Bayer-Kritiker über Uni-Kooperation: „Der Vorstand muss Antwort geben“
Der Pharmakonzern Bayer hält einen Vertrag mit der Uni Köln unter Verschluss. Kritische Aktionäre verlangen auf der Hauptversammlung eine Offenlegung.
taz: Herr Mimkes, Sie hatten für das Bündnis „Coordination gegen Bayer-Gefahren"gegen die Uni Köln geklagt, um den Geheimvertrag mit dem Pharma-Riesen einsehen zu können – ohne Erfolg. Diesen Freitag möchten Sie es auf der Aktionärsversammlung versuchen. Warum sollten Sie dort bessere Chancen haben als im Gerichtssaal?
Philipp Mimkes: Wir machen beides. Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln haben wir Berufung eingelegt, und wir sprechen gemeinsam mit Transparency International Deutschland auf der Hauptversammlung den Vorstand auf das Thema an, weil er für die Intransparenz verantwortlich ist. Ich denke auch, dass die anderen Aktionäre sich für dieses Thema interessieren.
Sie erwarten ernsthaft, dass der Vorstand Ihnen heute den Vertrag offenlegen wird?
Die Einsichtnahme in den Vertrag mit der Uni Köln werden sie uns sicher nicht ermöglichen. Aber da wir Bayer-Aktien gekauft haben, muss der Vorstand unsere Fragen beantworten. Wir werden uns zum Beispiel auch erkundigen, welche wichtigen Forschungskooperationen Bayer im vergangenen Jahr eingegangen ist.
Bayer kooperiert nicht nur mit der Uni Köln unter unklaren Bedingungen?
Bayer hat hunderte von Kooperationen mit Forschungseinrichtungen geschlossen, in Deutschland und im Ausland. Die an der Uni Köln ist aber eine recht weitgehende, deshalb ist der Fall für uns exemplarisch. Wir können nicht gegen hunderte Verträge auf einmal klagen.
Jahrgang 1967, ist Physiker und hauptamtlicher Mitarbeiter des Bündnisses "Coordination gegen Bayer-Gefahren". Der Verein entwickelte sich Ende der 70er Jahre aus einer Wuppertaler Bürgerinitiative gegen ein Bayer-Werk heraus und hat heute 1500 Unterstützer.
Das Gericht hatte Ihnen nicht Recht gegeben...
... und dieses Urteil sehen wir sehr skeptisch. Der Richter hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, selbst in den Vertrag hineinzuschauen. Er hat über eine Sache entschieden, die er gar nicht kannte. Und er hat sich über das Votum des Informationsfreiheitsbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen hinweggesetzt, der den Vertrag einsehen konnte und unsere Forderung zur Offenlegung unterstützt hat. Wir haben gute Argumente für das Berufungsverfahren.
Wie lange würde das dauern?
Schnell geht in der ganzen Sache gar nichts. Wir hatten ein Jahr gewartet, bis wir das Votum des Informationsfreiheitsbeauftragten hatten. Von unserer Klageeinreichung bis zur Verhandlung hat es weitere 18 Monate gedauert. Ob die Berufungsverhandlung noch dieses Jahr stattfindet, wissen wir nicht.
Was möchten Sie heute noch auf der Bayer-Hauptversammlung ansprechen?
Wir werden um die 20 kritische Redebeiträge haben. Ein Thema ist zum Beispiel unserer Forderung nach einem Verbot von Pestiziden, die für Bienensterben verantwortlich sind. Es reisen Umweltverbände und Imker aus mehreren Ländern an, die in ihrer Imker-Kluft auftreten und auf das Problem aufmerksam machen. Es wird um Entschädigungen für gefährliche Anti-Baby-Pillen geben, die Bayer auf den Markt gebracht hatte. Es werden Geschädigte auf der Hauptversammlung sprechen. Außerdem möchten wir die Klima-Emissionen ansprechen und die Rolle von Bayer während der Nazi-Zeit.
Die übrigen Aktionäre sind sicher genervt von Ihnen.
Nicht unbedingt. Wir bekommen durchaus Zuspruch auf der Hauptversammlung. Manche Aktionäre sprechen uns an und übertragen uns sogar ihre Stimmrechte. Die Großaktionäre, die Banken und Investmentfonds sind natürlich stramm auf Kurs und folgen der Linie des Vorstandes. Die werden nicht mit uns stimmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!