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BGH bestätigt Urteil zu MesserattackeFreiheitsstrafe für Alaa S.

Der Bundesgerichtshof sieht keine Rechtsfehler bei der Verurteilung des Syrers wegen tödlicher Messerattacke 2018. Der Fall führte damals zu Randale.

Alles wieder in Ordnung in Chemnitz? Foto: dpa

Freiburg taz | Der Bundesgerichtshof bestätigte die Verurteilung des 25-jährigen Syrers Alaa S. zu neuneinhalb Jahren Freiheitsstrafe wegen Totschlags. Er soll vor zwei Jahren beim Chemnitzer Stadtfest mit einem Mittäter den Tischler Daniel H. erstochen haben. Das Urteil ist damit rechtskräftig. Die Tat im August 2018 hatte in Chemnitz für tagelange Krawalle gesorgt. Empörte Bürger und organisierte Rechtsextremisten demonstrierten gemeinsam, Ausländer wurden angepöbelt und angegriffen.

Im Prozess vor dem Landgericht Chemnitz bezeichnete sich Alaa S. als unschuldig. Täter sei der untergetauchte Farhad R. Die Verteidiger mutmaßten, der Prozess gegen S. diene nur dazu, die Stimmung in der Stadt zu beruhigen. Doch das Landgericht hielt die Schuld des damals 25-jährigen Alaa S. für eindeutig erwiesen. Dieser habe im Streit mit Daniel H. von vorn zugestochen, Farhad R. von hinten. Das Gericht stützte sich vor allem auf die Aussage eines Döner-Verkäufers, der kurz nach der Tat von Stichbewegungen bei Alaa S. berichtet hatte.

Der BGH betonte, dass die Beweiswürdigung Sache des Landgerichts sei. Der BGH habe keine Rechtsfehler festgestellt. So sei es nachvollziehbar, dass das Landgericht spätere relativierende Aussagen des Döner-Verkäufers ignorierte, schließlich sei auf diesen Druck ausgeübt worden. Die Chemnitzer Richter seien auch nicht verpflichtet gewesen, einen Fragenkatalog zu ihrer politischen Einstellung zu beantworten. Verteidigerin Ricarda Lang hatte von Richtern und Schöffen wissen wollen, ob sie AfD-Mitglied seien.

Der BGH erklärte nun, dass eine Abfrage von möglichen Befangenheitsgründen „ins Blaue hinein“ nicht vorgesehen sei.

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4 Kommentare

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  • Ist leider der Tradition und des juristischen Prinzips der Revision geschuldet -steht



    eine Berufungsinstanz nicht mehr zur Wahl. Es gibt entgegen landläufiger



    Meinung in der Revision keine Beweisaufnahme, also Beweiswürdigung mehr. Revision bedeutet polemisch gesagt: Der Angeklagte kann unschuldig sein. Darf aber trotzdem verurteilt sein. Weil es keinen formalen Rechtsfehler gab.



    Heilige Kuh der Justiz - die "freie Beweiswürdigung" des Richter(Gremiums) Es kann einfach beschliessen einen Zeugen glaubwürdig zu finden. Auch wenn die Kriminologie und Neurologie weiss: Ein Zeuge und seine Zeugenaussage ist das denkbar schlechteste Beweismittel. Wir erinnern uns wissenschaftlich und moralisch unverurteilt ehrlichen Herzens aber falsch. Höbe der BGH dieses Urteil mit der Begründung auf, es könne sich nicht faktisch auf eine einzige Zeugenaussage gründen, dürfe andere Indizien nicht so (einseitig)würdigen, das sie zur einzigen Zeugenaussage passen - dann müssten hunderte, wenn nicht tausende Urteile in Deutschland aufgehoben werden. Ich sage das nicht weil ich das gut finde. Sondern weil man wissen muss, mit welcher Grundauffassung man es zu tun hat. Im Selbstverständnis der Gerichte übrigens völlig zu Recht und völlig unabhängig davon, in welche Richtung und für was ein Gerichtsverfahren politisch-gesellschaftlich-öffentlich aufgeladen wurde. Man kann annehmen das der Angeklagte eine faire Chance gehabt hätte, wäre dieses Verfahren nicht so aufgeladen worden. In vielen Verfahren derart schwer klärbarer Sachverhalte gibt es Freisprüche. Aber genau so etwas will der rechte Mob ja verhindern. Er will, dass einer schon als Schuldiger gilt, weil er Syrer ist. Des örtlichen AfD-Funktionärs sein Söhnchen, hätte man auf dieser Basis nicht verurteilt.



    Wens interessiert - es ist in allen RAF-Verfahren (Hunderte)gegen die kleinen wie die Grossen, niemals ein Antrag der Verteidigung auf Revision zugelassen worden. Wenn, dann einer der Bundesanwaltschaft: Für ein höheres Urteil.

    • @Martinxyz:

      Was ist an diesem Sachverhalt schwer erklärbar? Die Frage ist lediglich, ob man dem Dönerverkäufer glaubt.

      Für viele Straftaten ist es typisch, dass es nur einen Zeugen gibt, z. B. häusliche Gewalt oder rassistische Straftaten. Soll es in diesen Fällen keine Verurteilungen mehr geben?

      Dass der Zeuge sagt, er sei mehrfach bedroht worden, spielt für Sie auch keine Rolle?

      Lassen Sie das Opfer als Man of Colour und nehmen Sie als Tatverdächtige zwei Nazis.



      Wären Sie dann auch für Freispruch?

      Die Frage, ob die syrischen Täter aus rassistischen Motiven gehandelt haben, wurde noch gar nicht berücksichtigt.

  • Ein Dönwrverkäufer hat von Stichbewegungen bei Alaa S. kurz nach der Tat von berichtet?

    • @Berliner Berlin:

      Nein, falsch.



      Ein Dönerverkäufer hat kurz nach der Tat von Stichbewegungen berichtet.