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Auszeichnung für Ursula von der LeyenDonald, Karl und Ursula – und ein Preis um jeden Preis

Die EU-Kommissionschefin bekommt den gewichtigen Karlspreis – als „starke Stimme Europas“. Hat sie den verdient?

Ausgesprochen schweigsam als es um Donald Trump ging: „Europas Stimme“ Ursula von der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin Foto: Rainer Unkel/imago

E ndlich mal eine gute Nachricht für Ursula von der Leyen: Die deutsche Chefin der EU-Kommission wird in diesem Jahr mit dem Karlspreis ausgezeichnet. Nach wochenlangem Gezerre um ihr neues Brüsseler Team und den Attacken der Bürgerbeauftragten, die von der Leyens engste Berater mit der Mafia verglichen hat, ist das eine willkommene Aufmunterung. Allerdings klingt die Begründung des Vergabekomitees schief: Von der Leyen sei die „starke Stimme Europas in der Welt“.

Dabei hat man die letzthin nicht mal mehr in Brüssel gehört. Die 66-jährige CDU-Politikerin war wegen einer Lungenentzündung seit Beginn des Jahres im Krankenhaus in Hannover. Ihre Sprecher in Brüssel haben diese Info unterschlagen, was viele EU-Korrespondenten zu Recht aufgebracht hat. Mangelnde Transparenz war noch einer der harmlosen Vorwürfe, von lügen und totschweigen war die Rede.

Starke Stimme Europas? Die hat man letzthin in Brüssel nicht gehört

Ausgesprochen schweigsam war „Europas Stimme“ auch, als es um Donald Trump ging. Kurz vor der Amtseinführung des EU-weit gefürchteten nächsten US-Präsidenten muss sich von der Leyen wohl auf die Zunge gebissen haben. Statt Klartext zu reden, hat sie Appeasement betrieben – im Streit um Grönland ebenso wie im Ringen um Elon Musk und die europäischen Internetregeln. Wenig überzeugend klingen daher die Beispiele, die die Jury aus der ersten Amtszeit der EU-Politikerin anführt: Corona, Russland, Green Deal – alles Schnee von gestern. Dafür hat von der Leyen bereits einen politischen Preis bekommen: eine zweite Amtszeit in Brüssel. Den symbolträchtigen Karlspreis rechtfertigt das noch lange nicht.

Um in die Fußstapfen eines Jacques Delors zu treten – der Franzose war der erste und bisher letzte Kommissionschef, der den begehrten Preis erhielt –, müsste sich von der Leyen gewaltig ins Zeug legen. Etwas Vergleichbares wie den EU-Binnenmarkt hat sie nämlich noch nicht geschaffen. Im Gegenteil, die Wirtschaft schmiert gerade ab.

Vor diesem Hintergrund wirkt der Karlspreis wie der krampfhafte Versuch, Europa in finsteren Zeiten ein wenig aufzumuntern. Im dunklen Schatten von Trump klammern sich die Juroren an die vermeintliche Lichtgestalt von der Leyen. Vielleicht wird sie ja wirklich noch zur „starken Stimme Europas in der Welt“. Der entscheidende Test steht kurz bevor – er heißt Donald Trump.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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4 Kommentare

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  • Dass Zensursula Chatkontrolle von der verschwundenen SMS den Karlspreis erhalten hat ist ganz schön krass.

  • Nein. Den Karlspreis hat diese Dame ganz sicher nicht verdient. Sie kümmert sich in erster Linie um ihre eigene Darstellung, dann um konservative bis rückständie Politiklinien und paktiert mit potentiellen Europa-Spaltern extrem rechts ohne Rücksicht auf Europa - wohl aber auf ihre eigene Position. Zudem nimmt sie es mit Vorschriften nicht so genau: sie hat wiederholt SMS Nachrichten verschwinden lassen obwohl sie sehr genau wusste, dass das ungesetzlich war. Folgen hatte das keine, weder in D noch in der EU. Und so einer gibt man den Karlspreis? Wenn's nicht so tragisch wäre, das Kommitte hätte den "Orden wieder den tierischen Ernst" verdient - ist ja gleich um die Ecke....

  • Die Liste der PreisträgerInnen ist durchaus heterogen besetzt, in den achtziger Jahren auch sicherlich mit erstaunlich erscheinender Auswahl in der Distanz.



    Wer auch immer wen und wo öffentlich als Institution auszeichnet, trifft auch Aussagen über sich, nicht nur zu Person im Rampenlicht.



    Ab jetzt (2025) übrigens neu:



    "Der Karlspreis ist hoch angesehen, aber bislang undotiert. Der Aachener Unternehmer Eckhard Schulz hat das jetzt geändert – und erklärt hier, woher seine Millionen kommen und wofür sie genutzt werden sollen."



    Bei faz.de



    "Das Preisgeld kommt laut dem Karlspreis-Direktorium von der privaten Stiftung eines Aachener Ehepaares. Die «DSA Schäfer-Schulz Stiftung» werde die Summe erstmals 2025 ‒ zum 75-jährigen Jubiläum des Preises ‒ zur Verfügung stellen."



    Bei zeit.de

  • Von der Leyen hat in (multiplen) Berater-Affären sämtliche Daten



    "zufälligerweise" auf Handy, Laptop und Desktop gelöscht. Software+Hardware Spezialisten haben mir erklärt, dass man solche Daten problemlos wieder herstellen kann. ES SEI DENN man überschreibt professionell 5-8X



    sämtliche Daten, um sie für immer vollkommen unkenntlich zu machen

    Also kein "Upsi aus Versehen"



    Und so jemand bekommt also diese Auszeichnung??