Ausschreitungen in Amsterdam: Gewaltexzesse nach dem Abpfiff
Nach einem Fußballspiel zwischen Ajax Amsterdam und Maccabi Tel Aviv werden israelische Fans angegriffen. Mindestens fünf Menschen werden verletzt.
![Fußballfans im Nebel. Fußballfans im Nebel.](https://taz.de/picture/7344203/14/36976992-1.jpeg)
Der Sicherheitsstab aus Bürgermeisterin, Polizeichef und Staatsanwaltschaft spricht von einer „sehr unruhigen Nacht“, in der „an mehreren Orten in der Stadt Anhänger belästigt und mit Feuerwerkskörpern beworfen wurden“. Mehrmals habe die Polizei eingreifen müssen „um israelische Fans zu beschützen und zu ihren Hotels zu begleiten“.
Die Lage eskalierte nach dem Europa League-Spiel des Maccabi- Teams gegen Ajax Amsterdam. Bürgermeisterin Femke Halsema meldete auf Instagram, die Angreifer seien „aktiv auf die Suche nach israelischen Fans gegangen um sie anzugreifen und zu misshandeln“.
Dick Schoof, der niederländische Premierminister, sprach von „Hit-and-run-Vorfällen“. Social-Media-Videos zeigen Jagdszenen im Zentrum der Stadt, bei denen Menschen verfolgt und angegriffen werden. Ein Verletzter, wehrlos auf dem Asphalt liegend, wird mehrfach getreten, bevor die Täter flüchten.
Eine Maccabi-Anhängerin berichtete gegenüber dem TV-Sender NOS am Flughafen Schiphol: „Sie sprangen auf alle, die in Gelb (der Farbe des Teams, Anm. d. Red.) herumliefen. Menschen wurden gestochen und geschlagen. Wir verschanzten uns in Hotels, bis es sicher war, um nach draußen zu gehen.“ Ein anderer Fan sagte dem Lokalsender AT5, er sei erst auf dem Weg vom Bahnhof zum Hotel angegriffen worden. Er habe sich hinein retten können, später jedoch habe „eine Gruppe“ die Lobby gestürmt, sodass die Maccabi-Fans sich in ihre Zimmer geflüchtet hätten.
Drei Vermisste
Das israelische Außenministerium geht von zehn Verletzten Israelis aus, drei sollen zudem vermisst sein. Israelische Konsulatsmitarbeiter sind auf der Suche nach ihnen, unter anderem in Krankenhäusern, so die Amsterdamer Tageszeitung Het Parool. Berichte über Geiselnahmen oder entsprechende Versuchen, die in der Nacht kursierten, konnte die Polizei nicht bestätigen. Am Freitagmorgen hieß es, eine Reihe vermisster Personen sei inzwischen gefunden worden.
Während zahlreiche Details noch unklar sind, ist offensichtlich, dass die Angriffe nicht unvorbereitet kamen. Seit mindestens einer Woche waren in der Stadt Plakate geklebt worden, die zu Protesten gegen das Match mit Beteiligung eines israelischen Clubs aufriefen. Vor dem Spiel hatte die Polizei bei einer pro-palästinensischen Demonstration in der Nähe des Stadions eingegriffen, um die Menge nicht zur Johan-Cruijff-Arena kommen zu lassen.
Die noch in Amsterdam verbliebenen Maccabi-Anhänger*innen sollten im Lauf des Freitags mit El-Al-Sonderflugzeugen zurück nach Israel geflogen werden. Unterdessen sprach der israelische Präsident Isaac Herzog von einem „antisemitischen Pogrom“ in Amsterdam. „Dies ist ein schwerwiegender Vorfall, ein Warnsignal für jedes Land, das die Freiheit schätzt“, so Herzog auf X.
Während Politiker*innen wie Dick Schoof, der niederländische Premier, oder EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Geschehnisse verurteilten und ihr Entsetzen ausdrückten, brach der israelische Außenminister Gideon Sa´ar am Freitag nach Amsterdam auf, um sich mit seinem Amtskollegen Caspar Veldkamp zu besprechen.
Chanan Hertzberger, Vorsitzender des niederländischen Zentralen jüdischen Beratungsorgans (CJO) sagte, die Gewaltszenen hätten „Nazi-Deutschland nicht schlecht zu Gesicht gestanden“. Amsterdam und die Niederlande müssten sich „zutiefst schämen, vor allem am Vorabend der Pogromnacht-Gedenkfeier“.
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