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Ausschreitungen in ChemnitzKampf um die Stadt

Zwei Chemnitzer Stadträte trauern gemeinsam um den erstochenen Daniel H. Das ist aber auch das Einzige, was sie verbindet.

Umkämpft: die Chemnitzer Innenstadt rund um das Karl-Marx-Denkmal Foto: dpa

Chemnitz taz | Als um 15.01 Uhr beide Männer aufstehen, zur Schweigeminute unter den großen Kronleuchtern im Ratssaal der Stadt, blicken sie nach vorn und halten ihre Hände verschränkt vor dem Bauch. Jetzt gerade sieht es so aus, als hätten sie etwas gemeinsam.

Sie stehen auf dem hellbraunen Holzparkett des Stadtparlaments in Chemnitz und plötzlich ist alles ganz still. Die Abgeordneten von der AfD schweigen, die von der CDU schweigen, SPD, Linke, Grüne, die Frau von der NPD, alle schweigen. Lars Fassmann schweigt, der Mann mit den blonden Locken. Und auch Martin Kohlmann, der Mann mit der Halbglatze.

Es ist Mittwochnachmittag, der Stadtrat ist zu einer Schweigeminute zusammengekommen, und auf einmal wirkt alles wie ruhig in Chemnitz, nach dem Gegröle vom Sonntag und dem Geschubse vom Montag und der Rennerei und der Hetzerei und den Hitlergrüßen und, natürlich, nach der Messerstecherei von Sonntagnacht, die all die Gewalt und die Gegenproteste ausgelöst hat. Nur vom Marktplatz draußen tönt Musik herein.

Ganz hinten rechts, in der letzten Reihe des Plenums, steht der Stadtrat und Rechtsanwalt Martin Kohlmann, 41, ein strammer Nationalist. Sechs Stühle weiter, mittig links, auch in der letzten Reihe, steht der Stadtrat und Unternehmer Lars Fassmann, ebenfalls 41. Kohlmann kämpft für Pro Chemnitz und Fassmann kämpft auch – für das weltoffene Chemnitz. Beide kämpfen derzeit, nein: eigentlich schon seit Jahren, um diese Stadt mit ihren 247.000 Einwohnern; und unterschiedlicher könnten ihre Vorstellungen von der Zukunft der Stadt wahrscheinlich nicht sein.

Stadtrat organisiert rechten Protest

Wie Kohlmanns Bild von der Stadt aussieht, davon konnten die Chemnitzer am Montagabend eine Ahnung erhalten. Es war seine „Bürgerbewegung Pro Chemnitz“, die nach den Ausschreitungen von Sonntagabend gleich die nächste Demonstration in Sachsens drittgrößter Stadt anmeldete. Etwa 6.000 Menschen folgten dem Aufruf – einschließlich hunderter Hooligans, Rechtsextremer, Nazikader aus ganz Deutschland. Sie skandierten „Ausländer raus“, zeigten unverhohlen den Hitlergruß und liefen, vermummt, in Kleingruppen durch die Stadt, so als wären sie hier die neue Bürgerwehr. In Wahrheit jagten sie Menschen.

Vor dem Stadtrat redet SPD-Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig vom Tod des Chemnitzers Daniel H., wie er am Wochenende zuvor am Rande eines Stadtfestes erstochen worden ist. Ludwig spricht im Namen der Stadt ihr Beileid aus, mahnt zu Vernunft und Besonnenheit. Als sie endet, dürfen nach und nach die anderen Fraktionen sprechen. Schließlich tritt Martin Kohlmann vom Pro Chemnitz nach vorne ans Mikrofon.

