Bedeutung der Corona-Warn-App: Bitte Klarheit schaffen
Die Corona-Warn-App kann jetzt auch zur Kontaktverfolgung dienen. Leider scheint die Regierung die eigene App nicht ernst zu nehmen.
E s ist ein bisschen untergegangen, zwischen all den G-Fragen rund um das neue Infektionsschutzgesetz. Aber der Bundestag hat darin ein Detail mit beschlossen, das durchaus revolutionär ist: Zur Kontaktverfolgung etwa bei Restaurants oder Veranstaltungen können die Bundesländer künftig ausdrücklich auf die Corona-Warn-App setzen. Bisher war Standard, dass persönliche Daten von mutmaßlichen Kontaktpersonen erfasst werden, die im Infektionsfall an die Gesundheitsämter gehen. Setzen die Länder stärker auf die Corona-Warn-App, die ohne persönliche Daten auskommt, ist hier eine deutliche Entlastung der völlig untergehenden Gesundheitsämter möglich.
Doch was gut klingt, hat leider einen Haken. Denn: Die Bundesregierung scheint ihre eigene App nicht ernst zu nehmen. So häufen sich Berichte, in denen Nutzer:innen via App eine rote Warnung erhielten, zur Abklärung einen PCR-Test machen wollten – und abgewiesen wurden. Rote Warnung heißt: Die Betroffenen befanden sich länger nahe einer infizierten Person und könnten sich angesteckt haben. Doch Ärzt:innen, Teststellen und der Kassenärztliche Bereitschaftsdienst scheinen häufig abzuwinken, wenn die gewarnte Person doppelt geimpft ist. Dabei sollte sich herumgesprochen haben, dass Geimpfte zwar deutlich seltener schwer erkranken – sich aber anstecken und auch andere anstecken können.
Manchen Betroffenen wurde empfohlen, sich stattdessen selbst zu testen – ein problematischer Rat. Schließlich stellt sich zunehmend heraus, dass Schnelltests wohl weniger zuverlässig sind als angekommen – vor allem vor Symptombeginn, wo eine infizierte Person bereits ansteckend ist. Dieser Effekt kommt wohl bei Geimpften noch stärker zum Tragen, schreibt der Charité-Virologe Christian Drosten auf Twitter. Wenn die Bundesregierung also ihre eigens beauftragte App ernst nehmen will, muss das Gesundheitsministerium Klarheit schaffen und dafür sorgen: Eine rote Warnung in der App gibt den Anspruch auf einen PCR-Test, auch mit Impfung. Und es den Betroffenen nicht unnötig schwer machen, das Richtige zu tun.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alleingang des Finanzministers
Lindner will Bürgergeld kürzen
Putins Brics-Gipfel in Kasan
Club der falschen Freunde
Deutsche Asylpolitik
Die Hölle der anderen
Kritik an Initiative Finanzielle Bildung
Ministeriumsattacke auf Attac
Linke in Berlin
Parteiaustritte nach Antisemitismus-Streit
Investitionsbonus für Unternehmen
Das habecksche Gießkannenprinzip