz angepackt werden. „Es darf nicht sein, dass der Bund zum Einzelspieler wird und die Länder von der Seitenlinie aus kommentieren.“
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund unterstützte die Forderung nach einer Energiepreisbremse. Sie könne „den Menschen, den Kommunen, aber auch der mittelständischen Wirtschaft wirklich helfen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, der Rheinischen Post. Wichtig sei, dass eine Energiepreisbremse alle Energieträger erfasse.
Der Sozialverband VdK forderte „ein bezahlbares Basiskontingent an Gas und Strom für alle Haushalte“, wie VdK-Präsidentin Verena Bentele dem RND sagte. „Die kalte Jahreszeit ist da, und immer mehr Menschen fürchten sich vor den hohen Gasabschlägen und Energierechnungen in ihren Briefkästen, weil das Geld nicht mehr reicht.“ Zur Finanzierung der Entlastungsmaßnahmen schlug sie eine „faire Vermögenssteuer“ und die „Besteuerung von großen Krisengewinnen“ vor.
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