piwik no script img

Bayerns VorbilderMannsbilder wie Uli Hoeneß

Bayern stellt zuverlässig die vorgestrigsten, verbohrtesten und kleingeistigsten Männer in sein Schaufenster. Uli Hoeneß ist das beste Beispiel.

Uli Hoeneß darf immer und überall seinen Senf dazugeben Foto: Sven Hoppe/dpa/imago

B eginnen wir mit etwas Kontroversem: Ich finde nicht, dass Steu­er­hin­ter­zie­he­r*in­nen inhaftiert gehören. Überhaupt finde ich Haftstrafen nur in absoluten Ausnahmefällen vertretbar. Etwas derart Archaisches wie Gefängnisse sind einer humanistischen Gesellschaft nicht würdig.

Eine Alternative zur Haft wären soziale Strafen: das Verbot, Ämter wahrzunehmen zum Beispiel, oder als Funk­ti­ons­trä­ge­r*in nicht mehr in der Öffentlichkeit auftreten zu dürfen. Es gibt einen Haufen guter Konzepte dazu, in Deutschland forscht daran unter anderem Thomas Galli.

Andererseits leben wir ja auch nicht in einer humanistischen Gesellschaft, wie man unschwer an jenen erkennen kann, die innerhalb dieser Gesellschaft zu Ehren gekommen sind; zum Beispiel Leute, die aus Spaß mal mit mehreren hundert Millionen rumzocken und dabei vergessen, so was wie Abgaben abzuführen. Also zum Beispiel Uli Hoeneß. Der darf immer noch zu allem Möglichen in offizieller und halboffizieller Funktion seinen Senf dazugeben, und wenn etwas im Fernsehen läuft, das ihm nicht passt, dann ruft der da direkt an und wird ins Studio durchgestellt. Ich wünschte, das wäre ein Witz.

Dass dabei allerhand inkohärentes Zeug rauskommt, hat nur zum Teil damit zu tun, dass der Uli ein Bayer ist. Meine selige Großmutter, selbst aus der Nähe von Altötting stammend, pflegte zu sagen: Nie wird ein Bayer Bundeskanzler, weil die Bayern können nicht reden. (Mir ist klar, dass der Uli streng genommen Württemberger ist, aber für Ulmer gilt das auch.)

Vorgestrig und kleingeistig

Wobei das ohnehin nur die eine Hälfte ihres Unglücks ist, die andere: Bayern in seiner Pracht und Wonne stellt sich an relevanten Zeitpersonen zuverlässig die vorgestrigsten, verbohrtesten, gräulichsten und kleingeistigsten Mannsbilder ins Schaufenster, ganz so, als müsste es dem Rest der Republik beweisen, dass das Vorurteil von einer katholisch-patriarchal vermorschten Hinterwäldlerkultur unbedingt stimmt.

Das ist natürlich falsch, es gibt ganz wunderbare männliche Bewohner des Freistaates. Aber die werden dem Rest des Landes vorenthalten, aus Rache vermutlich, dass Bayern Teil dieses Deutschlands sein muss, obwohl dort der Himmel so viel blauer, das Bier so viel hopfiger, die Maibäume so viel bunter und überhaupt die Lebensqualität so gut ist, dass manche sogar das Schalmeispielen anfangen, um sie auf ein erträgliches Maß zu senken.

Uli Hoeneß’ Weltbild ist bayrisch-ptolemäisch: Unter diesem ach so blauen Himmel thront die Erde auf vier Füßen, und alles, was vier Füße hat, ist per definitionem bajuwarensis ein Stammtisch. Neulich hat er wieder einmal bekundet, dass ihm die öffentlich-rechtliche Berichterstattung zur Weltmeisterschaft nicht behagt hat: „Wenn ich die Fifa wäre, würde ich ARD und ZDF keine WM-Rechte mehr geben. Da wurde bis zehn Minuten vor dem ersten Spiel über Menschenrechte gesprochen. Die sind natürlich wichtig, ich bin ein großer Freund der Menschenrechte. Aber irgendwann muss der Moment kommen, an dem es um Fußball geht.“

Anders gesagt: Einige von Uli Hoeneß’ besten Freunden sind Menschenrechte. Aber wir leben in modernen Zeiten, da dauert ein Spiel nicht mehr 90 Minuten, sondern mit Vor- und Nachberichterstattung um die dreieinhalb Stunden. Und da will man nicht behelligt werden mit solchem Quark wie toten Arbeiter*innen. Kritikwürdig ist nicht, wer solche Verbrechen begeht oder an ihnen verdient: Kritikwürdig ist, wer zu viel darüber spricht. Uli Hoeneß wird sein Lebtag weiter Schweinshaxe essen können, weil da, wo andere ein Herz haben, sitzt bei ihm eine Registrierkasse; kein Anlass also, sich über verstopfte Arterien Gedanken machen zu müssen. Und das ist einer der profiliertesten Vertreter des deutschen Fußballs, na servus.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Mit dem Statement am Anfang des Artikels kann ich nichts anfangen! Was beabsichtigt der Staat mit einer Gefängnisstrafe? Man will doch hauptsächlich Nachahmer warnen und von gleichartigen Vergehen abhalten, Gleiches gilt auch für den Delinquenten! Ist der Verein der Steuerhinterzieher, Uhrenschmuggler und Goldfresser ein Vorbild?

