Befreiung von israelischen Geiseln: Freigekämpft nach 128 Tagen
Das israelische Militär befreit zwei Männer aus den Händen der Hamas. Angehörige fordern weiter eine Verhandlungslösung.
Um 1.49 Uhr morgens drangen laut der israelischen Armee Kämpfer der Jamam-Eliteeinheit der Grenzpolizei in ein „ziviles Gebäude in einer zivilen Nachbarschaft“ in Rafah ein. Die Geiseln wurden „unter schweren Feuergefechten an mehreren Orten mit zahlreichen Terroristen“ befreit, sagte Armeesprecher Daniel Hagari. Der Einsatz fand demnach auf Grundlage von Geheimdienstinformationen und mit Unterstützung durch Luftangriffe statt. Nach palästinensischen Angaben wurden dabei Dutzende Palästinenser getötet, darunter Frauen und Kinder. Ein Journalist der Nachrichtenagentur AP bestätigte das Eintreffen mehrerer Leichen im Abu-Jussef-al-Nadschar-Krankenhaus.
Verteidigungsminister Joaw Gallant lobte den Einsatz auf der Onlineplattform X und sprach von „einer beeindruckenden Rettungsaktion“. Marman und Har wurden in das Scheba-Krankenhaus nahe Tel Aviv gebracht. Laut ersten Untersuchungen seien beide in „gutem und stabilem“ Zustand.
Regierungschef Benjamin Netanjahu sieht sich durch den Einsatz in seiner kompromisslosen Fortsetzung des Krieges bestätigt. Am Morgen gratulierte er den Einsatzkräften und bekräftigte: „Nur die Aufrechterhaltung des militärischen Drucks bis zum vollständigen Sieg wird zur Freilassung aller unserer Geiseln führen.“
Weiter Rufe nach Diplomatie
Der frühere Leiter der Jamam-Einheit, Generalmajor der Reserve David Tsur, forderte trotz der erfolgreichen Befreiung, weiterhin auf eine diplomatische Lösung zu setzen. „Wenn wir eine militärische Möglichkeit sehen, müssen wir sie ergreifen, doch wir müssen auch jede Chance nutzen, die Verhandlungen voranzubringen“, sagte Tsur. „Es darf kein Entweder-oder geben.“ Jede militärische Aktion gefährde das Leben der Geiseln wie auch das der Einsatzkräfte.
Die Hamas hatte vergangene Woche mit weitreichenden Forderungen auf einen von den USA vermittelten Vorschlag reagiert. Unter anderem will die Gruppe eine 135-tägige Feuerpause, an die sich ein dauerhafter Waffenstillstand und ein Abzug der israelischen Soldaten aus dem Gazastreifen anschließt. Israels Regierungschef hatte diesen Vorschlag abgelehnt. Tsur nennt die Forderungen „nicht nachvollziehbar“.
Louis Hars Schwiegersohn, Idan Bejerano, bedankte sich am Morgen für die Rettung: „Aber die Arbeit ist noch nicht vorbei“, sagte er nahe dem Krankenhaus zu Journalisten. Israels Anführer müssten ein Abkommen erzielen. „Wir werden nicht aufhören, bis alle Geiseln frei sind“, sagte der 36-Jährige. In Gaza befinden sich noch immer etwa 130 Entführte, mindestens ein Fünftel von ihnen sind nach Angaben der Armee nicht mehr am Leben.
Indes nimmt weiter die Sorge vor einer israelischen Offensive in Rafah zu, wo rund 1,5 Millionen Menschen unter katastrophalen Bedingungen ausharren. Trotz deutlicher Warnungen vieler Hilfsorgansationen und Verbündeter, darunter auch Deutschland und die USA, setzte die israelische Armee ihre Luftangriffe auf die Stadt Rafah nach eigenen Angaben am Montag fort.
Telefonat Biden-Netanjahu
Am Sonntagabend sprachen US-Präsident Joe Biden und Netanjahu erstmals seit mehr als drei Wochen am Telefon miteinander. Dabei tauschten sie sich laut einem hochrangigen US-Vertreter vor allem über die Möglichkeit eines Abkommens über die Freilassung der Geiseln und eine Feuerpause aus. Demnach gebe es einen Rahmen für ein Abkommen, bei zahlreichen Punkten herrsche jedoch weiter Uneinigkeit. Die Vereinigten Staaten drohen, eine Offensive nach Rafah nicht zu unterstützen, solange Israel keinen umsetzbaren Plan für den Schutz und die Versorgung der Zivilbevölkerung habe.
Am Dienstag soll der Chef des US-Geheimdienstes CIA, William J. Burns, zu Verhandlungen mit ägyptischen und katarischen Vermittlern über eine Kampfpause und einen Gefangenenaustausch nach Kairo reisen. An den Gesprächen sollen auch israelische Vertreter teilnehmen.
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