Bayern-Verfolger Bayer Leverkusen: Tod eines Jägers
Bayer Leverkusen kommt mit der Rolle als Bayern-Verfolger nicht zurecht. Die Spieler wollen nach der Niederlage in Hannover nur noch von Platz zwei sprechen.
HANNOVER taz | Der Verlierer setzte nur leicht betretene Gesichter auf. Ein wirkliches Entsetzen darüber, dass sie mit der 2:3-Niederlage bei Hannover 96 eine weitere große Chance verspielt hatten, war nicht zu erkennen. „Das wirft uns jetzt nicht um“, meinte Stürmer Stefan Kießling. „Es hätte nicht sein müssen“, sagte sein Zuarbeiter Lars Bender und lächelte.
Die Reaktionen machen deutlich, wohin der Blick wirklich geht – jedenfalls nicht nach oben in der Tabelle, wo sich der FC Bayern München schon um elf Punkte entfernt hat. Mit der Pleite in Hannover hat sich der Tabellenzweite in die lange Schlange jener Klubs eingereiht, die vor der Dominanz der Münchener kapitulieren. „Das war doch schon nach dem fünften oder sechsten Spieltag klar, dass die in einer eigenen Liga spielen“, so Lars Bender.
Leverkusen hatte durch einen Treffer von Gonzalo Castro (3. Minute) früh geführt. Die Leverkusener zeigten in der Offensive eine Kombinationsfreude, die phasenweise immer wieder Applaus verdiente und auch zum zwischenzeitlichen 2:2 (58.) führte. Aber insgesamt war ihr Auftritt zu lethargisch, zu nett und viel zu ungeschickt, um als ernsthafter Kandidat für einen Titel durchzugehen. Manuel Friedrich und Stefan Reinartz hatten den Hannoveraner Szabolcs Huszti jeweils elfmeterreif gefoult und waren vor dessen verwandelten Strafstößen (20./69.) auf eher simple Dribblings hereingefallen.
Auch beim Kopfballtreffer von Mame Diouf (57.) hatten die bis dahin überlegenen Gäste einfach nur Spalier gestanden. „Wir hätten das besser lösen können“, meinte Bayer-Trainer Sascha Lewandowski und klang dabei furchtbar freundlich. Wer darauf gewartet hatte, dass hier einer zum Abschluss des 16. Spieltages und dem enorm angewachsenen Münchener Vorsprung mit der Faust auf den Tisch haut, wurde nicht fündig.
Keine Schlussoffensive
Eine echte Schlussoffensive hatte es gar nicht gegeben. Der Versuch, mithilfe eines torgefährlichen Angreifers wie Sidney Sam den Sieg noch zu erzwingen, endete kläglich. Nur 17 Minuten nach seiner Einwechslung in der 65. Minute musste er mit muskulären Problemen schon wieder ausgewechselt werden. Was eine unglückliche Begleiterscheinung war, passte zu dem jämmerlichen Bild, das die Leverkusener angesichts ihrer Möglichkeiten abgaben.
„Wir haben den Gegner zu den Elfmetern eingeladen. Ungeschickter kann man sich nicht anstellen“, befand Sportdirektor Rudi Völler. Aber auch er verzichtete auf ein kräftiges Donnerwetter und gab sich lieber den Rechenspielchen hin, wie es denn wohl gelingen könnte, einen direkten Platz in der Champions League zu erreichen.
Es ist erschreckend, wie wenig die Verantwortlichen von Bayer Leverkusen und die Spieler selbst mit der ihnen angedachten Rolle anfangen können. Sie waren der letzte der sogenannten Bayern-Jäger, nachdem auch Titelverteidiger Borussia Dortmund und Schalke 04 ihre Meisterschaftsambitionen frühzeitig verspielt haben. „Wir wissen, was wir können, und wollen den 2. Tabellenplatz halten. Für unsere Verhältnisse spielen wir eine außergewöhnliche Saison. Und die Bayern sind eine Ausnahmemannschaft“, sagte Völler.
Demut vor dem Primus
Die Demut, mit dem sie dem Branchenprimus aus München begegnen, rundet einen Spieltag vor der Winterpause einen kollektiven Kniefall der Liga ab. „Elf Punkte sind schon ein ziemlicher Klops. Da fehlt mir die nötige Fantasie, um mir vorstellen zu können, dass sich an der Tabellenspitze noch etwas ändert“, sagte Jörg Schmadtke, der Manager von Bayer-Bezwinger Hannover 96.
Den in der Offensive stark besetzten Niedersachsen hatte im Rahmen ihrer spielerischen Möglichkeiten eine solide Energieleistung gereicht, um Leverkusen zu entzaubern. Ihr Heimsieg, der Hannover 96 wieder Hoffnungen im Wettrennen um einen internationalen Startplatz macht, hat mal eben so dafür gesorgt, dass auch der letzte der vermeintlichen Bayern-Jäger Pfeil und Bogen brav abgegeben hat.
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