Demonstrationen gegen Presse: Das nächste Ziel der Bauern

Samstag blockierten Demonstrierende die Auslieferung von Zeitungen in Hamburg. Am Montag versammeln sich Bauern in Hannover vorm NDR.

Ein Traktor in der Dämmerung und ein Bauwagen mit der Aufschrift"Stopt die Ampel"

Protestierender Bauer vor dem Landesfunkhaus des NDR in Hannover am 5. Februar 2024 Foto: Julian Stratenschulte/dpa

HANNOVER taz | Am Montag haben sich ab ein Uhr nachts Landwirte am Ufer des Maschsees in hannover versammelt. Mit Feuerschalen und etwa dreißig Traktoren standen sie vor dem Landesfunkhaus des NDR. Eine Puppe mit einem „Bauer“-Schild baumelte an einem Galgen. „Wir brauchen den Mittelstand zurück“, hieß es darunter. Auf einem Banner stand: „Ist der lokale Bauer erst ruiniert, wird alles klimaschädlich importiert.“ Darüber war das Logo der verschwörungsideologischen Partei Die Basis überpinselt. All das zeigen Videos eines verschwörungsideologischen Kanals auf Telegram. Hier kursierte auch seit Montagmorgen – wie in anderen einschlägigen Kanälen – ein Aufruf zum Protest.

Seit Wochen thematisieren deutschlandweit zahlreiche Medien die Proteste der Landwirte. Gefordert werden dennoch unter anderem mehr Medienberichte, eine Rücknahme des Bundeshaushaltes 2024, eine Abschaffung der CO2-Steuer, die Subventionierung von Agrardiesel.

Anmelder der Aktion in Hannover war laut der Nachrichtenagentur dpa Joachim Oelze, Landwirt aus Schwienau, etwa 130 Kilometer nördlich von Hannover. In der Vergangenheit kandidierte er für die lokale CDU. Es ist die neueste Entwicklung im Kontext der Landwirt-Proteste: Mit abnehmendem öffentlichen Interesse, Einordnungen und auch Gegenreden werden nun Medienhäuser zum Ziel der Demonstrationen.

Dabei sind viele Medien gar nicht so kritisch gegenüber den Protesten, wie manche Landwirte zu glauben scheinen. Am 28. Januar etwa berichtete die Nachrichtensendung „hallo niedersachsen“ über einen der Proteste, bei dem auf einem Feld mehrere tausend Demonstrierende ein riesiges „Herz für Deutschland“ formten. Bebildert wurde das Ganze vom NDR unter anderem mit den Videos der Organisator*innen. Kritische Nachfragen: Fehlanzeige.

Etwas kritischer die Berichterstattung am vergangenen Freitag, als bei einer Autobahnblockade mit Mist zwar vor allem verständige Au­to­fah­re­r*in­nen zu Wort kommen. Die Polizei warnte allerdings vor der Gefahr durch die Aktion und ein Bauernvertreter verurteilte die Aktionsform. Man stelle sich den Aufschrei vor, hätte die Letzte Generation einen Anhänger Mist auf eine Autobahn gekippt.

Nicht nur der Norden

Bereits am vergangenen Freitag waren etwa 250 Menschen in Unterföhring bei München vor den Bayerischen Rundfunk gezogen, um dort gegen eine vermeintliche Vorverurteilung zu protestieren. Im Beitrag des Senders ist zu sehen, dass einer der Traktoren das Symbol der Landvolk Bewegung, die als Wegbereiter des Nationalsozialismus gilt, auf einem Schild trug.

Auch in Hamburg sind verschiedene Medien zum Ziel der Proteste geworden. Etwa 60 Personen blockierten in der Nacht zu Samstag drei Stunden lang das Presseverteilerzentrum der Firma „4Press“. Von dort werden u. a. Hamburger Abendblatt, Hamburger Morgenpost und Spiegel ausgeliefert. Laut Betreiber war die Blockade rein symbolisch. Alle Printerzeugnisse erreichten ihre Zielorte. Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) kritisierte die Aktion als einen „Angriff auf die freie Presse“. Die Polizei löste die Versammlung auf.

In Hannover endete der Protest am Montag um 11 Uhr, nachdem eine Delegation, laut eigenen Angaben vom Chef des Landesfunkhauses, empfangen wurde.

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