    Gleich schwer wie die Taten Steuerhinterziehers ist für mich das Verhalten der Vereinsspitze des geldlastigen Vereins. Die Leute in dieser Position begrüßten und bestätigten den Kriminellen doch in seinen Vergehen. Durch die anhaltende Förderung seiner Position bestärken sie diese weiterhin! H soll sich mit seinem immer noch vielen Geld als Rentner zurückziehen und im Stillen weiterleben!

    Denken diese Leute eigentlich nicht an die Vorbildwirkung als Repräsentanten der populärsten Sportart im Land? Wollen sie, dass die jungen Kicker im Erwachsenenalter alle zu gewissenlosen Steuerhinterziehern werden nach dem Motto: So schlimm ist das nicht?

  • Man muss Hoeness sicher nicht mögen und die Sache mit den Menschenrechten muss man ihm, gerade wegen seines Engagements für das Katar Sponsoring in München, auch nicht komplett abnehmen.



    Aber hinsichtlich der WM Berichterstattung hat er doch absolut recht. Die übertragenden Sender ARD und ZDF haben sich jahrelang nur randläufig für das Thema interessiert, während Menschenrechtler und Faninitiativen sich den Mund fusselig geredet haben. Pünktlich dann zur WM die große Aufregung und die Fixierung auf die angepasste Karrikatur der eigentlichen Regenbogenbinde.



    Man hat rund 2 Wochen lang eine absurde Event Empörung betrieben, während amn selbst stolze 214 Mio für die Übertragungsrechte gezahlt, in den Werbepausen Spots für Urlaub in Saudi-Arabien geschalten hat. Man hat von den Spielern Zeichen und Boykotte gefordert, aber selbst den ganzen DFB/FIFA Zirkus migetragen, anstatt selbst Konsequenzen zu ziehen. Nach den zwei Wochen war das Thema dann erledigt.

    Und nochwas. Auch jemand, der oft Unsinn redet, einem unsympathisch ist oder sogar aus Bayern kommt, darf seine Meinung äußern, wenn er gefragt wird. Da muss man gar nicht zeilenlang drumherum eiern.

  • Die Karriere von Herrn Hoeneß spricht eine andere Sprache. Aus kleinen Verhältnissen stammend wurde ein sehr guter Fussballer, erfolgreicher Manager des best geführten Fussballvereins der Welt und erfolgreicher Unternehmer. Ok. Seine Straftat hat er gebüsst und den Schaden doppelt zurückgezahlt. Kann man z.B von Herrn Wowereit ( und anderen Politikern ) nicht sagen.



    Ja, und auch dass ist eine Tatsache: Es gibt in diesem Land auch konservativ denkende Menschen.

    • @Klempner Karl:

      Der Herr Hoeneß hat nur einen geringen Teil seiner Strafe verbüßt. Er war sofort wieder aus dem Knast raus und er hat nur soviel zurück gezahlt wie er tatsächlich musste (hinterzogene Steuer + Zinsen).



      Er hat bei seiner "Selbstanzeige" seine Spekulationsgewinne "vergessen" und in dem Prozess noch ein paar unterschlagene Millionen nachgelegt. Woher das Geld tatsächlich gekommen ist, wurde gnädigerweise nicht ermittelt (Adidas und Lois-Dreyfus in Verbindung lassen grüßen).

      Er hat niemals wirkliche Reue gezeigt, sondern sich immer nur als Opfer gesehen.

      Den Erfolg hat der FCB dem Dr. Scherer zu verdanken und nicht dem Uli.

      Nicht zu vergessen der verschossene Elfmeter 1976 der uns den Europameistertitel gekostet hat.

      Der Mann ist eine Katastrophe und der Klempner Karl sollte mal die rote FCB-Brille abnehmen und in der Wirklichkeit ankommen.

      • @tgl:

        Steuer hinterzogen: 28,5 Millionen bezahlt mehr als 43 Millionen. Strafe 3,5 Jahre verbüsst 9 Monate im geschlossenen Vollzug, Rest offener Vollzug . Üblich bei Ersttätern und guter Sozialprognose. Bewährung 3 Jahre. Also kein Bonus und auch keinen Malus bei Ulli Höness.

    • @Klempner Karl:

      Der Stachel des Neides sitz halt hier so tief, weil Hoeneß, FC Bayern, und Bayern allgemein, alles verkörpern was hier gehasst wird aber sie trotzdem in ALLEN Belangen erfolgreicher sind. Neid muss man sich Verdienen, Mitleid gibt es Umsonst.