Ausstellung Trisha Donnelly in Frankfurt: Die Dinge, bevor sie Dinge werden
Ihre Objekte bleiben rätselhaft: Das Museum für Moderne Kunst richtet der US-amerikanischen Künstlerin Trisha Donnelly eine Einzelschau aus.
Ein nicht gigantischer, aber doch massiver Monolith steht einfach so im Ausstellungsraum. Und man blickt ihn kaum anders an, als die Menschenaffen dies in Stanley Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ mit ihrem Monolithen schon getan haben. Später begegnet man einigen weiteren dieser steinernen Blöcke, sie bleiben auch im Verlaufe der Ausstellung rätselhaft.
Das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt zeigt eine Einzelschau von Trisha Donnelly, der US-amerikanischen Künstlerin, von der Anfang der Nullerjahre in Kunstkritiken gemunkelt wurde, sie könne ebenso gut ein Phantom sein. Weil ihren Performances etwas Sagenumwobenes anhaftete, wie ihr Ritt auf einem weißen Pferd vor ihre Galerie in Manhattan. Vor allem aber, weil Donnelly trotz einiger aufsehenerregender Auftritte persönlich wenig Interesse zeigte am Medienrummel.
Kaum Fotos von ihr existierten damals, wenige heute. Sie, 1974 in Los Angeles geboren, heute Professorin an der Kunstakademie in Düsseldorf, hat eine Künstlerinnenbiografie, wie sie bei der heutigen Omnipräsenz sozialer Medien und Handykameras selbst als gezielte Strategie kaum denkbar wäre.
Es hat schon etwas Ironisches, dass diese kaum zu fassende Künstlerin in ihrer Frankfurter Einzelausstellung gerade mit Tonnenschwerem aufwartet. Man kann sich bei ihren Monolithen an konkreter Materie abarbeiten: den marmorierten Oberflächen, den seltsam gefrästen Rillen darin, den konkav und konvex geschwungenen Formen, den Farbgesten, die sich mit den roten Adern des rosafarbenen Steins kreuzen. Oder einer nach innen laufenden Aushöhlung, die nur sehen kann, wer sich sehr tief zum Objekt hinabbeugt oder gleich legt.
Trisha Donnelly. Museum für Moderne Kunst (MMK), Frankfurt a. M., bis 22. März 2026
Der ursprüngliche Gebrauchscharakter
Einige Formen spiegeln den ursprünglichen Gebrauchscharakter des Materials, erinnern entfernt an spezifische Details eines Heizkörpers oder vielleicht einer Klimaanlage. Trisha Donnelly hat sie mit einem Marmorbildhauer in Italien zusammen geschaffen; wie genau, bleibt ihr Geheimnis, nur, dass die Arbeit über längere Zeit mit Unterbrechungen sowie dafür eher ungeeigneten Gerätschaften erfolgte.
Kein einziger Wandtext, keine Werkbeschreibung hängt im Raum. So frei wie hier geht der Rundgang selten durchs Frankfurter Museum für Moderne Kunst. Mehrere Wege hat die Künstlerin offengelegt: hinter eine Wand voll Stromverteilerkästen setzt Donnelly einen Torbogen aus Wintergrün, der zart nach Vorweihnachtszeit riecht, in einem grau gestrichenen Nebenraum heult der Wind hinter einem Türschacht.
Manches könnte absichtslos sein, aber in diesem ultra-konzentrierten Parcours erscheint nichts davon zufällig. Dazu wenige unruhige zweidimensionale Arbeiten; ein flackernder Videoloop von wenigen Sekunden, das kopierte Bild einer gemalten Wildkatze mit dem Schriftzug „sometimeses“, wie ein ausgedachter Plural mehrerer Manchmals. Und tatsächlich geht es Donnelly, so ist im Begleittext zu lesen, auch um die Unmöglichkeit zweier Gleichzeitigkeiten an einem Ort.
Trisha Donnelly scheint eine Welt der Dinge vor den Dingen anzusteuern; vielleicht, bevor die Objekte Ware und die Bilder reine Repräsentation wurden, womöglich aber noch früher, einen Zustand vor den Begriffen. Oder einen Zustand, in dem die Begriffe geschärft und das konkrete Ding erst greifbar werden.
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