Er trägt ein blau-weißes, grob kariertes Hemd und ein dunkles Sakko. Und dann schimpft er: „Bei so einem bestialischen Mord ist der Ruf nach Konsequenzen verständlich und richtig.“ Kohlmann redet langsam, in vorwurfsvollem Ton, beide Hände auf das Rednerpult gestützt. In der ersten Reihe blicken die meisten Abgeordneten auf ihr Handy. „Zehntausend Menschen, die größte Demonstration nach der Wende – und Sie behaupten allen Ernstes, das sind alles Neonazis?“, fährt er fort. Dann richtet sich Kohlmann an die Oberbürgermeisterin: „Sie sind eine Schande für diese Stadt. Treten Sie zurück!“

Applaus nur für den Rechten

Es ist das erste Mal in dieser Ratssitzung, dass geklatscht wird. Bei der SPD-Oberbürgermeisterin zuvor hat niemand applaudiert, nicht bei der CDU, nicht bei der Linkspartei, aber dann bei Kohlmann, da klatschen zumindest eine Handvoll der gut zwei Dutzend Zuschauer plötzlich laut auf. Sie klopfen mit ihren Fäusten auf die Holzarmaturen, die vor ihnen sind. Einer von denen, die auf der Zuschauerempore oberhalb der Stadtverordnetenversammlung sitzen, wird später bei Facebook aus der Sitzung berichten; für „Pro Chemnitz“. Martin Kohlmann – Jurist, Burschenschafter, zwei Jahre Wehrdienst, gute Russischkenntnisse – hat bei ihnen wieder einen Punkt gemacht, er versucht das bereits seit 1999, seit er im Stadtrat von Chemnitz ist. Und er wird damit immer erfolgreicher.

Damals, das waren noch andere Zeiten, da saß der gebürtige Chemnitzer, damals Karl-Marx-Stadt, noch für die „Republikaner“ im Parlament. Die Partei wurde vom Verfassungsschutz beobachtet, bis sie sich alle zerstritten hatten und Kohlmann sein eigenes Projekt aufmachte: Die „Bürgerbewegung Pro Chemnitz“. Heute ist er das Gesicht dieser Truppe und Sprecher der Fraktion, die aus drei Männern besteht. Im Stadtrat führt Kohlmann, der rechte Ideologe, den Kampf fort, den er auf der Straße und im Gericht führt. Zuletzt vertrat er als Rechtsanwalt die rechte Terrorgruppe aus Freital, davor „Kameraden“ von der NPD. Nun bündelt er die Kräfte gegen Ausländer, egal woher sie kommen.

Als am Sonntag in dieser Woche die ersten Aufrufe zu einer Spontandemonstration im Netz kursieren, ist Kohlmanns „Pro Chemnitz“ dabei. Einen Tag später ist der rechte Stadtrat der Veranstalter. Alle seien auf seiner Demonstration willkommen, hatte Kohlmann öffentlich angekündigt, gesagt, auch die NPD. „Wir kanalisieren den Volkszorn hoffentlich.“ Die Teilnehmer sollten nur auf Parteifahnen verzichten.

Am Montag dann, als NPD-Kader, freie Kameradschaften, vorbestrafte Hooligans und Rechtsextreme aus ganz Deutschland seinem Aufruf gefolgt sind, spricht Kohlmann am Karl-Marx-Monument im Chemnitz zu den Menschen. Die Stimmung ist aggressiv. Viele der Anwesenden haben Deutschlandfahnen dabei. „Einen Fuchs kann man nicht in den Hühnerstall integrieren“, sagt Kohlmann etwa. Oder: Diejenigen, die sich nicht „an unsere Regeln“ halten, müssten dieses Land verlassen. Nach Osten, damit meint er das Morgenland.

Hass auf alle, die nicht deutsch aussehen

Aber auch in den Westen wolle er manche Leute zurückschicken: Politiker, Journalisten, Polizeipräsidenten, Richter „und sonst was“, die da oben eben. In seiner Erzählung vereinen sich die Kernelemente des zeitgenössischen Rechtsextremismus. Der Tritt nach unten, der Hass auf all die, die nicht deutsch sind oder so aussehen. Und ein Hass auf die vermeintlichen Eliten und die Globalisierung und wohl auch jene triste Moderne, der er, tragischerweise, selbst angehört.

