Bedrohtes Punkfestival Resist to Exist: Erst die AfD, dann die Bürokraten
Behörden wollen das Punkfestival Resist to Exist-Festival in Kremmen verhindern; die AfD würde es freuen. Die Veranstalter klagen dagegen vor Gericht.
Was es nicht bietet, ist das, was das deutsche Bürokratenherz begehrt: eine Baugenehmigung, weil der Acker, auf dem sonst Kühe weiden, umgenutzt werde, so die Argumentation. Dabei geht es nicht um die beiden großen Bühnen, die keine Baugenehmigung brauchen, sondern um das Aufstellen von Zäunen, Zelten, Verkaufsständen und die Nutzung einer Futterhalle. In einer kostenpflichtigen Ordnungsverfügung wurde all dies unter Strafandrohung verboten. Von einer „eigensinnigen Logik“, spricht Peter Meir vom Festival-Orga-Team.
Die Veranstalter haben es versucht, aber letztlich keinen Bauantrag gestellt, weil sie Aufwand und Kosten als ehrenamtlicher Verein nicht tragen können – und zogen vor Gericht. Angesichts eines nur dreitägigen Festivals sehen sie keine Nutzungsänderung des Geländes. Doch das Verwaltungsgericht Potsdam erklärte am Donnerstag die Verbotsverfügung für gültig. Die Punks aber nehmen das Festivalmotto wörtlich: Sie widersetzen sich, um zu (über)leben. Laut Meier wurde am Montag ein Eilantrag beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt.
Ihre Gegenspieler sind der Leiter der Baubehörde von der CDU und der SPD-Landrat. Einem Kompromissvorschlag des Gerichts, das Festival stattfinden zu lassen und später zu prüfen, haben diese sich verweigert – weil sie „Rechtssicherheit“ wollen.
AfD-Angriff auf linke Kultur
Letztlich machen sie sich zu Gehilfen der AfD, die vergangenes Jahr eine kleine Anfrage gestellt hatte, die darauf zielte, das Festival zu diskreditieren – auch wenn dabei wenig herauskam. Gefragt wurde nach einer staatlichen Unterstützung für das Festival (keine), registrierten politischen Straftaten (2018: keine), der Anzahl der eingesetzten Polizeibeamten (6) – und schließlich nach einer vorliegenden Baugenehmigung.
Nachdem das Fusion-Festival wegen eines wahnwitzigen Sicherheitskonzeptes der Behörden auf der Kippe stand, ist mit dem Resist to Exist wieder ein linksalternatives Festival, das bislang keinerlei Probleme machte, durch den Staat bedroht. Also keine, außer punktypischen, wie ein Besucher auf Twitter schrieb: „Vorletztes Jahr wurden wir auf dem Resist to Exist Festival konstant von unseren Zeltnachbarn angefeindet, weil ich damals noch auf Alkohol- und Drogenpause war. Haben uns mit leeren Bierdosen abgeworfen, Campingstuhl geklaut usw.“
Nun ist das kein Grund ein Festival zu verhindern, das sich im Ort verankert, mit Jugendarbeit, Zusammenarbeit mit örtlichen Anbietern, freiem Eintritt für Kremmener, und das viel Geld in den Ort spült. Meier sagt: „Ein negatives Urteil wäre ein Präzedenzfall und würde alle anderen Festivals gefährden.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland