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Ausstieg aus der KohleNoch nicht das letzte Wort

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Die Pläne der Regierung zum Kohleausstieg sind keine Katastrophe. Um die Klimaziele zu erreichen, reichen sie aber nicht.

Baumhaus im Hambacher Forst; Der Wald darf bleiben Foto: dpa

N ein, eine „Katastrophe“ oder ein „Skandal“, wie die Umweltverbände meinen, ist es nicht, was die Bundesregierung am Donnerstag vorgestellt hat. Die zentralen Eckpunkte dessen, was die breit zusammengesetzte Kohlekommission vor einem Jahr gefordert hatte, werden umgesetzt: schrittweise Abschaltung von Kohlekraftwerken, Entschädigung der Konzerne und viel Geld für die betroffenen Regionen. Mit dem Erhalt des Hambacher Walds wird eine zentrale Forderung der Bewegung erfüllt.

Gleichzeitig ist aber richtig: In einigen wichtigen Punkten weicht die Regierung vom Plan der Kommission ab. Dass in Datteln noch ein neues Kohlekraftwerk ans Netz geht, ist dabei nicht das größte Problem. Wenn im Gegenzug tatsächlich mehr alte Meiler stillgelegt werden, dürfte sich der Effekt fürs Klima in Grenzen halten. Deutlich problematischer ist, dass die Abschaltung der Braunkohle nicht stetig erfolgt, sondern in großen Stufen jeweils zum spätestmöglichen Termin. Und auch dass trotz des schnelleren Ausstiegs im Westen noch weitere Dörfer abgerissen werden sollen, ist schwer verständlich.

Vor allem sind weder die Pläne der Kommission noch die der Regierung ausreichend, um den deutschen CO2-Ausstoß mit den Paris-Zielen in Einklang zu bringen. Darum dürfen die heutigen Entscheidungen nicht das letzte Wort sein. Und die Chancen, dass sie es nicht sind, die stehen gar nicht so schlecht – sei es durch weiter wachsenden politischen Druck oder durch die Veränderungen am Strommarkt. Dass die Kohlenutzung im letzten Jahr – fast ohne Kraftwerksstilllegungen – um 26 Prozent zurückgegangen ist, zeigt, was möglich ist.

Voraussetzung dafür, dass die Kohle schneller zurückgedrängt wird, ist aber, dass auch der Ausbau der Erneuerbaren schneller läuft als derzeit vorgesehen. Druck für mehr Windräder zu machen, mag schwerer sein, als gegen Kohlekraftwerke zu protestieren, aber es ist genauso wichtig. Ohne mehr Tempo beim Einstieg kann es auch nicht mehr Tempo beim Ausstieg geben.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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14 Kommentare

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  • Wirklich traurig. Ich dachte, dass einer der kompetentesten taz-Redakteure es nicht nötig hat, Aufmerksamkeit durch Slogans wie "keine Katastrophe" zu generieren, die ganz offensichtlich Quatsch sind, weil ja die Katastrophe praktisch schon da ist und wir weit weg von einem irgendwie nachhaltigen Weg sind (was einer wie Malte Kreutzfeldt nun auch wirklich weiß).

  • Mit einer moderaten Steuer auf den Kohleverbrauch laesst sich eine schnellere und entschaedigungsfreie Stillegung erreichen.



    Die Zustimmung zum Kohlekompromiss war ein grosser Fehler der Umweltverbaende.

  • Mehr habe ich nicht zu sagen:



    Der KLIMAwandel wurde gestartet - und er läuft, absolut unbeeindruckbar durch irgendwelche Streitereien zwischen Interessengruppen innerhalb dieser unsäglichen Spezies Homo INsapiens.

  • wenn ein staat entschädigungen an kapitalistische ausbeuter zahlt ,denen er für die gesellschaft schädliche aktivitäten verbietet ,so kann ein solcher staat nicht als souverän betrachtet werden.



    es gibt kein recht weiter kohle zu verbrennen!



    der zur möglichst sicheren vermeidung eines katastrophalen klimawandels erforderliche schnelle weltweite ausstieg aus dem fossilismus ist nur möglich wenn grundsätzlich keine entschädigungen an konzerne bezahlt werden,die vom fossilismus profitiert haben.

    • @satgurupseudologos:

      Es gibt in einem souveränen Staat klar definierte Regeln, die bekannt waren und dementsprechend einzuhalten sind, oder es ist halt Willkür und Anarchie. Recht ist nicht eine Emotion.

      • @alterego:

        Der Pariser Klimavertrag ist geltendes Völkerrecht.

        Als willkürlich empfinde ich dagegen den privilegierten Zugang zur Politik, den große Unternehmen und reiche BürgerInnen genießen, denen es um Vergrößerung des eigenen Einflusses und Kapitals geht und nicht ums Allgemeinwohl.

  • Der Kommentar zeigt auf, um was es wirklich geht: die Detailkritik oder die Fortsetzung des Weges zum Aufbau einer umweltfreundlicheren Energieversorgung.



    Wer sich argumentativ an Datteln oder der Kompensation der Unternehmen abarbeiten will, soll es tun, aber wie soll das helfen die enorme Umstrukturierung der Energieversorgung und Wirtschaft zu unterstützen??

  • Absolut, dieser Kommentar ist dürftig.



    Datteln IST ein GAU.

    Noch effektiver.... Dreck rausgehauen. meistersiedlung.de...t-auch-in-datteln/

    Mit Steinkohle, die irgendwo auf der Welt unter schlimmen Bedingungen abgebaut wird. Wers wissen will, lese hier:



    decoalonize-europe.../Still-Burning.pdf

  • Irgendwie werden die Kommentare der taz beliebiger.

    Die Klimaziele Deutschlands werden verfehlt, aber das ist keine Katastrophe. Wir pflanzen im Frühjahr einfach ein paar Windräder mehr.

    Eine Katastrophe und ein Skandal ist, dass es anscheinend akzeptabel ist, Mist zu machen mit dem Argument, dass man ihn hinterher ja nochmal verbessern könnte.

    Sapere aude!

    PS: Übrigens hat Kai Niebert weder von dem einen noch dem anderen gesprochen, er schrieb nur: 'Chance verpasst!' und hängte eine kurze Bewertung an:

    twitter.com/kainie...4767240192/photo/1