Es ist Kohlmanns Bewegung, die am Dienstag, als bundesweit die Schlagzeilen über die Schande von Chemnitz und die überforderte Polizei zu lesen sind, auf Facebook postet: „Wir haben gestern in Chemnitz eine Stimmung erlebt wie seit 1989 nicht mehr. Auch damals ahnte keiner, wie schnell sich die Zeiten ändern können. Die massiven Lügen der Presse zeigen nur deren Hilflosigkeit.“ Und am Dienstagabend, als offenbar aus Polizeikreisen der Haftbefehl gegen einen der beschuldigten Täter an Rechtsextreme durchgestochen wird, veröffentlicht seine Bürgerbewegung „Pro Chemnitz“ das Dokument auf seiner Facebook-Seite, bis es später gelöscht wird.

Kohlmann ruft zu Protesten auf, die AfD ruft zu Protesten auf. Das wird der nächste Schaulauf von Rechtsaußen. Es läuft wieder, für Kohlmann und das Chemnitz, das er sich wünscht.

Einem Reporterteam der ARD sagt Kohlmann, die Veröffentlichung halte er für vom Presserecht gedeckt. „Die Weitergabe an uns ist natürlich problematisch. Aber die haben wir nicht zu verantworten.“ Ob das wirklich so ist, prüft nun die Staatsanwaltschaft. Fest steht: Kohlmann hat offensichtlich keine Skrupel, eine Straftat für seine politischen Ziele zu nutzen.

Für Donnerstag schließlich ruft Kohlmann erneut zu Protesten auf. Dann wird der Ministerpräsident von Sachsen, Michael Kretschmer (CDU), in Chemnitz erwartet. Nationalisten und selbst erklärte Nationalsozialisten, von denen es in Chemnitz einige gibt, wollen Kretschmer einen ungemütlichen Empfang bereiten. Und dann am Samstag erst: Kohlmann ruft zu Protesten auf, die AfD ruft zu Protesten auf. Das wird der nächste Schaulauf von Rechtsaußen. Es läuft wieder, für Kohlmann und das Chemnitz, das er sich wünscht. Es läuft.

Konzept gegen Nazis: Gentrifizieren

1.900 Meter vom Ratssaal der Stadt entfernt und 1.500 Meter entfernt von Martin Kohlmanns Anwaltsbüro, hinten in der Augustusburger Straße 102, liegt ein Ameisenköder am Fuße einer weißen Kunstinstallation aus Plastik. Dies ist das Lokomov, ein Laden mit gelben, niedrigen Retrosesseln, an dessen Wänden Häkelarbeiten hängen: Eine schwarz-blaue Klitoris, eine braun-weiße Klitoris, eine Klitoris in Türkis und Grau; alle aus Wolle. Das ist die Bar von Lars Fassmann, einem Unternehmer mit 53 Mitarbeitern, der inzwischen 25 Häuser besitzt und aus dem Sonnenberg, dem einstiegen Naziviertel der Stadt, ein Vorzeige­viertel machen will, im Prinzip im Alleingang. Auch Lars Fassmann kämpft für Chemnitz.

Was seit Sonntag in seiner Stadt los ist, bezeichnet Fassmann als „eine ganz neue Qualität“. Den Rechten sei es um eine Machtdemonstration gegangen. Und die Stadt hätte sie zugelassen. Wahrscheinlich können das wenige so gut einschätzen wie er. Fassmann beobachtet als Stadtrat nicht nur die rechten Umtriebe von Pro Chemnitz. Er selbst hat sich mit den Nazis angelegt.

Hier, Stadtteil Sonnenberg, wo heute noch zahlreiche Fenster verhängt sind, weil niemand in den Wohnungen wohnt, hatte er zunächst mal ein Haus gekauft, als ganze Mehrfamilienhäuser hier nur das kosteten, was das Grundstück so gerade noch wert war: 10.000 oder 20.000 Euro, mal auch 30.000 Euro. Das ist noch nicht lange her, das war vor einigen Jahren. Lars Fassmann begann zu kaufen. Erst war es ein Haus und dann waren es ein paar, und heute, sagt er, hat er 25 Immobilien, und was das Besondere an diesem Immobilienbesitzer ist: Er sitzt für die „Volkssolidarität“ im Stadtrat, ein Wählerbündnis, das sich mit den Piraten zusammengetan hat, um überhaupt eine Fraktion bilden zu können. Insgesamt sind auch sie zu dritt, wie die „Bürgerbewegung Pro Chemnitz“.

