Autonome Gruppe um Lina E.: Kronzeuge bekommt Bewährung
Im Prozess gegen die Leipziger Autonome Lina E. packte ein Kronzeuge aus. In seinem eigenen Prozess bekommt dieser nun einen Strafrabatt.
Über längere Zeit war Johannes D. nach eigener Auskunft zusammen mit Lina E. und anderen Leipziger Autonomen bei Antifa-Aktionen aktiv, auch militant. So auch im Dezember 2019 in Eisenach, wo der rechtsextreme Kampfsportler Leon Ringl eine Szenekneipe betreibt. Als „Scout“ habe er damals die Kneipe ausgespäht, räumte Johannes D. vor Ermittlern ein. Als Ringl das Lokal verließ, habe er dies an seine Mitstreiter weitergegeben, die den Rechtsextremen darauf überfallen wollten – was scheiterte, weil Ringl ein Messer zog. Stattdessen wurden aber drei Begleiter des Neonazis verprügelt und ihr Auto demoliert.
Die Aussage machte Johannes D. bereits im Mai vergangenen Jahres beim sächsischen Landeskriminalamt und später im Prozess gegen Lina E. und drei Mitangeklagte vor dem Oberlandesgericht Dresden. Dieses Verfahren läuft bereits seit anderthalb Jahren. Der Vorwurf: Bildung einer kriminellen Vereinigung und sechs schwere Angriffe auf Neonazis in Leipzig, Eisenach und Wurzen. Die Aussage von Johannes D. war für den Prozess eine Zäsur. Denn bis dahin schwiegen alle Angeklagten und auch die mindestens fünf weiteren Personen, gegen welche die Bundesanwaltschaft weiter ermittelt und die sie ebenfalls zu der Gruppe zählte, darunter Johannes D.
Aus der Szene ist Johannes D. schon länger verstoßen
Dann aber packte der 30-Jährige aus. Zuvor war er in der Szene als angeblicher Vergewaltiger geoutet worden. Dort sieht man ihn nun auch als „Verräter“ und wirft D. einen Rachefeldzug vor. Der sagte in Dresden, sein Auspacken sei Folge des Outings.
Vor dem Landgericht Meiningen wiederholte Johannes D. nun sein Geständnis zu dem Angriff in Eisenach. Das Gericht verhängte darauf eine Freiheitsstrafe von anderthalb Jahren, wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung, ausgesetzt auf vier Jahre Bewährung. Zudem muss er 1.500 Euro an den Weißen Ring bezahlen.
Johannes D. lebt seit seiner Aussage bei der Polizei in einem Zeugenschutzprogramm. Im Lina E.-Prozess hatte er am Ende über mehrere Prozesstage ausgesagt – vor allem über die Gruppenstruktur um Lina E. Sie und ihren bis heute untergetauchten Partner Johann G. beschuldigte er als treibende Kräfte hinter der Gruppe. Zu den meisten vorgeworfenen Straftaten konnte er allerdings nichts sagen, weil er nicht dabei gewesen sein will.
Der Prozess gegen Lina E. und die drei Mitangeklagten ist der größte seit Jahren gegen linksradikale Aktivist:innen. Die Anklage führt die Bundesanwaltschaft. Momentan befindet sich der Prozess in der Schlussphase. Ein Urteil könnte laut Gericht und Prozessbeteiligte noch im März fallen.
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