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Basketball-Bundesligist Hamburg Towers„Sport löst Probleme“

Hamburg Towers-Chef Marvin Willoughby setzt bei der Entwicklung des Vereins auf einen längeren Prozess. Dazu gehört auch ein Projekt für Geflüchtete.

An dem Tag lief's richtig gut: Marvin Willoughby nach dem Sieg gegen die Bayern am 20. April 2025 in der Hamburger Barclays Arena Foto: dpa | Michael Schwartz

Sie sind Marvin Willoughbys Baby, die Hamburg Towers. Das Team, das am Sonntag mit einer 85:93- Heimschlappe gegen den Mitteldeutschen BC aus Sachsen-Anhalt in die Basketball-Saison gestartet ist, hat er zusammengestellt: Seit der Saison 2014/15 verantwortet der frühere Basketball-Nationalspieler die Geschicke des Wilhelmsburger Vorzeigeklubs.

Daneben hat der 47-Jährige gemeinsam mit dem Geschäftsführer-Kollegen Jan Fischer ein Sozialprojekt aufgebaut, das in Hamburg seinesgleichen sucht: Mit „Sport ohne Grenzen“ holen die beiden, vereinfacht gesagt, Menschen mit Fluchterfahrung von der Straße zum Sport, besser: von der Straße auf die Straße. Denn gleich hinter der Towers-Heimspielhalle in Wilhelmsburg gibt es die entsprechenden Bewegungsräume im Freien an den Bahngleisen Richtung Süden.

Es geht den Towers bei allem Wachstum auch immer darum, die eigenen Wurzeln weiter als Kraftanker zu spüren und zu nutzen. Dieser Gleichklang ist in einem Millionen-Business wie der Basketball-Bundesliga (BBL) nicht einfach zu ­bewerkstelligen. Das zeigt sich an den Abschlussplatzierungen seit der Saison 2021/22: Siebter, Fünfzehnter, Zehnter, Dreizehnter.

„Wenn wir uns mehr Gedanken über den Prozess machen, wenn wir den Weg sehr gut bestreiten, dann werden auch die Ergebnisse kommen, die wir uns wünschen“, sagt Willoughby jetzt. Mittelfristig wolle man zu der oberen Hälfte der Bundesliga gehören – „auch wenn wir das wirtschaftlich nicht sind“. Das sportliche Ziel sind also die Play-ins und Play-offs. „Das heißt europäisch spielen“, so Willoughby.

Wir müssen bis 2032 in einer Großarena spielen

Mark Willoughby, Towers-Chef, plant schon fest mit dem Elbdome

Hinterlegt wird die neue Kühnheit mit einem Etat knapp unter sieben Millionen Euro und einem Kader, der nicht wie bis vor zwei Jahren von stetem Wechsel gekennzeichnet ist: „Da haben wir Schritte gemacht. Wir sind an einem anderen Punkt als vor zwei Jahren.“ Man habe mit der deutschen Kernbelegschaft Zwei-Jahres-Verträge geschlossen, und auch mit Kenneth Ogbe nochmal zwei Jahre verlängert, erläutert Willoughby. Auch die „Importspieler“ habe man zwei Jahre an sich gebunden, allerdings mit Opt-Out-Option: Wenn sie sich in Hamburg sehr gut entwickeln, dürfen sie den Verein gegen Ablöse verlassen. „Diese Möglichkeit muss man ihnen geben“, so der Club-Chef.

Eigentlich wolle man aber „auch bei Leistungsträgern in der Lage sein, mal drei Leuten einen hochdotierten langfristigen Vertrag zu geben“. Dafür strebe man an, wirtschaftlich zu den deutschen Top sechs zu gehören. „Nur, weil ich sage, es ist ein Prozess, heißt es nicht, dass ich mir nicht wünsche, Bayern München jedes Mal zu schlagen“, sagt Willoughby.

Von einem Boom nach dem EM-Titel der Nationalmannschaft spürt er bislang wenig: Die Nationalmannschaft sei sehr wichtig in der Breite, um die Sportart überhaupt mal auszuprobieren. „Aber ich kriege nicht die Tür eingelaufen von Sponsoren“, so Willoughby. Man habe in der Halle eine Auslastung von 93 Prozent. „Da geht nicht mehr viel.“ Im Kinder- und Jugendbereich habe man 500 Mitglieder und „390 Kinder und Jugendliche stehen auf der Warteliste“. Insofern wäre mehr Raum gut, sagt er, „denn Sport löst Probleme“.

Ein Idol zum Anfassen

Dass mit Justus Hollatz ein Profi im Kader der DBB-Auswahl stand, der bei den Towers groß wurde, ist ein Pfund für die Organisation. Plötzlich gebe es da ein Vorbild, dem der Nachwuchs nacheifern könne. Hollatz ist dabei ein Idol zum Anfassen: Obwohl er zuletzt in der türkischen Liga gespielt hat und mittlerweile vom FC Bayern gekauft wurde, hilft er in den Sommercamps in Hamburg mit, Talente anzuleiten.

Wachstumsbremse Nummer eins ist die zu kleine Halle in Wilhelmsburg mit ihren 3.400 Plätzen. „Wir müssen bis 2032 in einer Großarena spielen“, erklärt Willoughby. Das gibt die Basketball-Bundesliga (BBL) den teilnehmenden Teams vor.

Hoffnung auf Olympia

Aber eine Arena mit Kapazität für 8.000 bis 10.000 Personen in Hamburg fehle, erklärt Willoughby. Er hofft auf mehr Motivation infolge einer möglichen Olympiabewerbung: Wenn es 2036 oder 2040 Olympische Spiele ohne Neubau in Hamburg geben soll, müsse man ja jetzt anfangen: „Der Elbdome wäre die Lösung für das Thema“, sagt er. „Wir müssen nur aufpassen, dass die Versprechen und Zusagen umgesetzt werden.“

Der Elbdome ist ein Bau-Projekt das in Hamburg seit den Nuller-Jahren im Schwange ist. Ursprünglich sollte 2017 Baubeginn sein. Jedoch wurde erst im Jahr 2022 das Quartier „Neuer Huckepackbahnhof“ im Billebogen als Standort festgelegt.

Im Juni ist ein Interessenbekundungsverfahren gestartet worden. Demnach soll der Baubeginn „voraussichtlich Ende der 2020er-Jahre möglich“ sein, „sodass Anfang der 2030er-Jahre der Betrieb aufgenommen werden kann“. Willoughby ist es wichtig, beim Verfahren mit am Tisch zu sitzen, „um dann auch Termine zu kriegen“.

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