Autor Wolfgang Müller über Elfen: „Es kann sehr poetisch sein“
Eine „Elfenexpertin“ soll die häufigen Unfälle auf der A2 erklären. Unerklärliches wird gerne mit Ungreifbarem in Verbindung gebracht, sagt Wolfgang Müller.
taz: Herr Müller, in Deutschland gibt es nun also Elfenbeauftragte. Zeichnet sich hier ein neuer Trend ab?
Wolfgang Müller: Ja, mit Sicherheit. Es gibt ja immer so Lücken, die sich die Leute dann suchen. Viele basteln sich dann neue Arbeitsplätze in Bereichen, die noch nicht besetzt sind. Und es zeigt ja Wirkung, die neuen Elfenbeauftragten sind durchaus erfolgreich. Man muss in den Medien klar machen, dass man auch ein Medium ist, ein Träger. Man muss zeigen, dass man auch über mediale Fähigkeiten verfügt. Und dann kann man sich zur Verfügung stellen mit seinen übersinnlichen Talenten. Das findet Nachfrage.
Der aktuelle Fall der A 2: Die Elfenbeauftragte Melanie Rüter erklärt, die Schuld für besonders viele Unfälle liege bei den Elfen. Wie kommt man darauf?
Alles, was man nicht erklären kann, kann man heute entweder auf den Zufall zurückführen, als unerklärbar bezeichnen oder als durch den lieben Gott herbeigeführt. Oder man erklärt es eben durch die Elfen. Alles Unerklärliche wird gerne mit Ungreifbarem in Verbindung gebracht.
war bis 2020 Redakteur beim NDR. Philosophie und Kulturgeschichte sind seine Herzensthemen. Zuletzt erschien: „Zumutung Anthroposophie. Rudolf Steiners Bedeutung für die Gegenwart“.
Was ist Ihre Einschätzung: Sind da Elfen am Werk?
Ich versuche zuerst einmal immer nach rationalen Erklärungen zu suchen, aber es gibt auch Sachen, die sind nicht erklärbar. Es ist ja immer die Frage, wie gerne man die Dinge mit Elfen erklären möchte – das ist von Land zu Land verschieden. In Deutschland würde man Unfälle auf der A 2 eher mit der Häufung von technischen Fehlern oder Problemen in Verbindung bringen. Woanders kann es aber sein, dass man es eher poetisch, also zum Beispiel durch Elfen, erklärt.
Was bedeutet es denn, ein „Elfenbeauftragter“ zu sein und mit übernatürlichen Wesen zu kommunizieren?
In den konkreten Fällen muss man die Leute selber fragen, wie sie genau arbeiten. Den Begriff des „Elfenbeauftragten“ habe ich damals für die isländische Zuständige für Elfen geprägt. Ich wollte sie nicht einfach als Esoterikerin abtun. Die Frau hat Karten gezeichnet, von den Gebieten der Elfen, wenn es um Bauprojekte ging. Vor allem Juristen haben diese Karten dann gekauft. Oft war das symbolisch, damit man auch keine Elfe stört – aber es kann dabei natürlich auch ebenso gut nur um Public Relations gegangen sein.
In Island ist es ja vorgeschrieben, vor Bauprojekten ElfenexpertInnen zu Rate zu ziehen: Braucht es das auch in Deutschland?
Naja, ich würde sagen, es kann sehr poetisch sein. Wenn man zum Beispiel sagt, ein Stein, der zu einem Märchen gehört, müsste unter einem gewissen Naturschutz stehen und deswegen erhalten bleiben. Es ist ja im Endeffekt egal, ob man es Elfen oder Naturschutz nennt.
Ja, ich würde es schön finden, wenn zum Beispiel jemand etwas über einen Hügel schreibt, dass man den dann nicht platt macht und ein Einkaufszentrum darauf stellt, sondern dass man ihn erhält. Dann ist es eben auch egal, ob ich sage Elfen leben dort oder der Hügel gehört zu einer Geschichte.
Haben Sie aktuell mit Elfen oder der Thematik zu tun?
Tatsächlich kann man das nicht trennen, denn die Elfen sind Teil von meinem Werk. Sie kommen immer wieder vor. Ich treffe mich zum Beispiel gleich mit Achmed, einem syrischen Flüchtling, und auch in Syrien gibt es die Elfen, sie heißen nur anders. Es ist ein allgegenwärtiges Thema.
Die Kunst ist ja auch nicht restlos erklärbar, da ist auch Ungreifbares dabei. Deswegen bin ich nicht gleich religiös, aber es gibt viel, was nicht erklärbar ist. Kunst ist immer auch Ungewisses.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag