Hamburger Basketball-Bundesligist Towers: Kleine Sprünge nach vorn

Mit 81:79 besiegen die Hamburg Towers Bayern München. Die schweren Jahre sind für die Hamburger aber noch nicht vorbei.

Basketballspieler springen vorm Korb nach dem Ball

Towers Kendale McCullum (r) mit Nick Weiler-Babb, Freddie Gillespie und Vladimir Lucic (v.l.n.r.) Foto: Foto: Markus Tischler/dpa

HAMBURG taz | Rhythmisch klatschen die To­wers-Fans ihre Mannschaft nach vorn. Der Ball fliegt übers Feld. Lukas Meisner, Hamburgs Spieler mit der Nummer 7, fängt den Pass von Žiga Samar hinter der Dreipunktelinie. Dort täuscht er knapp einen Wurf an, was seinen Gegenspieler in die Luft springen lässt. Schnell dribbelt er zweimal an diesem vorbei und hin zum Korb. Den bewacht Münchens Center Freddie Gillespie.

Meisner hält den Ball mit seiner linken Hand fest, macht noch zwei Schritte und schmettert den Ball mit gestrecktem Arm über Gillespie ins Netz. Gillespie stolpert beim Landen einige Meter zur Seite. Die ausverkaufte Halle in Hamburg tobt. Wenngleich der Dunk punktemäßig nicht mehr als andere Würfe einbringt, fängt er die Energie der Halle und des Spiels ein. In der Verlängerung, drei Minuten vor dem Ende, der Ausgleich zum 71:71.

Drei Minuten später haben die Veolia Towers Hamburg knapp mit 81:78 gegen den FC Bayern München gewonnen. Mit Einsatz, Aggressivität und leidenschaftlicher Verteidigung trotzen die Hamburger um Kendale McCullum, der mit 31 Punkten Top-Scorer war, und Samar den Münchnern jeden einzelnen Punkt und den Sieg ab.

Nicht nur beim Fußball ist es besonders, gegen Bayern München zu siegen. Neben Alba Berlin sind die Münchner seit Jahren die beste Mannschaft der Liga, haben ungefähr fünf Mal so viel Budget wie die Hamburger und klare, professionelle Strukturen. Die aufzubauen brauche Zeit, sagt Marvin Willoughby, sportlicher Leiter und Geschäftsführer der Towers, wohingegen: „Eine Mannschaft zu schlagen geht schnell, in 40 Minuten.“

Fünf Minuten länger hat es wegen der Verlängerung gegen München gebraucht, aber der Punkt steht. „Es liegen Welten zwischen uns und den Teams ganz oben“, sagt Willoughby.

Alles neu bei den Towers

Auch im Vergleich mit Ulm oder Oldenburg habe man noch deutlich aufzuholen. Ihm sei „bewusst, warum unser Trainer nach Oldenburg wollte“. Pedro Calles, der Hamburger Trainer der letzten beiden Saisons, war zur neuen Saison zum finanziell und strukturell besser aufgestellten BBL-Rivalen gewechselt.

Neben einem neuen Trainer mussten die Towers auch nach neuen Sponsoren und einem fast komplett neuen Kader suchen. Die Towers spielen erst in der vierten Saison in der höchsten deutschen Basketballliga. Und dafür sind sie bereits sehr erfolgreich. Schon im zweiten Jahr spielen sie im Euro-Cup, dem zweithöchsten europäischen Wettbewerb.

Der relative sportliche Erfolg ist ein zweischneidiges Schwert: „Der Erfolg hilft bei der Rekrutierung. In diesem Jahr sind Spieler gekommen, weil wir am Euro-Cup teilnehmen. Andererseits führt der Erfolg zu einer Neuerfindung“, sagt ­Willoughby. Spieler sehen die Towers als gutes Sprungbrett für bessere Vereine. Das hilft kurzfristig beiden Seiten, sorgt auf der anderen Seite aber dafür, dass jedes Jahr ein fast komplett neuer Kader zusammenkommt. Von zehn Spielern in der Rotation dieser Saison sind acht neu in der Mannschaft.

Bei den Neuzugängen hatten Willoughby und der neue Trainer Raoul Korner aber ein glückliches Händchen. Drei von vier BBL-Spielen haben sie gewonnen und die bisherigen Niederlagen in der BBL und anderen Wettbewerben waren durchweg knapp. Korner will seine Spieler schnell spielen und aggressiv verteidigen sehen.

Bei der Kaderplanung gab es ein enges Budget und Einjahresverträge, denn „die letzten zwei Jahre waren sehr schwierig“, sagt Willoughby und bezieht sich damit auf die finanziellen Einbußen, die durch die Coronapandemie entstanden sind. Kaum Einnahmen durch Fans in der Arena und damit auch weniger Aufmerksamkeit für das Team.

Das führt dazu, dass die Towers keine mehrjährigen Verträge mit Spielern abschließen. „Wir müssen erst mal schauen, wie wir durch dieses Jahr kommen.“ Willoughby hofft, dass die Towers sportlich wie organisatorisch einen Standard erreichen können, der sie befähigt, konstant „im oberen Drittel der BBL“ mitzuspielen. Die schweren Jahre seien jedoch noch nicht vorbei. Auch deshalb seien die neuen Sponsoren wichtig – wie der Namenssponsor Veolia und der neue Hauptsponsor 28Black, eine Energy-Drink-Marke.

Spieler sehen die Towers als gutes Sprungbrett für bessere Vereine. Jedes Jahr kommt deshalb ein fast komplett neuer Kader zusammen

Einen weiteren, kleinen Schritt Richtung solide Organisation gehen die Towers im November, wenn sie von ihrem provisorischen, mit Bauzäunen abgetrennten Trainingsareal in einem Sportcenter in Wandsbek in eine umgebaute Tennishalle des TuS Harburg ziehen, um dort einen deutlich strukturierten Trainingsbetrieb zu ermöglichen.

In den nächsten Jahren soll im Wilhelmsburger Rathausviertel dann das Quartierssporthaus entstehen, das ausreichend Platz für den ganzen Verein bietet. Noch weiter in der Zukunft befinden sich die Pläne für eine neue Arena.

Lange hat der Verein dafür nach einem Bauplatz in Wilhelmsburg gesucht. Das ist inzwischen verworfen, da sich kein geeigneter Ort gefunden hat. „Aber zumindest bleiben wir im Süden“, sagt Wi­lloughby. Vermutlich kommt die Arena in den Stadtteil Rothenburgsort, nahe der Elbbrücken. Wil­loughby wartet auf die Bekanntgabe des Grundstücks im Dezember oder Januar. Der gewünschte „Elbdome“ bräuchte dann allerdings mutmaßlich noch den Rest des Jahrzehnts bis zur Fertigstellung.

Bis dahin dienen Siege wie die gegen Bayern als Mutmacher für die Zukunft.

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