Ausspähung durch den BND im Ausland: Kein Respekt für die freie Presse
Der Geheimdienst hat weltweit Journalisten ausgespäht. Im BND-Gesetz ist das nicht verboten. Pressefreiheit ist auch im Ausland nicht absolut geschützt.
Wie der Spiegel am Wochenende berichtete, hat der BND ab 1999 mindestens 50 Telefon- und Faxnummern oder E-Mail-Adressen von Journalistinnen und Journalisten oder Redaktionen aus der ganzen Welt überwacht. Mit dabei etwa eine Nummer der New York Times in Afghanistan, aber auch mehrere Anschlüsse der BBC in London.
Die Überwachung erfolgte nicht zufällig. Die Anschlussnummern wurden gezielt als „Selektoren“ genutzt, um Informationen aus dem globalen Internet-Datenstrom auszufiltern. Unklar ist, ob der BND die Anschlüsse selbst als Selektoren bestimmt hat oder ob er sie vom US-Geheimdienst NSA übernommen hat.
Der letzte Journalistenskandal des BND war in den 1990er Jahren. Damals hatte der deutsche Auslandsgeheimdienst auf der Suche nach undichten Stellen im eigenen Dienst inländische Medienleute mit guten Quellen im BND überwacht. Teilweise wurden sogar andere Journalistinnen und Journalisten als V-Leute auf die verdächtigen Kollegen angesetzt. Der damalige Kanzleramts- und heutige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) stoppte daraufhin die Überwachung von Journalistinnen und Journalisten zur BND-Eigensicherung.
Ein generelles Verbot der Medienüberwachung besteht aber nicht. Maßgeblich ist das BND-Gesetz. Dort waren die Befugnisse des Auslandsgeheimdienstes bisher nur sehr allgemein beschrieben. Im Dezember beschloss der Bundestag eine Novelle des Gesetzes. Zuvor war bekannt geworden, dass der BND weltweit massenhaft Telekommunikation überwachte und mit Selektoren auch europäische Unternehmen und Regierungen erfasste. Die Praktiken wurden nun aber nicht abgeschafft, sondern im Kern sogar legalisiert. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) monierte im Dezember, dass es auch im novellierten BND-Gesetz keine Schutzvorschrift für Journalistinnen und Journalisten gibt. ROG bereitet deshalb gemeinsam mit der „Gesellschaft für Freiheitsrechte“ eine Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz vor.
Weniger geschützt als Pfarrer oder Abgeordnete
Eine Grundfrage dieser Klage wird sein, ob auch Ausländerinnen und Ausländer im Ausland sich gegenüber dem BND auf deutsche Grundrechte berufen können. Exverfassungsrichter wie Hans-Jürgen Papier haben das bereits bejaht. Die Bundesregierung verneint dies aber ebenso wie der BND. Nur wenn der BND im Ausland das Grundgesetz beachten muss, stellt sich die Frage, welche Rolle die Pressefreiheit dabei spielt.
Auch im Inland ist die Pressefreiheit nicht absolut geschützt. So darf die Polizei Telefone und E-Mail-Konten von Medienschaffenden überwachen, wenn sie selbst einer Straftat verdächtigt werden. Richten sich die Ermittlungen gegen andere Personen, so sind die Medienleute dennoch nicht tabu. Es muss nur eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung stattfinden.
Das Gleiche gilt für Überwachungsmaßnahmen des Verfassungsschutzes. Medienleute sind damit deutlich weniger geschützt als zum Beispiel Pfarrer, Strafverteidiger oder Abgeordnete. Grund dafür dürfte sein, dass der Beruf des Journalisten nur schwer abgrenzbar ist und heute auch viele Blogger als Journalisten gelten. Es ist daher nicht zu erwarten, dass das Bundesverfassungsgericht dem BND generell verbieten wird, Journalisten zu überwachen.
Interessant könnte es aber werden, wenn nun konkret betroffene Kolleginnen und Kollegen von BBC und New York Times gegen den BND klagen. Die BBC hat sich nach dem Spiegel-Bericht bereits „enttäuscht“ gezeigt: „Wir appellieren an alle Regierungen, die Arbeit der freien Presse zu respektieren.“
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