Ziel: „Räume besetzen“

Wenn es so weitergeht, wird Lars Fassmann den Stadtteil Sonnenberg ganz allein gentrifizieren. Er hat ja schon angefangen. Er macht das extra, auch wenn das unter Linken nicht unumstritten ist. Fassmann sagt dazu: „Für uns gilt das Gleiche wie für die: Wir müssen die Räume besetzen.“ Erst war es das Lokomov, dann das Haus gegenüber, der Musikclub Nikola Tesla, später das Off-Theater Komplex in der Zietenstraße. Fassmann und seine Partnerin Mandy Knospe kauften. Und dann luden sie Künstlerinnen und Künstler ein, die Räume zu beziehen, zu bespielen, zu benutzen. Mal zahlten die etwas Miete, mal durften sie so hinein.

Und so ist in wenigen Jahren etwas entstanden, das aus einem heruntergekommen Viertel, aus dem Problembezirk der Stadt, etwas gemacht hat, das inzwischen Rendite verspricht. Finan­zielle, aber wichtiger wohl: gesellschaftliche Rendite. Denn vor Kurzem war der Sonnenberg nur eines: ein an Altbauten reiches Viertel in einer ansonsten im Weltkrieg zerbombten Stadt. Dieses Viertel allerdings war leer.

„Der Mover und Shaker vom Sonnenberg“

Es geht rasch nach der Wende, zwischen 1990 und 2010, als der Bezirk fast ein Drittel seiner Bewohner verliert. Die Leerstände füllen rechtsextreme Kader, erst nationale Sozialisten und Neonazis aus der Kameradschaftsszene, später eine Gruppe namens „Rechtes Plenum“, die den Stadtteil zu einem „Angstraum“ für Nicht-Rechte, einer „National befreiten Zone“ machen will. Was Dortmund in Westdeutschland, wird Chemnitz-Sonnenberg schließlich für den Osten: ein Versuchsprojekt, um Raum für das „deutsche Volk“ zu schaffen, für Neonazis, die an die Scheiben von Parteibüros spucken – und diese schließlich auch zertrümmern, immer wieder.

Dann, natürlich, trifft es auch Fassmann.

2014, 2015 greifen sie seinen Laden an. Auch im November 2016 verüben Unbekannte einen Sprengstoffanschlag auf das Lokomov. Die Scheiben zerbersten. Kurze Zeit später wird der Laden erneut attackiert. Die Gründe liegen auf der Hand: Fassmann hat Künstler zu Gast. Sie wollen ein Theaterstück aufführen. Es geht um den rechts-terroristischen NSU und sein Wirken in der Region.

Chemnitz, die Stadt der Moderne; Chemnitz, die Stadt des Umbruchs; Chemnitz, die Stadt des – Aufbruchs?

Später, in der Nacht auf den 2. März 2017, gehen erneut Scheiben zu Bruch. Fassmann ist das inzwischen gewöhnt; er würde sich nur freuen, sagt er, als er an einem Dienstagabend in dieser Woche zum Gespräch auf einem der gelben Stühle in seiner Bar sitzt, wenn sie vielleicht im Stadtrat nicht immer so tun würden, als sei das nur eine Bagatelle. „Das war nicht einfach nur ein Böller, das war ein Sprengstoffanschlag. Da war hier alles kaputt.“

Dann lächelt er, etwas beklemmt, denn er lächelt oft.

Lars Fassmann, der Stadtrat der Volkssolidarität, den das Wirtschaftsmagazin brandeins einmal als „den Mover und Shaker vom Sonnenberg“ bezeichnete, „den Mann, der sich aufgemacht hat, Licht in eine der dunkelsten Ecken der Stadt zu bringen“, und seine Partnerin, Mandy Knospe, haben schon einiges erreicht in ihrem Kampf für Chemnitz. Sie wollen nicht weg aus Chemnitz, im Gegenteil. Sie sagen: „Wir haben hier tolle Freiräume, wir müssen sie nur besetzen.“ Knospe, die sich im Programmrat der Stadt Chemnitz dafür engagiert, eine überzeugende Bewerbung zu erarbeiten, damit Chemnitz im Jahr 2025 Kulturhauptstadt Europas wird, will die Kreativen der Stadt sichtbar machen, die Vielfalt. Chemnitz, die Stadt der Moderne; Chemnitz, die Stadt des Umbruchs; Chemnitz, die Stadt des – Aufbruchs?

