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Automobilclub kritisiert InfrastrukturRadwege für Autofahrer:innen

Kommentar von Svenja Bergt

Je angenehmer das Radfahren wird, desto mehr Menschen werden vom Auto aufs Rad umsteigen. Das macht dann auch das Autofahren netter.

Breit genug zum Überholen? Radweg an einer Hauptstraße in Stuttgart Foto: Christoph Schmidt/dpa

M enschen, die regelmäßig auf Fahrrädern durch deutsche Städte fahren, ahnten es schon immer, nun hat auch der ADAC mal nachgemessen. Und dabei festgestellt: Ja, die meisten Radwege und Radspuren sind zu schmal. Ein Drittel schaffte nicht einmal die Mindestbreite. Bei einer Spur sind das 1,60 Meter. Und dabei reden wir über den Grundzustand an Platz.

Und noch nicht darüber, was passiert, wenn ein:e Radfahrer:in eine:n andere:n überholen will, wenn Lieferwagen die Radspur als Parkspur nutzen oder Polizist:innen der Ansicht sind, sie dürften ihren Dienst-Pkw dort abstellen, wenn sie sich im Imbiss etwas zu essen bestellen (ja, alles erlebt). Dass der ADAC also nachgemessen hat, ist gut.

Jetzt fehlt noch, dass auch die Autolobby (also der Verband selbst plus die meisten Bundesverkehrsminister, unter ihnen der amtierende) die richtige Schlussfolgerung daraus ziehen. Und die kann nur sein: Es braucht mehr Platz für Radfahrende, denn das ist gut für alle. Ja, auch für Autofahrer:innen. Denn erstens: Bei einer guten Radfahr-Infrastruktur müssen Rad- und Autofahrer:innen nicht dicht an dicht fahren, damit wird auch das Autofahren deutlich angenehmer.

Zweitens: Eine gute Radfahr-Infrastruktur lockt sogar Menschen vom Auto aufs Rad. Und wo weniger Autos unterwegs sind, kommen die verbliebenen schneller voran, selbst wenn sie etwas weniger Platz haben. Schließlich brauchen Fahrräder weniger Raum als die äquivalente Menge Autos. Und vorankommen, das wollen Autofahrer:innen doch. Nur die wenigsten haben Spaß daran, neben einer anderen Blechkiste im Schritttempo vorwärtszukriechen.

Und drittens: Eine gute Radfahr-Infrastruktur vermeidet, dass Radfahrende – seien es Menschen mit Lastenrad, mit Kind oder einfach so – sich genötigt fühlen, auf den Gehweg auszuweichen. Und dort wiederum von Fußgänger:innen als Gefahr wahrgenommen werden. Der Kampf um die Platzverteilung auf der Straße wird nur dann einigermaßen schmerzlos werden, wenn das auch bei Autofahrenden ankommt.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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8 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • 6G
    68514 (Profil gelöscht)

    Einerseits lockt eine gute Radinfrastruktur mehr Menschen auf's Rad, andererseits ist Autofahren immer noch viel zu billig und öffentliche Verkehrsmittel noch viel zu teuer. Dabei will ich jetzt nicht Autos generell verbannen, denn die haben ihre Berechtigung. Aber in der Masse, in der sie seit Jahrzehnten schon genutzt werden, wird es immer Platzprobleme gebe, da PKWs nunmal immens viel Platz benötigen. Also ist ein wichtiger Schlüssel eben das Nutzungsverhalten. Und dies kann man aber nur ändern, wenn der Zugang zu Rad und Öffis wesentlich erleichtert wird. Und da sind wir wieder beim Platzangebot und den Preisen.

  • Nee, so heileheileGänschen wie im Kommentar kann es nicht gehen. Wir brauchen d e u t l i c h weniger Autos, und das geht über Vergrämung: weniger Straßen, weniger Subventionen, weniger Parkplätze. Wir gewinnen Ruhe, Raum und Sicherheit - aber erst nach einem harten Kampf!

