Ausbeutung von Geflüchteten: Ukrainer von Ausbeutung bedroht
Die Berliner Sozialsenatorin Katja Kipping will Geflüchtete vor Ausbeutung schützen. Fälle gibt es vor allem in der Bau-, Reinigungs- und Logisitikbranche.
Rund 3000 ukrainische Geflüchtete kommen laut Schätzungen des Senats derzeit pro Tag in Berlin an. Demnach sind seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine Ende Februar 234.000 Menschen in die Hauptstadt geflohen, 100.000 davon seien geblieben.
Diese Menschen sind laut Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) besonders gefährdet, Opfer von ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen zu werden. Das Berliner Beratungszentrum für Migranten und gute Arbeit (BEMA) habe bereits erste Fälle von „besonders perfider Ausbeutung“ registriert.
Philipp Schwertmann, Fachbereichsleiter Beratungszentrum für Migranten und gute Arbeit
„Die Menschen kennen die Sprache und ihre Rechte nicht und stehen unter Druck, schnell zu arbeiten und Geld zu verdienen“, sagt Philipp Schwertmann, Fachbereichsleiter der BEMA. Diese Situation werde von dubiosen Unternehmen ausgenutzt, die sich nun spezifisch an Ukrainer*innen richten würden. Die Methoden seien nicht neu: In einigen Fällen würde von den Migrant*innen verlangt, ihren Pass abzugeben, um einen Job zu bekommen. Andere würden in die Scheinselbstständigkeit oder in ausländische Arbeitsverträge gedrängt, um Arbeitsrechte zu umgehen und Löhne zu drücken. Vor allem in der Baubranche, bei Reinigungsfirmen und Lieferdiensten beobachte man dubiose Stellenangebote.
Zwar lassen sich laut Schwertmann aus den beobachteten Einzelfällen noch keine repräsentativen Zahlen nennen. Sozialsenatorin Kipping geht jedoch davon aus, dass diese „nur die Spitze des Eisbergs“ sind. Mit Beratungen, Schulungen und Flyern zu Arbeitsrecht will BEMA die Ausbeutung von Migrant*innen verhindern. „Wir sind auf dem Weg, das Beratungsangebot auszuweiten“, so Kipping. So sollen etwa künftig auch in Flüchtlingsunterkünften Beratungen stattfinden.
Mehr Arbeitsrechtsverstöße erwartet
Der Berater Sergiu Lopatä geht davon aus, dass die Zahl der Arbeitsrechtsverstöße noch zunehmen wird. Eine Lösung sieht er in der schnelleren Anerkennung von Berufsabschlüssen. Diese dauere zurzeit drei bis vier Monate oder länger.
Kipping appellierte erneut an die ukrainischen Geflüchteten, sich registrieren zu lassen. Damit gehe auch der Anspruch auf Sozialleistungen einher, was den Vorteil habe, „dass man nicht jede Arbeit annehmen muss“. Ab dem 1. Juni können Geflüchtete aus der Ukraine über die Jobcenter Hartz IV oder Sozialhilfe beziehen, statt wie bisher über die Sozialämter. Dafür ist laut Vorgaben des Bundes jedoch eine erkennungsdienstliche (ED) Behandlung notwendig.
Da diese zu Beginn oftmals nicht erfolgt ist, müssen sich rund 20.000 der 55.000 bislang registrierten ukrainischen Geflüchteten nachträglich einer ED-Behandlung unterziehen, um Sozialleistungen zu erhalten. Für Menschen mit Aufenthaltstitel soll es dafür eine fünfmonatige Übergangsfrist geben. Geflüchtete, die nur eine Online-Registrierung haben, bekommen bis zu ihrer ED-Behandlung kein Geld.
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