Was bricht hier auf?

So jedenfalls hat die Stadt ihr Konzept für die Bewerbung genannt: „AUFbruch“. Nur ist, gerade in diesen Tagen, die Frage: Wer bricht hier auf? Was bricht hier auf?

Fassmann ist nachdenklich. Bei den Protesten am Montag seien zwar viele Leute gegen Rassismus und rechte Hetze auf die Straße gegangen. Nicht die nur die Linke. Er befürchtet jetzt, dass viele, die sich nicht klar positionieren wollen, wie auch einige Stadträte, in den Auseinandersetzungen nun nur einen Konflikt zwischen Links und Rechts sehen wollen. Die Causa Chemnitz betreffe aber alle, so Fassmann. Deshalb werde er weiter zu den Gegenprotesten gehen. Am Samstag, wenn die Rechten erneut durch die Stadt ziehen wollen. Am Montag, wenn die Toten Hosen und weitere Bands ein spontanes Solidaritätskonzert gegen rechts veranstalten. So lange eben, wie es nötig ist.

„Chemnitz“, heißt es auf der Internetseite, auf der die „Kulturstrategie“ der Stadt vorgestellt wird, „bietet jenen Raum, in dem Träume wahr werden können.“

Um diesen Raum kämpft Martin Kohlmann, derzeit sehr erfolgreich. Lars Fassmann hält dagegen. Und er braucht Unterstützung.

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15 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • 1989: Die "Wir sind das Volk"-Gröler gelten der der bürgerlichen Presse als



    "Revolutionäre".



    2018: Die " Wir sind das Volk"-Gröler



    werden von derselben Presse als Rechtsradikale oder Mitläufer benannt.



    Historische Lügen rächen sich.

  • Sie wollen nicht verstehen was gesagt wird. Ein Straftäter ist nicht abgeschoben worden obwohl dies möglich war und er lief frei herum obwohl er Straftaten begangen hatte. Diese Fälle häufen sich, natürlich sieht man das nur wenn man es auch will. Ja, die Hetzjagden der Nazischergen sind abscheulich, aber wenn wir Gewalt nicht in den Griff bekommen wird das ganze im Chaos enden.

    • @Klartexter:

      Zwei Anmerkungen für Herrn Klartexter:



      1. Sie sagen "Ein Straftäter ist nicht abgeschoben worden obwohl dies möglich war". Das stimmt so nicht. Er hätte im Mai 2016 auf Grundlage des Dublins-Abkommens nach Bulgarien abgeschoben werden können, und da das nicht geschehen ist, ist die Frist im November 2016 abgelaufen. Nachzulesen hier: www.spiegel.de/pol...den-a-1225820.html Die Abschiebemöglichkeit hat aber nichts damit zu tun, dass er Straftaten begangen hat. Es ist gar nicht bekannt, ob er damals schon straffällig war.

      2. Sie sagen "Er lief frei herum, obwohl er Straftaten begangen hatte", als wäre das an sich schon ein Skandal.



      Das Strafgesetzbuch sieht aber gar nicht für jede Straftat eine Gefängnisstrafe vor. Solange man die Akte des mutmaßlichen Täters nicht kennt, kann man daher gar nicht beurteilen, ob er im Gefängnis hätte einsitzen müssen oder nicht.

      Dadurch, dass Sie Straftat und nicht erfolgte Abschiebung in einen nicht bestehenden Zusammenhang bringen und gleichzeitig implizieren, dass der Mann hätte im Gefängnis sitzen müssen, ohne dass Sie das wissen, konstruieren Sie sich selbst einen dieser "Fälle, die sich" (angeblich) "häufen" und sagen dann ganz richtig, dass "man das nur sieht, wenn man es auch will."

