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Bedeutung von TwitterFür viele unersetzlich

Tanja Tricarico
Kommentar von Tanja Tricarico

Nach den neuesten Musk-Eskapaden wollen viele aussteigen. Doch für die Menschen in Iran, in Afghanistan oder in der Ukraine ist Twitter unverzichtbar.

Für Musk gilt nur seine eigene Definition von Meinungsfreiheit Foto: Reuters

N ur wenige Tage war Ruhe, dann drehte Elon Musk erneut mächtig auf. Dieses Mal blockierte er Journalist:innen, die es gewagt hatten, über seinen Standort in Echtzeit zu berichten. Dabei handelt es sich um Daten, die ohnehin öffentlich zugänglich sind. Die Empörungswelle blieb – zu Recht – nicht aus. Schnell wurde auf Twitter der Rückzug von Twitter gefordert. Und – auch das zu Recht – die fragwürdige Einstellung des Twitter-Chefs zur Meinungsfreiheit scharf kritisiert.

Bei manchen kam die Kritik allerdings reichlich bizarr daher. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) etwa zollte Musk Respekt dafür, dass er die gesperrten Journalistenkanäle wieder freigab. „Es gehört mehr Größe dazu, eigene Fehler zu korrigieren, als immer alles richtig zu machen“, twitterte Buschmann. Das Einzige, was er missbilligte: Laut Musk hatte er seine Entscheidung an einer Abstimmung unter den Nut­ze­r:in­nen festgemacht.

Aber genau das ist der Knackpunkt. Journalist:innen, die Missstände via Twitter veröffentlichen, De­mons­tran­t:in­nen und Kri­ti­ke­r:in­nen von menschenverachtenden Regimen – sie alle sind also auf das Wohlwollen von Musk und den Nut­ze­r:in­nen angewiesen. Sind sie zu kritisch, wird geblockt. Das hat mit Meinungsfreiheit wenig zu tun.

Fakt ist aber auch, dass viele, die Twitter als Informationsplattform nutzen, keine andere Wahl haben, als zu bleiben. Alternativen wie Mastodon haben zu wenig Reichweite. Nicht nur aktuell, sondern auch auf längere Sicht hin. Den Ak­ti­vis­t:in­nen in Iran, den Ortskräften in Afghanistan oder kurdischen Protestierenden läuft die Zeit davon, ihre Kontakte auf anderen Plattformen aufzubauen. Hinzu kommt, dass ihre Adres­sa­t:in­nen – darunter auch Ministerien, Nichtregierungsorganisationen, andere Ak­ti­vis­t:in­nen – weltweit nicht zwingend auf derselben Plattform unterwegs sein würden.

Es ist ein Dilemma. Bleiben, aushalten oder Twitter-Profil löschen und neu anfangen? Für viele ist Twitter zu lebenswichtig, um sich diese Frage zu stellen. Es ist deshalb die Aufgabe von Buschmann, der EU-Kommission und der US-Behörden, Musk in seine Schranken zu weisen.

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Tanja Tricarico
Ressort ausland
Schreibt seit 2016 für die taz. Themen: Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, früher auch Digitalisierung. Seit März 2024 im Ressort ausland der taz, zuständig für EU, Nato und UN. Davor Ressortleiterin Inland, sowie mehrere Jahre auch Themenchefin im Regie-Ressort. Privat im Einsatz für www.geschichte-hat-zukunft.org
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10 Kommentare

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  • Ich brauche weder Twitter noch Facebook. Letzteres funktioniert ja sowieso nur eingeschränkt. Die schlechteste Website, die ich kenne.

  • Das ist auch das Problem an Twitter-Alternativen wie Mastodon etc. Die haben einfach (noch) nicht die internationale Nutzerbasis. Das, was ich an Twitter so schön finde, nämlich die Kommunikation über kulturelle und geographische Grenzen hinweg ist sonst kaum irgendwo möglich.

  • Ich bin mir nicht sicher, ob man die Bedeutung sozialen Medien nicht erheblich überhöht.

    Es sind schon viele Regime untergegangen und Demokratien geboren worden, lange Zeit bevor das Wort Social Media auch nur erdacht wurde.

    Sie kennen nur einfach keine andere Welt mehr ...

