Bebauung des Tempelhofer Feldes: Müller fordert baldige neue Debatte
Der Regierende Bürgermeister will zurück auf das Feld: "In einigen Jahren" sei eine neue Diskussion über dessen Randbebauung fällig, sagte Michael Müller der taz.
Geht es nach dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD), wird bald wieder über eine Bebauung des Tempelhofer Feldes diskutiert werden. „In einigen Jahren wird die Frage, ob eine Randbebauung nicht doch eine Möglichkeit ist, wieder eine Rolle spielen“, sagt Müller im taz-Interview. Hintergrund ist die stetig wachsende Stadt und der knappe Wohnraum: „Wenn sich die Stadt weiterentwickelt, wird man solche Fragen diskutieren können und müssen.“ Vor knapp einem Jahr hatten sich die Berliner in einem Volksentscheid überraschend deutlich gegen jede Bebauung des einstigen Flugfeldes ausgesprochen. Für Müller, damals Stadtentwicklungssenator unter Klaus Wowereit (SPD), war es die schwerste Niederlage im Amt.
Auf dem 386 Hektar großen Tempelhofer Feld hatte der Senat ursprünglich knapp 5.000 Wohnungen in drei Baufeldern am Rand des Geländes geplant, davon etwa die Hälfte mit Mieten von 6,50 Euro pro Quadratmeter. Auch das neue Haus für die Zentral- und Landesbibliothek sollte dort entstehen. Doch nach einem emotional geführten Wahlkampf stimmten am 25. Mai 2014 genau 738.124 BerlinerInnen für den Gesetzentwurf der Initiative „100 Prozent Tempelhof“, der jegliche Bebauung verbietet. Das waren 64,3 Prozent und deutlich mehr als das nötige Quorum von rund 625.000.
Im Rückblick zeigt Müller sogar Verständnis für die Ablehnung: „Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass wir mit drei Baufeldern und der Bibliothek vielleicht zu viel wollten“, so der Regierende Bürgermeister zur taz. Seine Schlussfolgerung: Eine mögliche erneute Bebauungsplanung werde kleiner ausfallen. Denn: „Wenn man die alten Pläne wieder verfolgen würde, wäre die Empörung zu Recht groß.“
Die Empörung dürfte dennoch nicht auf sich warten lassen. Denn es ist unklar, wie lange ein in einem Volksentscheid beschlossenes – und damit direkt vom Souverän legitimiertes – Gesetz gelten soll. Formal kann es wie jedes andere Gesetz jederzeit wieder geändert werden. Allgemein herrscht politischer Konsens im Abgeordnetenhaus, dass es zumindest nicht in der gleichen Legislaturperiode wieder gekippt wird. Für das Tempelhofer Feld schließt Müller gegenüber der taz das auch noch für die kommende Legislatur, also bis 2021, aus.
Eine rasche neue Diskussion über eine Bebauung des Feldes hatten auch schon die Grünen prophezeit – sogar noch vor dem Volksentscheid selbst. „Ich bin sicher, der Entscheid kann auch ein Neustart für eine Debatte sein – und nicht das Ende der Entwicklung auf dem Feld“, hatte die Vorsitzende Bettina Jarasch damals für den Fall, dass der Entscheid erfolgreich sein sollte, der taz gesagt. Denn: „Kein Gesetz ist für die Ewigkeit.“ Einige Grüne hatten sogar eine neue Debatte für den Tag nach dem Entscheid angekündigt. Seitdem hat man von den Grünen dazu jedoch nichts mehr gehört.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Israels Brüche der Waffenruhe
Die USA sind kein neutraler Partner