Wagenknecht will an den Tisch

Die BSW-Gründerin will bei etwaigen Koalitionsgesprächen in Erfurt und Dresden dabei sein. CDU blockt

Aus Dresden Stefan Reinecke

In Thüringen und Sachsen ist es gut möglich, dass die Christdemokraten nach der Wahl am 1. September nur mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eine Regierung ohne die AfD bilden können. Allerdings kracht es im Vorfeld. Beide Seiten formulieren vorab Bedingungen für Gespräche – im Fokus steht die Rolle der Parteigründerin.

Der thüringische CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt hatte erklärt, dass es mit dem BSW „keine Gesprächsgrundlage gibt, solange Sahra Wagenknecht aus dem Saarland heraus die Ansagen für Thüringen macht“.

Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer hatte Wagenknechts Einfluss auf mögliche Sondierungen scharf kritisiert. Der Versuch, von außen zu bestimmen, was in Sachsen passiere, erinnere an „die Zeiten des Politbüros“. Wagenknecht habe ein „seltenes Talent, Dinge zu zerstören“. Das klingt nicht nach einer Basis für vertrauensvolle Sondierungsgespräche. Die beiden CDU-Politiker hegen wohl den Verdacht, dass die BSW-Gründerin zu Thüringen und Sachsen nur ein instrumentelles Verhältnis hat.

Wagenknecht kontert nun. Der taz sagte sie am Rande ihres letzten Wahlkampfauftritts in Dresden am Mittwoch: „Wer mit uns koalieren will, sollte keine Angst haben, auch mit mir zu reden. Aber die eigentlichen Koalitionsverhandlungen werden natürlich unsere Kandidaten vor Ort führen.“ Sie habe „nicht den Ehrgeiz, sich wochenlang an spezialisierten Arbeitsgruppen“ zu beteiligen.

Allerdings besteht Wagenknecht darauf, am Anfang in Erfurt und Dresden dabei zu sein. „Wer mit uns koalieren will, muss mit den Spitzenkandidaten und mir gemeinsam über die großen Linien reden“, so Wagenknecht.

Das ist nicht trivial. Direkte Verhandlungen mit der Parteigründerin schließt die CDU in Erfurt und Dresden aus. Dass Bundespolitiker in Koalitionsverhandlungen in Ländern eingreifen, ist eher unüblich. Auch Katja Wolf, BSW-Spitzenkandidatin in Thüringen, sprach in der Vorwoche vage von enger Abstimmung mit der Parteichefin – aber nicht davon, dass diese über die „großen Linien“ mitverhandeln wird.

Wagenknecht hatte in der Zeit eine rote Linie für Regierungsbeteiligungen fixiert. In den Koalitionsverträgen müsste sich „die Landesregierung gegen endlose Waffenlieferungen an die Ukraine, für mehr diplomatische Bemühungen der Bundesregierung und gegen die US-Raketenpläne“ positionieren. Im Osten werden keine US-Raketen stationiert, über Diplomatie wird im Bund entschieden. Die praktischen Auswirkungen sind daher unklar.

In ihrer Rede am Mittwoch in Dresden vor ungefähr 1.000 ZuschauerInnen zog Wagenknecht Parallelen zwischen 2024 und „der Endzeit der DDR“. Wie 1989 hätten viele den Eindruck, dass es „die da oben nicht mehr packen“. Wagenknecht forderte zudem, im Ukrainekrieg auf Verhandlungen zu setzen. Kyjiw keine Waffen mehr zu liefern, so Wagenknecht, „wäre Solidarität mit der Ukraine“.

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