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Bayerns Justizministerin zum NSU„... auch ganz persönlich“

Bayerns Justizministerin bittet die NSU-Opfer um Entschuldigung. Derweil vollzieht Sachsen einen Personalwechsel im Verfassungsschutz.

Beate Merk, betroffen: Allein in Bayern wird die NSU für fünf Morde verantwortlich gemacht. Bild: dpa

MÜNCHEN/DRESDEN dpa | Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) hat die Angehörigen der NSU-Mordopfer wegen der jahrelang erfolglosen Ermittlungen um Entschuldigung gebeten. Es tue ihr leid, dass es nicht gelungen sei, die Mordserie schnell aufzuklären und weitere Taten zu verhindern, sagte Merk am Donnerstag im NSU-Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags. „Ich bedauere das sehr als Vertreterin der Exekutive - vor allen Dingen aber auch ganz persönlich.“ Eigene Fehler oder Versäumnisse ihres Ministeriums sieht Merk aber nicht.

Über Details aus den Ermittlungen ließ sie sich nicht informieren. Es habe keinen Grund für sie selbst oder ihr Ministerium gegeben, sich in die Ermittlungen der zuständigen Staatsanwaltschaften einzuschalten, sagte Merk. Allein in Bayern wird der „Nationalsozialistische Untergrund“ für fünf Morde an türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern verantwortlich gemacht. Die Ermittler kamen den Terroristen aber lange nicht auf die Spur.

Nach dem erneuten Fund bislang unbekannter NSU-Akten in Dresden wird Sachsens stellvertretender Verfassungsschutzchef Olaf Vahrenhold ins Staatsarchiv versetzt. Das teilte der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU) am Mittwoch in Dresden mit. Die Versetzung, die nicht nur mit dem erneuten Fund von Akten zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) zu tun habe, greife zum 1. Juli.

„Wir haben eine Neuordnung des Verfassungsschutzes als Auftrag, dazu gehören neue Strukturen und neue Köpfe“, sagte Ulbig. Im vergangenen Sommer war der sächsische Verfassungsschutzchef Reinhard Boos nach dem Fund bis dahin unbekannter NSU-Akten zurückgetreten.

Akten in Altbeständen

Die jetzt aufgetauchten Akten seien bei der Aufarbeitung von Altbeständen entdeckt worden, sagte Verfassungsschutz-Chef Gordian Meyer-Plath. Sie seien den NSU-Untersuchungsausschüssen in Berlin und Dresden übermittelt worden.

Eine der Akten beleuchte eine bereits bekannte Geheimoperation, zwei weitere beträfen Informationen über das mögliche Unterstützer-Umfeld der Nazi-Terrorzelle, sagte Meyer-Plath, der damit einen Bericht der Leipziger Volkszeitung bestätigte.

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12 Kommentare

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  • BW
    bitte wenigstens Bild weg

    passiert in Deutschland nichts mehr, das ich seit einer (gefühlten) Woche mindestens das Bild von dieser Person ganz oben anschauen muss.

  • OP
    Otto Pardey

    Wenn ich die Hintergründe im Fall Gustl Mollath

    betrachte und das Verhalten von Beate Merk (Noch-

    Justizministerin) von Bayern steht außerfrage,

    das Scheusal gehört aus dem Amt!

  • GM
    Gustl M.

    Das die sich traut überhaupt ihre Guschn aufzumachen.

    Im Fall Gustl Mollath wurde sie schonmal der Lüge im TV überführt, und zwar eindeutig. Reaktionen von ihr, Null, selbst die betroffenen Bank räumt genau die Dinge ein, die Gustl Mollath schon zu Protokoll gab, aber die bayrische Justizministerin lügt weiter.

    Sehr interessant. Bzw. typisch Bayern, die Amigos sterben da nie aus.

  • C
    Chris

    Da wird der gute Mann trotz gröbster Verfehlungen lediglich versetzt. Da soll noch einer sagen, dass der Rechtsstaat seine Kinder frisst. ;-)

  • H
    Herbert

    Ich glaube beim VS hilft nichts mehr durch Umstruktieren etc. Die Truppe gehört abgewickelt wie die Stasi.

  • H
    Herbert

    Diese Frau im amt ist ein Skandal für unser Land!