      Es ist vermutlich fast immer so, dass diejenigen, die diese Art Tötungsdelikt begehen, schon vorher einschlägig (Körperverletzungsdelikte) strafrechtlich aufgefallen sind. Wenn dann das Tötungsdelikt passiert ist, denkt jeder "hätte man ihn doch rechtzeitig weggesperrt." Aber man kann einen Straftäter nun mal nur für das verurteilen, was er getan hat und nicht präventiv einsperren um etwas zu verhindern, das er vielleicht noch tun wird.



      So ist der Rechtsstaat - das ist nicht immer befriedigend, aber etwas besseres haben wir nicht.



      Behüten Sie den Rechtsstaat.

  • Immer wieder liest man momentan in den Medien, dass der Fall Chemnitz die Regierung nun endlich aufrütteln wird!

    Liest und hört man aber genauer hin, muss man feststellen, dass von keinem hochrangigen Politiker mehr als ein kurzes Statement zu den Krawallen in Chemnitz verlautbart wurde!

    Wo sind die ach so lauten Äußerungen Seehofers, wo ist das lautstarke "in die Fresse hauen" von Nahles, wann wird Scholz anfangen drauflos zu wettern?

    Von all diesen Politikern war bis jetzt in der öffentlich zugänglichen Presse nicht besonders viel zu hören!

    Kann das daran liegen, dass die Regierung nicht weis, wie mit dieser Angelegenheit umzugehen ist???

    Seit Jahren wissen die Deutschen, dass es ein Neonaziproblem in Deutschland gibt, weit über die AFD hinaus, aber es wird doch weitestgehend totgeschwiegen, da es der Politik bis zum heutigen Tage nicht gelungen ist, eine Strategie gegen äußerst Rechts aufzustellen!

    Nicht erst der Erfolg der AFD zeigt auf, dass immer mehr Menschen sich von der deutschen Regierung abkehren!

    Keiner der Regierenden gibt an, eine Lösung zu sehen, mit der er die Menschen wieder in das Boot der deutschen demokratischen Mitte zurück holen zu können, da sie sich alle nicht die Mühe machen direkt mit den Bürgern in den Dialog zu treten, sondern fast ausschließlich die Meinung des Volkes durch Umfragewerte repräsentiert zu sehen!

    Die Regierenden haben bis zum heutigen Tage nicht erkannt, dass es nicht nur um die Migration geht, sondern dass die Migration als Synonym für alle Missstände der Politik herhalten muss, denn auch die Menschen haben begriffen, dass nur wenn über dieses Thema mit großer Lautstärke geschimpft wird, nehmen die Politiker Notiz von den Demonstranten.

    Alle anderen Themen, die den normalen Arbeiter oder Angestellten bewegen, werden von den Politikern als unbegründete Angst abgetan!

    Es ist allerdings nicht Unbegründet, bei ständig wachsenden Kosten Haus und Hof verlieren zu können, während Andere auf deren Kosten Reicher werden!?

    • @urbuerger:

      Sehen Sie sich doch unsere Regierenden an: eitel, teilweise weltfremd, arrogant und überheblich, dabei belehrend in volkserzieherischer Manier: von solchen Menschen können sie keine Lösungen mehr erwarten.



      Gestern war unser Bundespräsident hier in Köln in einer " Schule ohne Rassismus". Heile Welt pur, alle haben sich lieb. Er hätte mal einige wenige Kilometer weiter fahren sollen: eine sogenannte Brennpunktschule, gesellschaftliche Realität pur, wer kann, schickt sein Kind nicht auf solche Schule, es soll ja etwas lernen.

  • "Es gibt drei Dinge, die sich nicht vereinen lassen: Intelligenz, Anständigkeit und Nationalsozialismus. Man kann intelligent und Nazi sein. Dann ist man nicht anständig. Man kann anständig und Nazi sein. Dann ist man nicht intelligent. Und man kann anständig und intelligent sein. Dann ist man kein Nazi."



