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Behördlicher Umgang mit ReichsbewegtenDie ständige Gefahr

Das Kreishaus Göttingen hat Ärger mit Reichsbewegten. Zuletzt führte eine dubiose Paketsendung dazu, dass rund 400 Angestellte evakuiert werden mussten.

Leider ernst gemeint: Diese Hemd trug Peter Fitzek 2019 vor dem Landgericht Dessau-Roßlau Foto: dpa-Zentralbild | Klaus-Dietmar Gabbert

B lümchen und Schmetterlinge: Die farbigen Motive auf dem Paket kamen der Poststelle des Kreishauses Göttingen verdächtig vor. Das ein Kilogramm schwere Paket war an den Landrat Marcel Riething (SPD) adressiert. Die Polizei wurde gerufen, an die 400 Kreishausangestellte evakuiert. Ein Spürhund hatte bei der zweiten Kontrolle angeschlagen. Der Verdacht auf Sprengstoff erhärtete sich schließlich aber nicht.

Die Absenderin sei ein Grund für die Vorsichtsmaßnahmen gewesen, auch weil sie das Paket direkt an den Landrat adressiert hatte, sagt Nina Winter, Pressesprecherin des Landkreises, der taz. Die Sendung kam von der neuen Besitzerin des ehemaligen „Kneipp-Kur-Hotels Wiesenbecker Teich“. Vor Kurzem hat Ute Kowalewski das Hotel in Bad Lauterberg erworben, eine Anhängerin des selbst proklamierten „Königreichs Deutschland“ (KRD). Der Landkreis Göttingen ist auch für das Harz-Städtchen zuständig.

Schon länger hat das Kreishaus Auseinandersetzungen und Ärger mit Reichsbewegten. Aus ehemaligen „Papier-Terroristen“, die Behörden mit langen E-Mails und überbordenden Schreiben einzuschüchtern versuchten, sind längst bewaffnete Terroristen geworden. Einzelne haben schon Menschen ermordet, weitere planten einen „Tag X“ mit einem Sturm des Reichstags oder der Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). In vielen Verwaltungen und Behörden wurden seitdem die Sicherheitsmaßnahmen erhöht. Sobald Post von konfliktbehafteten Absendenden eingehe, würde sie mit Vorsicht behandelt, erklärt Winter: „Wir sind sensibilisiert.“

In dem Paket befanden sich aber lediglich Aktenordner – ein kurzer Antrag auf Akteneinsicht und sehr lange Ausführungen zum „Königreich Deutschland“, sagt Winter. Mit der Post habe Kowalewski nur auf Anfragen des Landkreises antworten wollen, heißt es.

In dem blümchenverzierten Paket waren ein Antrag – und sehr lange Ausführungen zum Königreich Deutschland

Die Reichsbewegte könnte jedoch auch verstimmt sein: Am 30. August waren Polizei, Zoll und Landkreis gegen ihr Bauprojekt vorgegangen. Sie suchten das ehemalige Hotel auf. Bei dem Einsatz wurde überprüft, ob Schwarzarbeit vorliege und ob Bau- und Abfallauflagen eingehalten würden, sagte Winter.

Kein unbegründeter Verdacht: Denn das KRD um dem selbsternannten König Peter Fitzek akzeptiert weder die Staatsorgane noch die Rechtsordnung der Bundesrepublik. Die von engen Vertrauten Fitzeks erworbenen Schlösser und Höfe verstehen die An­hän­ge­r:in­nen als eigene Hoheitsgebiete. In Wittenberg hatte sich Fitzek 2012 vor 600 An­hän­ge­r*in­nen zum „Oberstern Souverän“ gekrönt. Bis heute unterhält Fitzek in der Lutherstadt den Hauptsitz des KRD.

In einen internen Konzept zum Aufbau von Regionalstellen heißt es, „innerhalb der Regionalstelle“ sei eine „Schulung aller Beteiligten“ geboten. „Die Schöpfungsgesetze, Peters Bücher und Seminare sind als Grundlage eines konsistenten Weltbildes und als Werkzeuge zur Bewusstseinsentwicklung und Charakterveredlung vorrangig zu nutzen“, steht dort, und weiter: Der „Regionalleiter“ soll um sich herum eine „starke und loyale Kerngruppe bilden“. Die Leitung müsse auch führen und durchsetzen. O-Ton: „Die postmoderne Vorstellung, dass ‚alle Menschen mitentscheiden müssen und nur auf die Schwarm­intelligenz gehört werden muss‘, ist eine romantische und weltfremde Idee.“

Bei Fitzek erscheinen „die Juden“ als Agenten des Bösen. Keine Überraschung: Das KRD hat Kontakte zu Rechtsextremen – auch in Bad Lauterberg: Ein früherer NPD-Kader hilft auf der Baustelle. Die Radikalität der Reichsbewegten vor Ort hat der Landkreis bereits erlebt: Von den Ordnungskräften, die das frühere Hotel in Augenschein nahmen, hat das KRD Bilder, Namen und Autokennzeichen im Internet veröffentlicht.

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Andreas Speit
Autor
Rechtsextremismusexperte, Jahrgang 1966. In der taz-Nord schreibt er seit 2005 die Kolumne „Der Rechte Rand“. Regelmäßig hält er Vorträge bei NGOs und staatlichen Trägern. Für die Veröffentlichungen wurde er 2007 Lokaljournalist des Jahres und erhielt den Preis des Medium Magazin, 2008 Mitpreisträger des "Grimme Online Award 2008" für das Zeit-Online-Portal "Störungsmelder" und 2012 Journalisten-Sonderpreis "TON ANGEBEN. Rechtsextremismus im Spiegel der Medien" des Deutschen Journalistenverbandes und des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt. Letzte Bücher: herausgegeben: Das Netzwerk der Identitären - Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten (2018), Die Entkultivierung des Bürgertum (2019), mit Andrea Röpke: Völkische Landnahme -Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos (2019) mit Jena-Philipp Baeck herausgegeben: Rechte EgoShooter - Von der virtuellen Hetzte zum Livestream-Attentat (2020), Verqueres Denken - Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus (2021).
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1 Kommentar

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  • Warum jetzt Reichsbewegte und nicht mehr Reichsbürger? Gegendert? Hab nichts dagegen, wills nur wissen.