    Man schaue sich einfach mal das Interview zum Fall mollath an- peinlich.

    Sie sollte sich lieber bei Herrn Mollath entschuldigen, denn dafür ist SIE MITVERANTWORTLICH anstatt sich pc-wirksam für etwas entschuldigen, woran sie keine Schuld trägt.a

  • S
    sigibold

    Ach du lieber Gerstenmayer!

    Ich glaube zwar nicht das es etwas bei Ihnen bewirkt, aber ich will mal Folgendes dazu bemerken.

     

    Selbstverständlich müssen sich Kanzler und Minister nicht für irgendeinen Mord in dieser Republik entschuldigen. Jeder ist für seine Taten selbstverantwortlich. Aber: Der Bürger hat einen Teil seines Urrechtes auf Schutz und Verteidigung an den Staat delegiert. Das auch richtig so. Die Alternative wäre z.B. die Blutrache. Der Staat hat also das Gewaltmonopol um derartgige Formen der Selbstjustiz zu verhindern. Aus diesem Recht folgt aber auch die Verpflichtung des Staates dieser Aufgabe nachzukommen.

    Nun kann niemend erwarten, dass jeder Mord in der Republik aufgeklärt wird. Das wird niemals möglich sein. Was aber wir Bürger von den staatlichen Institutionen einfordern dürfen, ist das redliche Bemühen um Aufklärung und ggf. Bestrafung nach dem geltenden Recht. Genau hier haben Bundes- und Landesbehörden sozusagen auf der ganzen Linie versagt. Dieses Versagen ist so enorm, dass selbst für gutwillige Bürger der fatale Eindruck entsteht, dass da gewollt nicht sauber ermittelt wurde. Es macht sehr den Anschein, es muss nicht stimmen, dass bewusst Hinweise und Beweise unterschlagen wurden. Wenn es aber nicht bewusst geschehen ist muss man den entsprechenden Behörden unsterstellen, dass sie erschreckend unfähig sind. Das ist in einem Rechtssystem absolut unakzeptabel. Dass dann eine Ministerin sich für solche Dinge im Namen des Staates entschuldigt, gehört zum Mindesten was man erwarten kann.

    Das sie womöglich keine persöhnliche Schuld trägt ist dabei nicht der Punkt. Sie tritt hier als Verteterin des Staates auf. Und dessen Organe haben hier eindeutig versagt.

  • T
    Ted

    gerstenmayer: "wie entwürdigend ist es für all die anderen angehörigen von ermordeten menschen dass man sich bei denen nicht entschuldigt? was spielt sich eigentlich in diesem land ab??unglaublich-sind andere opfer weniger wert?"

     

    Kaufen Sie sich doch erstmal sowas wie Unterscheidungsfähigkeit, bevor Sie so tolle Beiträge veröffentlichen.

     

    Wenn das nicht klappt, fragen Sie sich einfach: Hat bei den anderen Gewaltopfern auch der Staat dermaßen über viele Jahre total und absolut versagt? Haben staatliche Stellen sogar die trauernden Angehörigen verdächtigt?

     

    Wie üblich: mhh, ähh, öhh ...

  • S
    sputnik

    "Nach dem erneuten Fund bislang unbekannter NSU-Akten in Dresden wird Sachsens stellvertretender Verfassungsschutzchef Olaf Vahrenhold ins Staatsarchiv versetzt."

     

    Passt doch. Dort kann er sich weiterhin liebevoll bisher nicht öffentlich gewordener Akten annehmen ...

  • G
    gerstenmayer

    ist schon merkwürdig-die kanzlerin hat sich schon entschuldigt,der justizminister hat sich entschuldigt-waren die etwa an den verbrechen beteiligt?wie entwürdigend ist es für all die anderen

    angehörigen von ermordeten menschen dass man sich bei denen nicht entschuldigt? was spielt sich eigentlich in diesem land ab??unglaublich-sind andere opfer weniger wert?

  • H
    Hans
  • G
    Gaffeesaggse

    Da wird ein Verfassungsschützer in Staatsarchiv versetzt, weil er die Akten im eigenen Haus nicht findet? Was soll er denn dort? Einen Lehrgang machen?!