Autofahren lernen: Ist der Lappen zu teuer?
Die Union will einen „bezahlbaren Führerschein“. Eine Mehrheit im Bundestag lehnte ihren Antrag ab, dennoch will die Regierung tätig werden.
Dabei sehen durchaus auch manche Regierungspolitiker:innen ein Problem. „Wir sind uns einig, dass wir die Prüflinge entlasten müssen“, so die SPD-Abgeordnete Nadine Ruf. Die Fahrschulkosten haben sich in den letzten Jahren fast verdoppelt.
Laut Auto-Club ADAC bezahlen Prüflinge zwischen 2.500 und 4.500 Euro. Allerdings gibt es große regionale Unterschiede: Wer in Berlin wohnt, zahlt – wahrscheinlich durch die hohe Fahrschul-Dichte – rund 1.300 Euro weniger als jemand in Leipzig. Die Fahrschulen dürfen die Gebühren selbst festlegen, nur die Abschlussprüfung wird von den Prüfgesellschaften Tüv und Dekra bundesweit gleich bepreist. Neben den hohen Preisen beklagt die Union auch Terminstau bei Prüfungen und hohe Durchfallquoten.
Die Konservativen wittert parteipolitische Hintergründe hinter der Ablehnung. Hier werde etwas abgewiesen nur, weil es von der Opposition komme, beklagte Müller. Die Regierung hingegen meint: Die Forderungen von CDU und CSU seien nicht zielführend. Die Überschrift des Antrags habe ihn gewundert, sagte etwa der FDP-Abgeordnete Jürgen Lenders, denn keiner der inhaltlichen Punkte senke die Kosten vom Führerschein.
Grüne kritisieren „Auto-Glorifizierung“
Die Union schlägt vor, dass Fahrlehrende nicht mehr ausgebildete Ingenieur:innen sein müssen, zudem will sie externe Prüfer:innen von der Bundeswehr und der Polizei zulassen. „Diese werden woanders gerade dringender gebraucht“, entgegnete die Grünen-Abgeordnete Swantje Michaelsen.
Zusätzlich will die Union Digitalisierung beim Fahrunterricht voranbringen, Online-Anträge ermöglichen, E-Learning im Theorieunterricht fördern und durch Fahrsimulatoren die Anzahl von Fahrstunden im Auto reduzieren.
Insgesamt ist der Fahrunterricht in den vergangenen Jahren ausgiebiger geworden. Zum Beispiel durch neue Verkehrsteilnehmer wie E-Scooter gibt es mehr Lehrstoff. Früher waren 25 Fahrstunden üblich, nun eher 45 bis 50 Stunden. Auch die Fahrprüfung dauert wegen zusätzlichen Inhalts zehn Minuten länger.
Die Grünen warfen der Union vor, in ihrem Antrag „Auto-Glorifizierung“ zu betreiben. Der Straßenverkehr ist der Hauptgrund dafür, dass das Verkehrswesen in Deutschland zu klimaschädlich ist. Immer wieder reißt der Bereich die gesetzlich vorgeschriebenen CO2-Grenzwerte.
Bis Ende des Jahres wollen die Ampel-Parteien nun einen Gegenentwurf zum Unionsantrag vorlegen. Als Option, um den Führerscheinpreis für Fahrschüler:innen zu senken, diskutierten Grüne und SPD am Donnerstag beispielsweise eine Zuschusspflicht für Arbeitgeber oder Organisationen. Die könnte greifen, wenn für einen Job oder ein Ehrenamt ein Führerschein vorausgesetzt wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit