Baden-Württemberg in der Coronakrise: Schulstreit im Ländle
Ministerpräsident Kretschmann entscheidet, dass Kitas und Schulen geschlossen bleiben. Seine Bildungsministerin Eisenmann ist not amused.
Kretschmann begründete die Entscheidung mit dem Infektionsgeschehen: „Wir befinden uns noch nicht in einem Abwärtstrend“, sagte er mit Blick auf den Höchstwert an Coronatoten und einem Reproduktionswert über 1.
Empfohlener externer Inhalt
Zudem verwies Kretschmann auch darauf, dass die Virusmutationen aus Südafrika und Großbritannien bereits in Baden-Württemberg aufgetreten seien. Kretschmann stellte Eltern weiter eine Notbetreuung für Kinder in Aussicht, appellierte aber „eindringlich“, diese nur „in Notfällen“ wahrzunehmen.
Bildungsministerin Eisenmann betonte sichtlich verstimmt, der Ministerpräsident habe die Entscheidung getroffen. „Ich hätte mir eine differenzierte Vorgehensweise gewünscht“, sagte Eisenmann. Tatsächlich hatte die CDU-Spitzenkandidatin für die Landtagswahlen im März schon früh geöffnete Kitas und Grundschulen nach den Weihnachtsferien versprochen, und zwar „unabhängig vom Infektionsgeschehen“.
Ziel jetzt: Öffnungen im Februar
Vergangene Woche sprach Eisenmann dann schon vorsichtiger von „dem Ziel“, ab dem 18. Januar Kitas und Grundschulen zu öffnen. Am Donnerstag nun blieb ihr nichts anderes, als ihren Standpunkt zu wiederholen: Kinder benötigten ein soziales Gefüge und Betreuung: „Kinder brauchen andere Kinder.“
Die oppositionelle SPD begrüßte die Entscheidung: „Es hat sich offensichtlich die Vernunft in der Landesregierung durchgesetzt!“, sagte der Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Andreas Stoch. Die von Eisenmann geplanten Schulöffnungen bezeichnete er als „unverantwortliche Forderungen“. Auch die GEW Baden-Württemberg hatte die Pläne scharf kritisiert.
Die Bildungsgewerkschaft fordert schon länger, Präsenzunterricht nur nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts zuzulassen, also bei reduzierter Klassenstärke und mit Maske im Unterricht.
Wo sich Kretschmann und Eisenmann jedoch einig sind: Kitas und Schulen sollen möglichst im Februar wieder öffnen. Eisenmann kündigte an, freiwillige Tests für das Personal an Schulen und Kitas auszuweiten. Ministerpräsident Kretschmann versprach, eine „Öffnungsperspektive“ erarbeiten zu wollen, sollte der Lockdown über den Januar hinaus verlängert werden. Er werde darauf drängen, dass das Thema bei der nächsten Telefonschalte zwischen Kanzlerin Merkel und den Ministerpräsident:innen besprochen werde.
Die hatten sich am 5. Januar darauf verständigt, Kitas und Schulen nur für Notbetreuung zu öffnen. Einige Länder kündigten jedoch für Abschlussklassen, Kitas und Grundschulen Lockerungen an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen