Ausbildungsplätze: Fast 2.000 in der Warteschleife
1.910 Schulabgänger landeten in Übergangsmaßnahmen statt Ausbildungen. Die Linke spricht von gebrochenem SPD-Wahlversprechen.
HAMBURG taz | Brisante Zahlen hat Schulsenator Ties Rabe (SPD) präsentiert: Die Daten über den Verbleib der Schulabgänger 2014 liegen vor. Demnach hatten zum Stichtag 15. September nur 1.893 der von den 10. Klassen abgegangenen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz, 1.910 dagegen gingen in die Ausbildungsvorbereitung, das sind 500 mehr als im Vorjahr. Weitere 1.245 wichen in Freiwilligendienste, Bundeswehr oder Auslandsaufenthalte aus oder sind nur noch in Beratung der Jugendberufsagentur, weil sie nicht mehr schulpflichtig sind.
Die Zahlen sind ein Politikum, weil die SPD versprochen hatte, dass jeder Jugendliche Abitur oder Ausbildung erhalten soll, und keiner mehr verloren geht. Zumindest für letzteres ist gesorgt. Bis auf elf Schulabgänger, für die jetzt ein Verfahren wegen Schwänzens eingeleitet wird, blättert Rabes Statistik detailliert auf, wer wo landete. Früher seien 1.000 Jugendlich pro Jahr „verschwunden“, das habe man heute nicht mehr, sagte Rabe.
Auch in anderer Hinsicht hält Rabe die Übergangszahlen für „sehr, sehr erfreulich“. Sind es doch mehr Haupt und Realschüler, die direkt nach der Schule eine Ausbildung finden, als früher. So habe man 450 Jugendliche mehr als 2013 in Ausbildung gebracht. Dies kommt zum Großteil durch den Platzausbau an den Erzieher und Kinderpflegerschulen zustande, der im Zuge des Krippenausbaus nötig war. Doch auch die Vermittlung direkt in Ausbildungsstellen in Betrieben ist um rund 400 auf 1.270 gestiegen. Außerdem haben 40,7 Prozent der Schüler, die 2013 in der Ausbildungsvorbereitung landeten, nach einem Jahr eine Ausbildung begonnen.
Nur bleibt es dabei, dass die Chance, in Hamburg als Haupt oder Realschüler direkt eine Lehre zu ergattern, immer noch bei eins zu drei liegt. Hier hakt auch die Kritik von CDU, Grünen und Linken ein. „Eine Garantie sieht anders aus“, sagt Linke-Fraktionschefin Dora Heyenn. „Mit nur 37,4 Prozent hat der SPD-Senat sein Wahlversprechen zum vierten Mal gebrochen.“ Wenn es mit dem Tempo weiter gehe, müsse Hamburg zehn Jahre warten, bis der SPD-Senat sein Versprechen „einigermaßen erfüllt“.
In Hamburg verließen in diesem Sommer 5.059 Schüler die 10. Klassen der Stadtteilschulen. Im Vorjahr waren es nur 3.731, weil die 10. Klasse erstmals für alle Hauptschüler Pflicht war.
Eine Ausbildung begannen von diesen Schulabgängern 37,4 Prozent. Darunter 25,1 Prozent in Betrieben, 9,5 Prozent an Berufsfachschulen und 2,8 Prozent in außerbetrieblicher Berufsqualifizierung.
In Ausbildungsvorbereitung (AV) kamen 1.910. Davon gingen nur 177 an die Produktionsschulen und 1.733 in die "dualisierte AV" an den Berufsschulen.
Als geklärt gilt der Verbleib der übrigen 24,6 Prozent. Von diesen gingen vier zur Bundeswehr, 197 machen ein Freiwilliges Soziales Jahr, 177 sind im Ausland, 80 machen eine Berufsvorbereitung, 7 sind in Elternzeit, und 394 sind nicht mehr schulpflichtig.
Aus Hamburg abgemeldet haben sich 250 Schulabgänger.
Im Januar 2011 hatten sich SPD, CDU, Grüne und Linke auf eine „Reform des Übergangs Schule/Beruf“ geeinigt, die besagte „Ausbildungsvorbereitung“ (AV) aus drei Tagen Praktikum und zwei Tagen Berufsschule einführte. Jedoch nur für jene Schüler, die noch nicht ausbildungsreif sind. All jene, die das schon sind und trotzdem keine Lehre bekommen, sollten eine staatliche Ausbildung bekommen. 1.100 Plätze waren dafür ursprünglich mal im „Hamburger Ausbildungsprogramm“ vorgesehen. Doch die Zahl dieser Plätze dümpelt seit Jahren im unteren dreistelligen Bereich, während im vergangenen Jahr sogar über 400 Realschulabgänger in die AV mussten.
Der Grund: Die Plätze werden heute „subsidiär“ vergeben. Wer eine staatliche Ausbildung will, muss nachweisen, dass er einen „begründeten Berufswunsch“ hat, für den er „geeignet“ ist, und sich erfolglos, aber motiviert beworben hat. „Die Hürden sind viel zu hoch. Deshalb wird das Programm nicht ausgeschöpft“, kritisiert die Grüne Stefanie von Berg. Die Ausbildungsvorbereitung werde „ad absurdum“ geführt, wenn dort Jugendliche mit Realschulabschluss eine Warteschleife absolvieren.
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