  • 0G
    02881 (Profil gelöscht)

    In Berlin sind die Radwege einfach ein Horror. Da gehts über Baumwurzeln und unregelmäßiger Pflasterung und Glasscherben. E-Roller, Schrotträder und Anhängerkupplungen ragen in den Radweg der gefühlt nicht mehr als 80 cm breit ist. Überholt wird man dann von Kampfradlern (gern auch rechts) oder jungen Muttis auf Pedelecs (gern bei Steigungen). Neulich hatte ich einen mich streifenden Kampfradler angedroht ihn beim nächsten Stop vom Rad zu kicken. So ein Sch....

    Deshalb fahre ich mittlerweile oft auf der Straße und wundere mich wie schnell und sicher man vorwärts kommt.

  • Der Trick mit den Radwegen hat aber einen großen Haken: wenn neue, breite Radwege angelegt werden, werden die meistens etwas abseits der Strassen angelegt. Vorderseitig sehr gut, rückseitig werden dabei aber in den seltensten Fällen kürze Verbindungen angelegt. Meistens werden sie sogar deutlich länger.



    Die Vorderseite ist also für einen Familienausflug super, aber die Rückseite benachteiligt die Radpendler.

    Was helfen würde, ist ein gleichberechtigter Platz auf der Strasse, nicht eine Auslagerung, damit die Strasse für Autos frei wird.

    • @fly:

      Ich bin lange Jahremit dem Rad zur Arbeit gependelt, auch der formalen Definition genügend. Mit der Fahrerei bin ich erst glücklich geworden, als ich begann, Radwege eisern zu meiden und mir Strassen ohne strassenbegleitende Radwege gesucht habe. Die sind nicht nur kürzer und schneller, sie sind auch besser, d.h. sicherer zu befahren.

      Denn nicht nur schmale Radwege sind lästig und gefährlich. Was viele Radfahrer und offenbar auch die meisten taz-Autoren offenbar nicht wissen: die meisten schweren Unfälle, denen Radfahrer zum Opfer fallen, sind Querungsunfälle, und die werden durch strassenbegleitende Radwege mehr und nicht weniger. Was schnell, einfach und preiswert Abhilfe schaffen könnte, wäre eine ersatzlose Streichung der Radwegebenutzungpflicht aus dem Strassenverkehrsrecht.

      • @ws01:

        Da hast Du recht. Ich fahre fast immer Straße, klar, versuche dabei mitzufließen vom Tempo und Verhalten her kein besonderes Hindernis zu sein. Kollege fährt immer Radweg und ist mehrfach angefahren worden. Perspektivenwechsel, wenn ich im Auto unterwegs bin, abbiege, und dann schnelle Radfahrer auf meist halbverdeckten Radwegen ausfindig machen muss ist das eine Herausforderung. Zahlenbeispiel: Radweg verdeckt in 10 Meter Entfernung, schneller Radfahrer mit 36 km/h, gibt genau eine Sekunde Erfassungszeit. Meist ist nur fünf Meter frei wegen Parkplätzen. Das haste dann echt ein Problem. Gibt ja noch anderen Verkehr den man im Blick behalten muss. Unauffällige Bekleidung lässt es dann zusätzlich gefährlich werden.

  • Echt? 160 cm? Ein Traum. Kenne eher knapp neben der Rinne, also 10 cm vom Rand, + halbe Lenkerbreite + Sicherheitsabstand. In Summe sind das 44 cm Platz.

  • Mein Vorschlag ist an großen Straßen breite Radwege schaffen, an kleinen und mittleren Straßen die Straße verwenden, das ist gerade in Hinblick auf Abbiegeunfälle sicherer. Aber generell brauchen wir mehr Platz für Radverkehr, den sollten wir uns auch nicht bonnparkenden Autos nehmen lassen.