Bauernproteste in Indien: Betonbarrikaden gegen Traktoren
Landwirt:innen ziehen aus Protest in Richtung Hauptstadt Delhi, die Gespräche mit der Regierung waren gescheitert. Die Polizei setzt Tränengas ein.
Die Regierung hat schwere Straßenbarrikaden aus Beton und Stacheldraht errichtet. Polizei und Paramilitärs sind im Großeinsatz, um die Hauptstadtgrenzen zu sichern. Dabei scheuen sie vor Gewalt nicht zurück, Schlagstöcke und Wasserwerfer kommen zum Einsatz. Das Chaos wirkt sich bis nach Delhi aus, wo es zu massiven Verkehrsstaus kommt. Pendler steckten fest. Zu heftigen Zusammenstößen kommt es zudem 200 Kilometer von Delhi entfernt an der Grenze Shambhu, die die Bundesstaaten Punjab und Haryana miteinander verbindet. Beide zählen wegen ihrer ausgedehnten Landwirtschaft zu den sogenannten „Brotkorbstaaten“ Indiens.
Die Hauptforderungen der Bauern sind ein gesetzlich verankerter Mindestpreis für rund 20 landwirtschaftliche Erzeugnisse – zum Beispiel für Linsen und Zuckerrohr. Derzeit gilt der Mindestpreis vor allem für Reis und Weizen, der aber nur 7 Prozent der Landwirte Indiens zugutekommt. Ein neuer Mindestpreis soll Planungssicherheit bieten, außerdem sollen Polizeiverfahren gegen die Teilnehmenden der großen Bauernproteste von 2020 und 2021 eingestellt werden.
Damals gelang es nach Monaten, umstrittene Agrargesetze zu verhindern. Allerdings blieben die Probleme in der indischen Landwirtschaft. Sie umfasst fast ein Fünftel der Wirtschaftsleistung, rund zwei Drittel der indischen Bevölkerung lebt davon. Die Landwirt:innen kämpfen gegen klimabedingte Ernteausfälle, Inflation, Preisschwankungen und schlecht ausgebaute Lager.
Modi schon im Wahlkampfmodus
Landwirtschaftsminister Arjun Munda (BJP) versicherte, die Regierung sei zu weiteren Gesprächen bereit. „Wir haben versucht, eine Lösung zu finden“, sagte Gewerkschaftsführer Sarwan Singh Pandher. Da die Regierung aber noch immer kein Angebot im Interesse der Landwirte gemacht habe, werde der Protest weitergehen. Pandher verurteilte am Mittwoch das harte Vorgehen gegen die Bäuerinnen und Bauern.
In den vergangenen Wochen tauchten in den sozialen Medien Videos auf, in denen verzweifelte Bauern ihre Ernte vernichten, da sie auf dem Markt zu wenig Geld erhalten. Nachfrage und Preise schwanken in Indien immer wieder und führen regelmäßig zu kleinen Protesten. Die aktuellen Aufmärsche haben nun das Potenzial, eine Sprengkraft zu entfalten, die Premierminister Narendra Modi (BJP) in Bedrängnis bringen könnte.
Der 73-jährige Hardliner strebt im Sommer eine dritte Amtszeit an. Seine hindunationalistische Volkspartei ist bereits im Wahlkampfmodus, derzeit verkündet Modi zahlreiche Infrastrukturprojekte und eröffnet Stätten. Neben einem Großtempel in Nordindien war Modi am Mittwoch in den Vereinigten Arabischen Emiraten, um dort den ersten Hindu-Tempel Abu Dhabis einzuweihen. Von dieser Geste werden sich zumindest die aufgebrachten Landwirt:innen nicht besänftigen lassen. Sie sind schon dabei, aus Protest ihre Zelte am Rande der Hauptstadt aufzuschlagen – genau wie 2020.
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