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    de.wikipedia.org/w...Die_Internationale



    „Es rettet uns kein höh’res Wesen,



    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun



    Uns aus dem Elend zu erlösen



    können wir nur selber tun!“



    Oder Elon. Der lässt nicht ruh'n.

  • "Doch für die Menschen im Iran, in Afghanistan oder in der Ukraine ist Twitter unverzichtbar"

    Da sind wir wieder beim Thema Abhängigkeiten und ob es nicht sinnvoller wäre sich von einer solchen Abhängigkeit zu lösen anstatt diese weiter zu zementieren. Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt dafür.

    • @PartyChampignons:

      Also für den Iran kann ich das nicht so bestätigen, meine Frau hat dort viele Bekannte und noch mehr Verwandte, da ist Twitter nie ein Thema, die Kommunikation läuft meist über Whatsapp, etwas über facebook , neuerdings auch mal wieder über IMO, im privaten Kreis auch über Signal und wenn alle Stricke reißen über das analoge Telefon. Vielleicht twittern die die Exilanten im Ausland untereinander mehr.



      Ansonsten hat der Henker Ali da seinen Daumen drauf, wenn man auf Whatsapp 2 Stunden über Essen redet ist die Verbindung stabil, wenn man bestimmte Schlüsselworte wie Demonstration erwähnt ist die Verbindung weg und man muss neu wählen. Die haben sich schon immer mit guter Technik auch aus Deutschland ausgerüstet um da Volk zu unterdrücken, dan nützt Twitter auch nichts.

  • ach leute es verurteilt euch doch gar niemand dafür bei twitter zu bleiben, aber denkt euch doch nicht irgendwelche Gründe dafür aus. Iraner brauchen kein Twitter, du brauchst twitter.

  • Wenn der Staub sich mal gelegt haben sollte, wird man nicht umhin kommen, sich gründlich über das Verhältnis zwischen Freiheit und Willkür einerseits und Zensur und Regulierung andererseits Gedanken machen zu müssen. Viele machen es sich da gerade zu einfach.

    Denn es ist schon komisch: Hält der Staat sich raus, hat man ja nicht notwendigerweise Verhältnisse ohne Machtgefälle. Mischt er sich ein, hat man das schon gar nicht.

    Selbst beim gefeierten dezentralen Mastodon ist man vielmehr nur anderer Willkür ausgeliefert, denn wenn man da kontroverse Meinungen vertritt, müssen die gar nicht illegal sein, um vom lokalen Server zu fliegen, denn dort hat der Admin praktisch alle Macht.

    Freiheit ohne Willkür UND ohne staatliche Durchsetzung von Grenzen ist halt ein schwieriges Thema.

  • Ich sehe in Twitter nur einen einzigen "öffentlichen" Sinn: Dass Menschen/Reporter unterdrückter Länder ihre Meinung in die Welt bringen können. Geht aber auch nur, wenn das Land nicht ohnehin Twitter sperrt.



    Ansonsten sehe ich in dem Laber- und Hassportal Twitter rein gar nichts, was die Menschheit voranbringen könnte.



    Wenn Wikipedia 99 Punkte für Information und Nutzen bekommt, würde ich Twitter 0,001 Punkt geben.

    • @Rudi Hamm:

      Das ist eine sehr verzerrte Sichtweise, die nur die Extreme betrachtet und die alltäglichen und völlig unproblematischen 90% dazwischen einfach ausblendet.

      Twitter ist eine grandiose, sehr einfach von jedem benutzbare globale Plattform, um Neuigkeiten von einer Pressemitteilung bis hin zu Zeitschriftenartikeln oder Veranstaltungen in einem sehr einfachen und begrenzten Format (und damit mit sehr wenig Aufwand) weltweit zu veröffentlichen, die jeder auf der ganzen Welt dann finden kann.

      DAS ist/war das eigentlich wichtige Feature von Twitter, alles andere ist nur aufgeregtes Rauschen drumherum. Selbst die taz nutzt das genau so.

      Dass das irgendwie kaum jemand sehen mag, zeigt nur, wie sehr da die Aufregung inzwischen das Denken bestimmt.

      Twitter ist nicht wegen "Labern und Hassen" so wichtig geworden. Twitter ist so wichtig geworden, weil es ein globaler Nachrichtendienst geworden ist. Wenn das nicht so wäre, wäre es so irrelevant wie Telegram oder Whatsapp.