Autobauer vor Gericht: Klimaklage gegen Mercedes scheitert
Die Richter sehen sich nicht zuständig für die Klimafreundlichkeit von Mercedes. Die Politik soll Konzerne zum Klimaschutz zu bewegen.
Anders als bei Klimaklagen gegen die Bundesregierung trat formal nicht die DUH als Klägerin auf, sondern deren Geschäftsführer Jürgen Resch, Barbara Metz und Sascha Müller-Kraenner als Einzelpersonen. Sie verlangten von Mercedes-Benz eine klimafreundlichere Geschäftspolitik. Insbesondere solle ab spätestens 2030 der Verkauf von Autos mit Verbrennermotoren unterlassen werden. Auch Mercedes-Benz müsse dazu beitragen, dass Deutschland seine Klimaziele einhalten könne.
Mit der Klage gegen Mercedes wollten die Kläger Eingriffe in ihre persönlichen Freiheitsrechte abwenden. Denn wenn das gesamte deutsche CO2-Emissions-Budget aufgebraucht sei, müsse die Politik den Konsum, Verkehr und Wohnkomfort der gesamten Bevölkerung, also auch der Kläger, massiv beschränken.
Diese etwas komplizierte Begründung hat sich nicht der DUH-Anwalt Remo Klinger ausgedacht, sondern das Bundesverfassungsgericht in seinem berühmten Klimabeschluss vom Frühjahr 2021. Damals hat Karlsruhe den Gesetzgeber zur verstärkten Klimaschutzplanung aufgefordert, um die Freiheitsrechte der Bürger zu wahren.
Klimaschützer wollen in Berufung gehen
Das Landgericht Stuttgart konnte damit im konkreten Zivilrechtsstreit aber nichts anfangen. Wenn das Gericht die Interessen der Kläger mit den Interessen von Mercedes-Benz abwägen solle, so der Vorsitzende Richter Bernd Rzymann, dann müsse man schon einigermaßen konkret wissen, welche Beeinträchtigungen den drei Klägern in Zukunft eigentlich drohen.
Bisher sei aber überhaupt nicht klar, ob die Politik bei einem Überschreiten des deutschen Klimabudgets wirklich massive Einschränkungen anordnen würde und wie die Kläger davon persönlich betroffen wären.
Noch grundsätzlicher ist der zweite Einwand des Landgerichts gegen die Klage. Die Gewaltenteilung im Rechtsstaat sehe vor, dass der Gesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen treffe und nicht die Gerichte aufgrund der Klagen von Einzelpersonen. Nur der Gesetzgeber sei legitimiert, „das Gesamtwohl“ zu definieren und daraus abzuleiten, wer noch welche CO2-Emissionen ausstoßen darf.
DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch kündigte sofort nach der Urteilsverkündung an, man werde nun beim Oberlandesgericht Stuttgart Berufung einlegen. „Am Ende wird der Bundesgerichtshof entscheiden“, prognostizierte Resch.
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