    Gerhard Bronner, österreichischer Komponist

  • Ich habe einmal eine grundsätzliche Anmerkung zu den Vorfällen in Chemnitz: In Deutschland gibt es jedes Jahr über 1.000 Fälle von Mord und Totschlag. Wenn Deutsche Deutsche töten, ist das manchmal aber nur eine Meldung in der Regionalzeitung. Ist aber ein Migrant der Täter, wird eine riesige Staatsaffäre daraus gemacht. Das zeigt doch schon wie latent rechts viele sind. Aber warum wird das nicht in den Medien thematisiert? Das ist eine total ungleichgewichtige Berichterstattung, die nur den Hetzern nützt.

    • @Patrick747:

      Menschen, denen wir hier Schutz bieten, die unsere Gäste sind, haben sich ihr Recht hier zu sein verspielt, wenn sie Straftaten begehen und sogar morden. Der Täter, der Daniel H umgebracht hat, war schließlich der Polizei vorher bekannt, vorbestraft, er sollte abgeschoben werden. Das Opfer "mit Migrationshintergrund" hätte leben können, wenn unser Staat vernünftig funktionieren würde und aus Straftaten von Asylbwerwerbern Konsequenzen ziehen würde. Sowie bei allen anderen auch. Die Oma, die schwarz fährt, können sie ja auch einsperren.

      Also ja es gibt ein Unterschied. Wenn Deutsche Deutsche umbringen, kann man das bei diesen 1000 Fällen bei 80 Millionen Menschen leider meistens nicht verhindern. Bei abgelehnten Asylbewerbern, die trotz Vorstrafenregister frei herumlaufen dürfen, ist das nicht etwas, was nicht zu verhindern wäre. Sie hatten nie ein Bleiberecht, solange man als ausländischer Krimineller überhaupt ein Bleiberecht besitzen kann.

      Das einzige, dass den Hetzern nützt, ist das der Staat nicht gegen kriminelle Asylbewerber und Migranten vorgeht. Denn dadurch wird der Ruf aller die nicht so sind beschädfigt.

      • @Amore:

        Amore, halten Sie sich doch bitte an die beklannten Fakten.



        1. Es ist nicht richtig, dass der mutmaßliche (soviel Zeit muss sein) Täter abgeschoben werden sollte. Er hätte im Mai 2016 auf Grund des Dublin-Abkommens nach Bulgarien abgeschoben werden können, aber da das nicht geschehen ist, lief die Frist im November 2016 ab. Deswegen wurde sein Asylverfahren in Deutschland durchgeführt.

        2. Er war zur Tatzeit kein abgelehnter Asylbewerber. Sein Asylverfahren wurde erst im August 2018 abgeschlossen und sein Asylantrag abgelehnt, der Beschluss wurde drei Tage nach dem Tötungsdelikt zugestellt.



        Und weil er zur Tatzeit kein abgelehnter Asylbewerber war, konnte er auch vorher nicht abgeschoben werden, das ist - ganz unabhängig von hier verübten Straftaten - geltendes Recht, im laufenden Asylverfahren wird niemand abgeschoben.

        3. Um aus dem Fall die Behauptung abzuleiten, dass der Staat "nicht gegen kriminelle Asylbewerber und Migranten vorginge", sollte man eigentlich die Akte kennen, zur Not reicht vielleicht auch das, was Spiegelonline über seine Straftaten schreibt: www.spiegel.de/pan...vor-a-1225863.html



        Die Taten, die dort beschrieben werden, sind nicht ausreichend, um ins Gefängnis zu kommen, ich kann hier nicht sehen, dass der Staat anders gegen ihn vorgehen hätte können oder sogar müssen.

        Das Strafgesetzbuch gilt übrigens für alle gleichermaßen, egal ob sie Deutsche sind oder nicht. Es gibt kein schärferes Vorgehen gegen Flüchtlinge als gegen Einheimische, das wäre grundgesetzwidrig, Artikel 3, Gleichheit vor dem Gesetz.

        Wir sollten auch angesichts von aufwühlenden Tötungsdelikten das Grundgesetz hüten.

        • @Kolyma:

          Zu 1. Sie bestätigen , dass er abgeschoben werden konnte. Sein Asylabtrag hätte nach dem Dublin-Abkommen in Bulgarien stattfinden sollen.

          Zu 2. Das der Bescheid erst drei Tage später zugestellt wurde, ändert nichts an der Tatsache, dass er abgelehnt wurde und momentan kein Bleiberecht in Deutschland besitzt.

