Belohnung zu NSU-2.0-Serie ausgesetzt: „Ich will nichts unversucht lassen“
Seit zwei Jahren wird die Anwältin Seda Başay-Yıldız von einem „NSU 2.0“-Drohschreiber bedroht. Nun setzt sie privat eine Belohnung auf Hinweise aus.
Die Anwältin, die im NSU-Prozess Opferfamilien vertrat, will privat 5.000 Euro zahlen für Hinweise, die zur Aufklärung der Drohserie oder zur Ergreifung der Täter beitragen. Die Informationen können an „Hinweise_NSU2.0@protonmail.com“ geschickt werden. „Die bisherigen Ermittlungen haben bisher nichts erbracht“, erklärt Başay-Yıldız. „Und ich erwarte mir davon auch nicht mehr viel. Aber ich will trotzdem nichts unversucht lassen, diese Serie doch noch zu stoppen.“
Staatsanwaltschaft erklärt Belohnung zur Privatsache
Die in der NSU-2.0-Drohserie ermittelnde Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main wollte sich zu der Belohnung nicht äußern. Dies sei Privatsache von Başay-Yıldız, hieß es dort. Eine eigene Belohnung hatte die Staatsanwaltschaft bisher nicht ausgelobt. Neue Fahndungserfolge kann die Behörden aber tatsächlich nicht vermelden. Die Ermittlungen liefen weiter, sagte eine Sprecherin.
In der NSU-2.0-Drohserie sind bis heute gut 80 Schreiben verschickt worden, darunter an die Kabarettistin Idil Baydar oder die Linken-Politikerinnen Janine Wissler und Martina Renner. In einigen Fällen enthielten die Schreiben persönliche Daten, die zuvor an Polizeicomputern abgerufen wurden. Auch bei Başay-Yıldız war dies der Fall, die Abfragen erfolgten hier im 1. Revier in Frankfurt am Main. Betroffen waren ihre Adresse und die Namen ihrer Familienmitglieder.
Başay-Yıldız hatte bereits vor einigen Tagen bei einer Veranstaltung der Linksfraktion im Bundestag die Ermittlungen kritisiert. Gerade zu Beginn, als noch die Frankfurter Polizei selbst ermittelte, sei „zu zaghaft“ mit den sechs PolizistInnen umgegangen worden, die im Verdacht standen, ihre Daten abgerufen zu haben. Die Ermittler hätten ihr auch nie Fotos der verdächtigten Beamten vorgelegt.
„Nicht alles getan“
„Mein Eindruck ist, da wurde nicht alles getan. Die Polizisten werden nicht wie sonstige Beschuldigte behandelt“, sagt Başay-Yıldız. Sie kritisiert auch, dass die Beamten, obwohl sie auch in rechtsextremen Chatgruppen aktiv waren, bis heute nur suspendiert und nicht aus dem Dienst entfernt seien.
Der „NSU 2.0“-Drohschreiber hatte es zuletzt auch geschafft, Başay-Yıldız' neue Adresse zu erfahren, nachdem sie umgezogen war. Sie habe diese geheimgehalten, nur ein kleiner Kreis wusste davon, berichtet die Anwältin. „Da fragt man sich schon, wie das passieren kann.“ Erst kürzlich sei ein Unbekannter vor ihrem Haus erschienen und habe Fotos gemacht, so Başay-Yıldız. Die Situation bleibe damit bedrohlich, auch durch weitere aufgestachelte Personen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Syrische Geflüchtete in Deutschland
Asylrecht und Ordnungsrufe
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Sednaya Gefängnis in Syrien
Sednaya, Syriens schlimmste Folterstätte