Baggergut aus dem Hamburger Hafen: Hafenschlick sucht Heimat
Hamburgs Hafenbehörde fände es unbedenklich, Baggergut am Rande des Weltnaturerbes Wattenmeer zu versenken. Umweltverbände drohen mit Klage.
Aus Sicht der im Bündnis „Lebendige Tideelbe“ zusammengeschlossenen Verbände sind die Pläne für den Nationalpark eine Katastrophe. „Zehntausende naturbegeisterte Menschen kommen jedes Jahr in das Paradies auf Neuwerk, und die benachbarte Vogelinsel Scharhörn ist Ziel von Ornithologen und Wissenschaftlern“, heißt es in einer Erklärung. Grund dafür seien die außergewöhnliche Landschaft, die Ruhe und nicht zuletzt die Lage der Inseln in der Kernzone des Nationalparks Wattenmeer. Der rot-grüne Senat riskiere mit den Plänen, das Naturparadies zu beschädigen.
Der Hamburger Senat schmückt sich zwar gern mit dem Welterbe, steht aber einer wachsenden, selbstgemachten Herausforderung gegenüber: Er muss immer mehr Sand und Schlick aus der Elbe baggern lassen, um die Zufahrt zum Hafen zu gewährleisten. Grund dafür ist, dass mit den wiederholten Vertiefungen der Elbfahrrinne der Flutstrom immer stärker geworden ist. In Kombination mit immer weniger Wasser, das vom Oberlauf der Elbe herabströmt, führt dies dazu, dass mehr Sediment in die Elbe und den Hafen hineingespült als hinausgeschwemmt wird.
Auf absurde Weise verstärkt wird das dadurch, dass das aus dem Hafen gebaggerte Material ein paar Kilometer stromabwärts in den Fluss gekippt wird und von da aus wieder zurück schwappt. Um den Kreislauf dieser Tidenpumpe zu unterbrechen, versucht die HPA Baggergut anderswo unterzubringen.
Hoch belastetes Feinsediment wird in einer speziellen Anlage aufbereitet. Anderes Material darf Hamburg nach einer Vereinbarung mit dem Nachbarland Schleswig-Holstein bei der Tonne E3 in der Nähe von Helgoland unterbringen. Allerdings scheint die vereinbarte Menge von 1,5 Millionen Tonnen nicht mehr auszureichen. Im vergangenen Jahr hat Hamburg das Kontingent voll ausgeschöpft.
Gegenwind von vielen Seiten
Um nicht wieder in Verlegenheit zu kommen, hat der Senat eine zusätzliche Ablagerungsstelle gesucht. Die Stelle bei Scharhörn, Flusskilometer 749, bietet den Vorteil, dass sie auf hamburgischem Gebiet liegt und der Senat nicht bei den Nachbarn um Erlaubnis fragen muss.
So oder so kommt Gegenwind. „Der Bund unterstützt das nicht“, sagte der damalige Parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU), vergangenen Sommer. Er halte eine Verbringung in unmittelbare Nähe des Wattenmeeres für nicht zuträglich
„Das Wattenmeer ist eines der wertvollsten Naturgebiete, die wir auf der Welt haben und da gilt es, jeglichen Schutz für dieses wertvolle Naturreservat zu haben“, sagte Ferlemann. Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) teilte mit: „Mit uns ist eine Deponie vor Scharhörn für den Hamburger Hafenschlick nicht machbar.“ Die norddeutschen Häfen sollten stattdessen zusammenarbeiten, sodass Hamburg nicht unbedingt ein Fahrwasser für die größten Containerschiffe vorhalten müsste. Eine Hafenkooperation ist auch eine alte Forderung der Umweltverbände. Sie wird auch in Hamburg nicht mehr ausgeschlossen.
Für Ole Eggers, den Landesgeschäftsführer des BUND in Schleswig-Holstein, zeigen die Pläne für eine neue Verklappungsstelle, dass das System Elbe durch die vielen Vertiefungen aus dem Gleichgewicht geraten ist. „Jetzt tritt ein, was wir seit zehn Jahren sagen“, resümiert Eggers. Die Umweltverbände haben jetzt vier Wochen Zeit, sich das 600-Seiten-Gutachten der HPA anzusehen und zu bewerten.
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