Kampagne gegen Menschenhandel in Berlin: Seife gegen Sklaverei

Menschen aus Asien, Afrika oder Osteuropa schuften in Berlin zu unwürdigen Bedingungen. Der Verein Ban Ying versucht sie mit ungewöhnlichen Mitteln zu erreichen.

Eine schöne Frau an einem paradiesischen Strand, im Vordergrund eine Seifenschachtel; ein poppiges Plakat für das neueste Handy: So sieht die Werbekampagne von Ban Ying aus. Doch Ban Ying verkauft weder Seife noch Handys. Die Fachberatungsstelle will mit den Plakaten Frauen und Männer erreichen, die als Arbeitskräfte unter menschenunwürdigen Bedingungen ausgebeutet werden.

Seit 2005 ist "Menschenhandel zum Zwecke der Ausbeutung der Arbeitskraft" ein eigener Tatbestand im Strafgesetzbuch. Bis zu zehn Jahren Haft drohen Arbeitgebern, die die Hilflosigkeit einer Person in einem ihr fremden Land für Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder zur ausbeuterischen Beschäftigung ausnutzen. In den vergangenen Jahren haben in diesem Zusammenhang vor allem zwei Fälle in Berlin für Aufsehen gesorgt. 2008 wurde bekannt, dass ein jemenitischer Diplomat seine indonesische Hausangestellte jahrelang in seiner Wohnung am Potsdamer Platz eingesperrt und geschlagen hat, sie bis auf 35 Kilo runterhungern ließ. 2009 ging eine äthiopische Frau mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit. Als Spezialitätenköchin wurde sie eineinhalb Jahre lang in einem Berliner Restaurant wie eine Sklavin gehalten, hatte für die gesamte Zeit nur 500 Dollar Lohn erhalten. In beiden Fällen betreute Ban Ying die Opfer.

Auf den ersten Blick sind das nur spektakuläre Einzelschicksale: Gerade mal sieben Fälle kamen 2008 in Berlin zur Anzeige, 2009 war es nur einer. Doch die Dunkelziffer soll wesentlich höher sein. "Die wenigsten Opfer sind bereit oder in der Lage, Anzeige zu erstatten", sagt Heike Rudat, Dezernatsleiterin beim Landeskriminalamt. Zudem hätten "die Täter in der Regel eine legal wirkende Fassade aufgebaut", etwa mit normalen Arbeitsverträgen in Restaurants. In Privathaushalten sei es zudem fast unmöglich, den Menschenhandel durch Kontrollen aufzudecken.

Deshalb will Ban Ying auch den Opfern selbst die Möglichkeit geben, auf ihre Zwangslage aufmerksam zu machen. "Dreh- und Angelpunkt unserer Bemühungen sind die Betroffenen", sagt Projektkoordinatorin Nivedita Prasad. Mit der Unterstützung des Senats für Wirtschaft, Technologie und Frauen hat die Organisation eine Kampagne erarbeitet, die sich ganz gezielt an die Betroffenen richtet. Weil diese in der Regel kaum aus dem Haus gehen dürften, rollen Werbeplakate in Stil und Sprache der Herkunftsländer nun auf Motorrollern durch die einschlägigen Diplomatenviertel am Potsdamer Platz und in Grunewald. Auch in asiatischen Supermärkten und Afro-Shops werden die Plakate hängen. Kleine Seifenschachteln werden wie Werbegeschenke an mögliche Opfer verteilt und enthalten Telefonnummer und Sprechzeiten der Beratungsstelle.

In Berlin ist moderne Sklaverei trotz der niedrigen Fallzahlen kein randständiges Thema mehr. Auch das 2009 gegründete Berliner Bündnis gegen Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung (BBGM) will die Dunkelziffer erhellen. An einem runden Tisch wollen die Internationale Organisation für Migration, Senatsverwaltung, Deutscher Gewerkschaftsbund und die Internationale Arbeitsorganisation Forschung und Aufklärung vorantreiben und die bestehenden Strukturen und Organisationen vernetzen.

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