Bebauung Rummelsburger Bucht: Aquarium kurz vorm Absaufen
Teilerfolg für KritikerInnen der Luxusbauten in der Rummelsburger Bucht: Die Bezirksverordneten von Lichtenberg beschließen den Bebauungsplan nicht.
Schulen und Bäume, statt Touristen und Zäune“ heißt es auf einem der vielen Transparente, die auf der Demonstration gegen den Bebauungsplan Ostkreuz zu sehen sind. Über 1.000 Menschen ziehen am Donnerstag durch Friedrichshain und Lichtenberg, um gegen die Bebauung einer der letzten verbliebenen Freiflächen an der Rummelsburger Bucht zu demonstrieren.
Dort planen Investoren vor allem Luxuswohnungen und das Aquarium „Coral World“, das jährlich eine halbe Million Besucher anlocken soll. Die Organisatoren der Demo kritisieren, die Pläne würden die Bedürfnisse der Anwohner*innen nicht berücksichtigen, und fordern stattdessen, mehr bezahlbaren Wohnraum und dringend benötigte Schul- und Kitaplätze zu schaffen sowie bestehende Kultur- und Naturräume zu erhalten.
Schon zu Beginn der Demo am frühen Nachmittag versammeln sich am Markgrafendamm mehrere Hundert Teilnehmer*innen, vor allem jüngere Menschen und Familien mit Kindern.
Für viele der Demonstrant*innen sind die Pläne für die Bebauung der über 30.000 Quadratmeter großen Fläche in der Nähe des Ostkreuzes beispielhaft für die Unfähigkeit der Politik, der zunehmenden Gentrifizierung und Verdrängung entgegenzusteuern. „Ich bin stinksauer, dass die Stadt sich nicht gegen Investoren durchsetzten kann“, sagt etwa Demo-Teilnehmerin Maria Thun. Die landeseigenen Grundstücke wurden im vergangenen Jahr für insgesamt 20 Millionen Euro an die Investoren verkauft – deutlich unter dem Verkehrswert.
Frustriert von investorenfreundlicher Politik
Die Demo zieht am Ostkreuz vorbei, immer mehr Menschen schließen sich an. In den Redebeiträgen kommen nicht nur Menschen zu Wort, die unmittelbar durch den „Bebauungsplan Ostkreuz“ von Verdrängung bedroht sind, sondern auch Beteiligte anderer stadtpolitischer Kämpfe wie die Aktivist*innen von Liebig34 und der #besetzen-Kampagne.
Im Hintergrund dröhnen laute Technobässe: Das Netzwerk Reclaim Club Culture ist mit einem Wagen vertreten. Es setzt sich für den Erhalt der alternativen Subkultur ein, die rund um die Rummelsburger Bucht entstanden ist. „Bunte Bewohner*innen an die Bucht, bunte Korallen ins Meer“, heißt es passend dazu auf einem der Transparente.
Maria Thun, Demoteilnehmerin
Als die Demo die Schule an der Viktoriastadt in der Nöldnerstraße erreicht, schließen sich noch mehr Eltern und Kinder der Demonstration an, die Veranstalter*innen sprechen mittlerweile von 1.600 Teilnehmer*innen. Seit Jahren fehlen in Lichtenberg Schul- und Kitaplätze. Viele Eltern frustriert das: „Ich hab das Gefühl, dass in der Richtung überhaupt nichts passiert“, klagt Anwohner Moritz Gathmann. „Es ist absurd, dass in einer solchen Situation ein Aquarium gebaut werden soll.“
Bezirkspolitiker vertagen Entscheidung
Auch der Bezirk sieht inzwischen ein, dass die Schaffung weiteren Wohnraums ohne die entsprechende Infrastruktur verantwortungslos ist: Die für Donnerstag vorgesehene Entscheidung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) über den eigentlich längst fertigen Bebauungsplan wurde auf eine spätere Sitzung vertagt. „Die BVV wird keinen B-Plan beschließen, solange die Schul- und Kitafrage nicht abschließend geklärt ist“, erklärte Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke) auf der Sitzung am Donnerstagabend.
Eine Entscheidung noch in diesem Jahr ist damit fraglich. Gemeint ist damit aber vor allem der Schulneubau auf alternativen Flächen, wie etwa in der Hauptstraße 8/9 und die Erweiterung bestehender Schulgebäude, eine Änderung des Bebauungsplans ist nicht vorgesehen.
Doch die Verzögerung verschafft den Demonstrant*innen Zeit, den Druck auf die Bezirksverordneten zu erhöhen. Florian Hackenberger, Mitorganisator der Demo, übergab den Verordneten während der BVV eine Petition gegen die weitere Bebauung der Rummelsburger Bucht mit über 5.000 Unterschriften. „Wir fordern, den Bebauungsplan komplett abzulehnen, die Verträge rückabzuwickeln und eine Neuplanung mit echter Partizipation zu starten“, sagt er.
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