Senatssitzung: Voll Energie voraus?

Trotz wahrscheinlicher Wahlwiederholung gibt sich die rot-grün-rote Regierung tatkräftig: Entwurf des Nachtragshaushalt soll bis 8. November stehen.

Das Foto zeigt den Temperaturregler einer Heizung.

BERLIN taz | Die Chefin war verhindert, ihr Vize vertrat sie aber ganz in ihrem Sinne: Weil die Regierende Bürgermeisterin Franziska ­Giffey (SPD) am Dienstag zum Ministerpräsidententreffen musste, berichtete ihr Stell­vertreter Klaus Lederer (Linkspartei) in der Pressekonferenz, wie es so war in der ersten Senatssitzung nach dem De-facto-Urteil des Landesverfassungsgerichts zur Wahlwiederholung. Und ganz wie Tage zuvor schon die Chefin hielt Leder den Ball flach: endgültiges Urteil abwarten, das Land bestmöglich vorbereiten und weiter regieren. „Wir sind es den Berlinerinnen und Berlinern schuldig, jeden Tag, den wir im Amt sind, unsere Arbeit ordentlich zu machen“, sagte Lederer. „Wir können nicht drei, vier, fünf Monate gar nichts tun.“

Giffey hatte am Vormittag die Forderung der FDP-Fraktion nach einer Regierungs­erklärung in der Parlamentssitzung am Donnerstag zurückgewiesen. Stattdessen soll dort laut Lederer der Bericht jener Expertenkommission diskutiert werden, die sich mit den Pannen der Abgeordnetenhauswahl vom 26. September 2021 beschäftigte.

Diese Pannen ordnete das Verfassungsgericht vergangene Woche als so gravierend ein, dass es in einer sogenannten „vorläufigen Einschätzung“ eine Wahlwiederholung für sehr wahrscheinlich hielt. Wann daraus ein offizielles Urteil wird, ist offen: Laut Gesetz soll das binnen drei Monaten nach der Verhandlung passieren, bis zum 28. Dezember. Wieder spätestens 90 Tage danach wäre die Wahl.

Den Senat beschäftigte in seiner Sitzung am Dienstag ein weiterer Zeitplan: der für einen Nachtragshaushalt für 2022 und 2023. Die Nachbesserung wird nötig wegen der geplanten 800 bis 1.500 Millionen Euro, mit denen der Senat Energiekosten und Inflation abpuffern will. Einen Teil davon – 105 Millionen Euro – hat der Hauptausschuss des Parlaments bereits vor drei Wochen zur Finanzierung des 29-Euro-Tickets für Bus und Bahn freigegeben.

Berlin wächst langsamerDie Bevölkerungszahl Berlins steigt bis 2040 auf fast vier Millionen Einwohner, exakt 3,963 Millionen. Das wäre eine Zunahme von 187.000 Personen und geht aus der neuesten Bevölkerungsprognose des Senats hervor. Ein Drittel, 65.000, machen schon dieses Jahr ukrainische Kriegsflüchtlinge aus. Nach früheren Zahlen sollte Berlin die 4-Millionen-Grenze schon bis 2026 erreichen. Die Umweltschutzorganisation BUND geht deshalb davon aus, dass das Land weniger als die schon bis 2030 geplanten 200.000 zusätzlichen Wohnungen braucht. (sta)

Laut Lederer will der Senat seinen Entwurf für den Nachtragshaushalt – der auch die Kosten für eine Wahlwiederholung abdecken soll – am 8. November vorlegen. Das ließe Zeit, auch noch die Erkenntnisse der nächsten Steuerschätzung aufzunehmen. Nach Vorstellungen der Landesregierung könnte der aktualisierte Haushalt in der letzten Plenarsitzung in diesem Jahr am 15. Dezember beschlossen werden. Lederer ging von einem zügigen Verfahren aus, das nur zusätzliche Kosten einarbeitet und nicht Inhalte des bisherigen Haushaltes kippt. Es werde keine umfangreiche Debatte geben, „wo wir das große Buch der guten Wünsche aufschlagen“.

Die abwesende Chefin Giffey drängte währenddessen in Sitzungen erst mit den Ministerpräsidenten, dann am Dienstag mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) darauf, dass ein Großteil der Entlastungen und Hilfen inklusive eines Energiedeckels aus dem Bundeshaushalt bezahlt werden. Davon hängt auch ab, wie sehr der Senat im Nachtragshaushalt die angepeilte Spanne von 800 bis 1.500 Millionen Euro tatsächlich ausreizen muss.

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