Bauruine am Berliner Alexanderplatz: Wer andern eine Grube gräbt
Vertragsstrafe, Zwangsvollstreckung, Rückabwicklung: Am Alexanderplatz wird es ungemütlich für den Moskauer Investor Monarch.
Inzwischen ist die Baustelle eingemottet. Seit Dezember vergangenen Jahres wurde am „Alexander Berlin Capital Tower“ von Monarch nicht weitergearbeitet. Auch auf der Website der Monarch-Group ist der ABC-Tower mit seinen 35 Stockwerken nicht mehr aufgelistet.
Die Grünen befürchten deshalb, dass am Alex eine „Pleitebaustelle“ und eine „Bauruine“ entstehen könnte. „Berlin darf diesen Stillstand nicht billigen“, betont der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Julian Schwarze, der taz. „Es geht nun darum, die richtigen Schritte einzuleiten.“ Für Schwarze heißt das, Berlin solle den Kaufvertrag mit dem Investor rückabwickeln.
Bereits im April war dem damaligen Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) der Geduldsfaden gerissen. „Das Land Berlin möchte dort keine Bau- und Investitionsruine“, hatte Wesener dem RBB gesagt. „Um das zu gewährleisten, haben wir jetzt auch eine Vertragsstrafe ausgesprochen.“ 5 Millionen Euro muss Monarch zahlen, weil der Investor gegen das im Kaufvertrag mit dem Land Berlin verankerte Baugebot verstoßen habe. Falls das Geld nicht fließt, kündigte Wesener eine Zwangsvollstreckung gegenüber dem Investor an.
Beteiligte halten sich bedeckt
Zum Stand des Verfahrens halten sich die Beteiligten bedeckt. Ein Sprecher des neuen Finanzsenators Stefan Evers (CDU) verweist auf die Berliner Immobilien Management GmbH BIM. Die wiederum lässt mitteilen, „dass wir zum jetzigen Zeitpunkt dazu keine Aussage machen“. Nach Informationen der taz ist das Vollstreckungsverfahren allerdings eingeleitet worden.
Julian Schwarze, Grüne
Zu den Gründen für den Baustopp äußerte sich gegenüber dem RBB der Anwalt des Investors, Detlev Stoeker. „Wir sind der Auffassung, dass die Verzögerungen im Bauablauf, die die Vertragsstrafe triggern, nicht von uns verschuldet sind, sondern auf der geopolitischen Lage beruhen.“ Weil wegen der EU-Sanktionen der Investor sein Geld nicht nach Deutschland transferieren könne, suche man nun einen Co-Investor, so Stoeker.
Signa baut Ausgerechnet bei Signa läuft es nach Plan. Der Firma des österreichischen Milliardärs René Benko gehört nicht nur Galeria Kaufhof am Alexanderplatz. Zur Karl-Liebknecht-Straße hin entsteht auch ein 134 Meter hohes Hochhaus, das 2025 fertig sein soll. Für den Bau nach den Entwürfen des Büros Kleihues + Kleihues war ein Teilabriss des bestehenden Kaufhof-Gebäudes notwendig.
Hohes von Covivio und Hines 10 Millionen Euro kostet den französischen Investor Covivio die Reparatur des U2-Tunnels. Wenn sie bis Ende August abgeschlossen ist, wird sich der Bau des 130 Meter hohen Turms um ein Jahr verzögert haben. Er soll dann 2026 fertig sein. Noch ist unklar, wann der Bau des Turms von Hines am Saturn-Gebäude startet. Es ist noch nicht einmal klar, ob er 150 Meter oder nur noch 130 Meter hoch sein wird. Derzeit werden die Pläne überarbeitet, weil der Investor aus Texas doch weniger Wohnungen und mehr Büros bauen will. Immerhin haben BVG und Hines einen Vertrag geschlossen, der die Schadensersatzverpflichtung regelt, falls es beim Bau zu Schäden an der U-Bahn kommt. (wera)
So lange will Julian Schwarze nicht warten. „Das Land Berlin sollte nicht vor einem Rückkauf des Grundstückes zurückschrecken“, sagt der Grünen-Politiker der taz. Dafür müsse man sich eigene Partner suchen, etwa landeseigene Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften. Die sollten dann aber nicht die bisherigen Hochhauspläne – nun mit dem Land Berlin als Bauherr – weiterverfolgen, sondern eigene Lösungen finden. „Ein Wohnhochhaus wäre für die landeseigenen Unternehmen viel zu teuer“, so Schwarze.
Bis ein neues Vorhaben Gestalt annimmt, könne die eingemottete Baustelle zwischengenutzt werden, schlägt Schwarze außerdem vor. Welche Nutzungen das im Einzelnen sein sollen, will er nicht sagen. „Aber in Berlin gibt es viele Leute mit guten Ideen.“
Auch Berlins Finanzsenator Evers ist einem Rückkauf gegenüber offenbar nicht abgeneigt. Man prüfe nach wie vor, den Grundstücksverkauf rückabzuwickeln, so ein Sprecher.
Ganz anders sieht das die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. „Die Priorität liegt auf der Fertigstellung des Hochhausbauvorhabens“, teilt der Sprecher von SPD-Bausenator Christian Gaebler, Martin Pallgen, mit. „Insoweit unterstützen wir prinzipiell alle Maßnahmen, die diesem Ziel dienlich sind.“
Bereits vor einem Jahr hatte sich die Senatsbaudirektorin ähnlich geäußert. „Verzögerungen in einem verträglichen Rahmen“ könne man akzeptieren, sagte Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt bei ihrer Baustellenbesichtigung am Alexanderplatz. Sie sprach in diesem Zusammenhang von Verzögerungen von einem bis anderthalb Jahren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen