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Beate Zschäpe im NSU-ProzessSchon wieder gescheitert

Erneut will Zschäpe ihre drei Pflichtverteidiger Stahl, Sturm und Heer loswerden. Das Gericht sieht keinen Grund dafür. Jetzt drohen neue Verzögerungen.

Kein Dreamteam: Beate Zschäpe und ihre drei Altverteidiger. Foto: dpa

MÜNCHEN dpa | Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe ist erneut mit einem Antrag gescheitert, ihre drei Pflichtverteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm abberufen zu lassen. In einem achtseitigen Beschluss urteilte der Vorsitzende Richter im Münchner NSU-Prozess, Manfred Götzl, es gebe keinen ausreichenden Grund für die Entlassung der drei Anwälte.

Götzl hielt Zschäpe überdies vor, „dass es die Angeklagte ist, die sich der durch die Pflichtverteidiger Heer, Stahl und Sturm mehrfach angebotenen Kommunikation verschließt“. Der Beschluss, den das Gericht am Donnerstag zustellen ließ, liegt der dpa vor.

Damit dürfte der NSU-Prozess in der kommenden Woche ein weiteres Mal ins Stocken geraten. Zschäpe, so ist aus Justizkreisen zu hören, erwäge als Reaktion einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht.

Zschäpe muss sich seit Mai 2013 im NSU-Prozess für die Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ verantworten. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr Mittäterschaft vor. Bei neun der zehn angeklagten Morde soll das Motiv Rassismus und Fremdenhass gewesen sein. Die Opfer waren türkisch- oder griechischstämmige Gewerbetreibende. Neben ihren drei Pflichtverteidigern wird Zschäpe inzwischen auch von zwei Wahlverteidigern vertreten.

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8 Kommentare

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  • Das ist doch nur oberflächliches Schmierentheater. Es ist offensichtlich, dass die offiziellen Darstellungen über den Tathergang gelogen sind. Der Verfassungsschutz war involviert und die Täter_innen_gruppe grösser als dargestellt.

    Frau Zschäpe könnte hier den Verfassungsschutz vorführen. Sie wird so lange schweigen oder bei der unschuldigen Mitläuferinnenversion bleiben, so lange sie noch auf ein mildes Urteil hoffen kann. Umgekehrt wird der Verfassungsschutz auch andere Druckmittel haben - und wenn es "nur" das Risiko ist, nach der Urteilsverkündung in der Zelle erhängt zu sein. Die Pflichtverteidiger_innen sind dabei im Zweifel die Boten und Erfüllungsgehilfen des Verfassungsschutzes. Da wundert es wenig, dass Frau Zschäpe sich mit ihnen nicht verträgt.

  • Ich kann's bald nicht mehr mit ansehen, wie Frau Zschäpe - die mir durchaus clever, schlau und intelligent sowie auch durchsetzungsstark erscheint - die guten und richtigen Bestimmungen der Rechtsordnung für ihre Zwecke einsetzt.

     

    Das passt so gar nicht zu dem Bild, das sie mit ihrer "Aussage" (in Form eines von ihrem Anwalt verlesenen Text) von sich zeichnete.

     

    Es tut mir Leid, aber die ganze Sache "stinkt gewaltig zum Himmel" - woher hat sie diese Kenntnisse im Verfahrensrecht?

     

    Wie kam sie an die drei Rechtsanwälte, die sie sich als ihre (vom Staat bezahlten und weiter zu zahlenden) Verteidiger ausgesucht hat; wie kam der Kontakt zu den beiden Rechtsanwälte zustande, die nun ihre "Vertrauens-Verteidiger" sind?

     

    Sie hat doch nicht nur im Telefonbuch geblättert, im Internet gesurft oder eine Liste der Anwaltskammer durchsucht - eine Frau, die angeblich Jena und Gera bis zu ihrer Verhaftung nicht verlassen haben will.

     

    Da steckt doch was "Größeres" dahinter.

  • Na ja. Rechtssaat sieht anders aus. Zwamgsverteidigung hieß das damals in den RAF-Prozessen Ende der 70er, die ich besucht habe. Und auch damals wie heute war ich dagegen. Und damals wie heute wird ein Exempel statuiert. Die Angeklagten müssen verurteilt werden und wenn dafür alle grundsätze der rechtssaatlichkeit verraten werden müssen. Nichts dazu gelernt hat unsere Gesellschaft.

  • Ich habe nicht Jura studiert, deshalb ist es vielleicht für mich unverständlich, warum das Gericht Frau Zschäpe zwingt, Verteidiger zu behalten, die sie nicht will. Sie hat doch Verteidiger ihrer Wahl. Ist es wirklich nicht möglich, eine ordnungsgemäße Übergabe zu machen, ohne den Prozess zu gefährden? Für "Normalbürger" ist dieser Zirkus kaum noch nachzuvollziehen, zumal die Pflichtverteidiger sinnlos Steuergelder kosten.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Wie soll denn eine solche "Übergabe" aussehen? Im deutschen Gerichtssaal wird kein Wortprotokoll erstellt, d.h. der neue Anwalt könnte gar nicht wissen, was bisher überhaupt verhandelt wurde, wie die Zeugen ausgesagt haben, welche Gutachten vorgetragen worden sind etc. Er müsste - während das Verfahren über Monate hinweg ruht - mit den "alten" Verteidigern jeden Prozesstag nachvollziehen und sich über jede Einzelheit unterrichten lassen, faktisch ein Ding der Unmöglichkeit bei einem solchen Mammutprozess. Deshalb und das ist wohl auch Sinn und Zweck der Angeklagten, würde ein Urteil der Revision nicht standhalten und der ganze Prozess müsste von vorne aufgerollt werden.

      • @Cerberus:

        Wie gesagt, ich habe nicht Jura studiert. Aber für solche Fälle wäre es doch sinnvoll, dass die Angeklagte eine verbindliche Erklärung abgeben kann, dass ihr das alles bewusst ist und damit keinen Revisionsgrund darstellen kann. Allerdings verlange ich da wohl zu viel gesunden Menschenverstand...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      liegt mW. am vorsitzenden Richter. Nur er darf entlassen und wenn der die Beweisaufnahme und damit Verfahren gefährdet sieht, lässt er´s.

      Ich denke, der Richter will zukünftig willkürliche Neubenennungen der Zschäpe dadurch abblocken, sonst wird´s ein Taubenschlag. Ist aber auch nur Spekulatius.

  • Wahlverteidiger entlassen, Frau Zschäpe ! Rechtsanwalt Blut und Rechtsanwalt Boden, gibt´s wirklich, machen doch was her, oder ?

    Die Frau lässt ordentlich die Puppen tanzen. Wenn das so weiter geht, wird Frau Zschäpe selbst nach Verurteilung, abzüglich ihrer Untersuchungshaftzeit, den Gerichtsaal als freie Frau verlassen.