          Zu 3: Nach der Welt war der Iraker wegen gefährlicher Körperverletzung auf Bewährung.



          Nach § 224 des Strafgestzbuches :Gefährliche Körperverletzung



          (1)Wer die Körperverlezung begeht, [...] wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.



          Bertug kann nach § 263 des Strafgestzbesuches, was bei „Totalfälschung der Papiere“ defintiv vorliegen sollte, ebenfalls bei „ durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“.

          Das deutsche Gesetz mein*e Liebe*r ist sehr dehnbar. Wenn ich eine gefährliche Körperverletzung begangen hätte gegenüber einen Asylanten aber auch gegenüber einen anderen Deutschen, wäre ich wahrscheinlich nicht nur mit einer Bewährung davon gekommen. Oder was glauben sie, welche Konsequenten ich erfahre, wenn ich mit totalgefälschten Papieren auffliege?

          Sie haben Recht, das deutsche Gesetz sollte für alle gleich gelten. Aber die milderne Auslegung gegenüber Straftaten gerade solcher Problemengruppen ist ein schwerliegendes Problem. Gerade eben für die Flüchtlinge, die tatsächlich unseren Schutz benötigen und die sich hier integrieren wollen. Sie leiden unter dieser inkonsequenten Strafverfolgung, da sie in der Angst leben für die Taten der anderen verantwortlich gemacht zu werden und sich dadurch ihre Chancen auf Wohnung und Arbeit verringern. Zweitens sehr oft sind gerade Asylanten selber Opfer von Körperverletzungen von Asylanten.



          Denen helfen wir ja genauso wenig wie dem "Deutschem".

      • @Amore:

        sehe ich anders. zumal es in anderen regionen deutschlands nicht zu solchen hetzjagden kam... und deutsche mörder hätten vielleicht auch vorher "weggesperrt" werden können?! woher wollen sie das wissen?

  • Eieiei, da ist das Kunstwort der "AUFbrüche" schneller Realität geworden, als die Stadtvorderen gehofft hatten. Vielleicht werden wir jetzt gerade Kulturhauptstadt? Vielleicht bekommen wir endlich eine zweigleisige, elektrifizierte Bahnstrecke nach Lepzig (die nicht über Glauchau führt)? Vielleicht sind Naziaufmärsche das einzige, womit man die Regierung aufrütteln kann?

    • @Energiefuchs:

      Fragen über Feagen, die sich ein dumpfer Geist am frühen Morgen so stellt.

      Eine andere Feage: Ist ein Faschist einfach ein Faschist, wenn er ideologische Merkmale dieser Bewegung vertritt?

    • @Energiefuchs:

      Zitat: „Vielleicht sind Naziaufmärsche das einzige, womit man die Regierung aufrütteln kann?“

      Je nun. Auf einen Aufbruch mehr oder weniger scheint es Ihnen ja schon nicht mehr anzukommen, werter ENERGIEFUCHS, richtig? Ich bitte Sie nur zu bedenken: Wer oder was aufbricht, wenn Nazis mit ihren Aufmärschen rütteln an einer Regierung, ist lange noch nicht ausgemacht. Tät mich nicht wundern, wenn Regierungen sich über die Jahrhunderte recht ähnlich wären.

      Regierungen bestehen schließlich auch aus Menschen. Aus Menschen, die häufig ein sehr spezielles persönliches Verhältnis zum Phänomen Macht haben. Aus Menschen, die seltsame Träume träumen. Träume, in denen sich sehr viele Andere brav ihrem Kommando unterwerfen. So, wie sie selber sich ja auch brav unterworfen haben, um da hin zu gelangen, wo sie jetzt sind.

      Nein, wenn ich so drüber nachdenke glaube ich eigentlich nicht, dass Naziaufmärsche positive Folgen haben können. Außer noch mehr Gewalt hat Gewalt überhaupt keine Folgen meiner Erfahrung nach. Aber wie tönt der Volksmund so schön in Chemnitz und auch anderswo? "Stoßen wir auf und brechen ins Horn..." – oder so ähnlich. Viel Spaß noch dabei.