Auswirkung des Insektensterbens: Weniger Bienen, winzige Blüten
Blumen sind zur Fortpflanzung auf Bestäuber angewiesen. Doch davon gibt es immer weniger. Eine neue Studie zeigt, wie die Pflanzen sich selbst helfen.
Worum geht’s?
Die Blüten groß, der Nektar süß: So locken Pflanzen Insekten an. Beim Fliegen von Blüte zu Blüte transportieren sie Pollen und sorgen so für die Bestäubung und den Fortbestand der Pflanze. Gleichzeitig decken sie sich selbst mit Nektar ein. Eigentlich eine Win-win-Situation. Doch überall in Europa schwinden seit Jahrzehnten die Insektenbestände. Die Ursachen für diese Entwicklung sind komplex und wirken oft zusammen: intensive landwirtschaftliche Nutzung, Pestizide, Klimaveränderung. Die Pflanzen müssen sich anders helfen.
Die Studie
Für die Studie, erschienen in der Zeitschrift New Phytologist, untersuchte ein französisches Forscherteam daher vier Populationen von Feldstiefmütterchen. Um verschiedene Generationen der Pflanze und ihre möglichen Veränderungen miteinander zu vergleichen, haben sich die Wissenschaftler*innen der sogenannten resurrection ecology, zu Deutsch: Auferstehungsökologie, bedient. Dafür kultivierten sie Stiefmütterchen aus Samen, die in den 1990er und 2000er Jahren in der Umgebung von Paris zu wissenschaftlichen Zwecken entnommen wurden. Diese verglichen sie mit wild wachsenden Exemplaren von heute, die aus derselben Region stammten – einem landwirtschaftlich intensiv bewirtschafteten Gebiet mit einer rückläufigen Anzahl an Bestäubern.
Sie stellten fest, dass die Blüten der heutigen Pflanzen 10 Prozent kleiner waren als die der Vorfahren und etwa 20 Prozent weniger Nektar produzierten. Aufgrund der geringeren Nachfrage von Bestäubern schränkte die Pflanze ihr Angebot ein: weniger attraktive Merkmale für potenzielle Bestäuber und damit weniger Belohnung. Denn den Nektar produziert die Pflanze einzig als Anreiz für die Insekten und braucht dafür viel Energie.
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Die Studie zeigte auch, dass die jüngere Stiefmütterchengeneration von den Insekten seltener angeflogen wurde. Um ihren Erhalt trotzdem zu sichern, vollführte die Pflanze einen Strategiewechsel: Sie bestäubte sich vermehrt selbst. Dabei wird die Blütennarbe durch Pollen von derselben Blüte bestäubt.
Die schnelle Anpassung an veränderte Lebensbedingungen sei erstaunlich, urteilt das Forscherteam. Langfristig stellt die verstärkte Selbstbefruchtung für die Pflanze allerdings ein Risiko dar. Durch die damit zurückgehende genetische Vielfalt kann sie schlechter auf zukünftige Umweltveränderungen reagieren.
Was bringt’s?
Weniger Bestäuber bedeutet in diesem Fall weniger Nektar. Und mit weniger Nektar verschärft sich wiederum der Insektenschwund – mit Folgen für das ganze Ökosystem. Denn viele Tiere sind auf Insekten als Nahrung angewiesen. Ein Teufelskreis, urteilen die Forscher*innen. Innerhalb von 20 bis 30 Jahren durchlebte die kleine Viola arvensis eine radikale Wandlung. Die Forschung aus Frankreich bietet auch einen Anknüpfungspunkt für weitere Studien, die sich mit möglichen Veränderungen bei anderen Pflanzenarten befassen.
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