piwik no script img

Ausbeutung bei LieferdienstenUneasy Rider

Fünf Monate arbeitete unsere Autorin als Fahrerin beim Lebensmittel-Lieferdienst Flink. Nicht nur ihr Handy ist dabei kaputt gegangen.

Es ist Knochenarbeit Foto: Robin Utrecht/picture alliance

Ein Tag im Oktober 2021, Arbeitsbeginn 17 Uhr. Mit Herzklopfen fahre ich auf den Laden zu. Die knallpinken Schaufenster wirken auf mich inzwischen wie ein Warnsignal. Meine Hände sind feucht, als ich mein Fahrrad absperre, meine Ohren spannen sich an. Am Eingang stehen bereits zwei große viereckige Rucksäcke in pink mit dem silbernen Logo „FLINK“, darauf ein kleines Post-it mit einem Namen. Eine neue Bestellung. Ich schlängele mich durch Fahrräder und Palettenwagen voller Lebensmittel, ständiges Handy-Gebimmel weist auf immer neue Bestellungen hin. Ich logge mich im Ladensystem ein, miete mir ein E-Bike, schnappe mir einen Helm, nehme mir einen der Rucksäcke am Eingang und düse genervt wieder los.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

So unmotiviert und beinahe panisch war ich nicht immer. Als ich im vergangenen Mai den Minijob bei Flink begann, einem Online-Supermarkt mit Direktauslieferung, war ich durchaus guter Dinge. Ein Freund hatte mir die Stelle empfohlen: Die Menschen seien cool drauf, es werde sich um die Mitarbeitenden gekümmert, und kleine Gimmicks, wie mal übrig gebliebene Lebensmittel mitnehmen, seien auch drin. Außerdem konnte ich flexibel meine Schichten einteilen, es wurde Sommer und ich fahre sehr gern Fahrrad – so why not?

Bei Flink gibt es – ähnlich wie beim direkten Wettbewerber Gorillas, der zuletzt immer wieder wegen schlechter Arbeitsbedingungen in der Kritik stand – „Picker“, „Rider“ und „Hubmanager“. Kommt eine Bestellung, klingelt das Handy der Picker. Sie holen die Ware aus insgesamt zig Regalen, Tiefkühlschränken und Kühlschränken und packen sie in einen Rucksack. In der Zwischenzeit zeigt die App den Ridern eine neue Lieferung an, ei­ne:r von ihnen schnappt sich den Rucksack und fährt zur angegebenen Adresse. Alles in zehn Minuten, so das Produktversprechen. Vor Ort wird der Empfang bestätigt, dann geht es zurück.

Ich bewarb mich auf einen Rider-Job in Hamburg. In unserem Hub, so werden die Warenlager genannt, war es von Anfang an chaotisch. Die zwei Meter hohen Palettenwagen mit neuen Waren standen ständig im Weg. Anfangs waren wir überbesetzt, konnten nur warten. Drinnen war es stickig, also tummelten wir uns auf dem Hof, zwischen knapp 30 Rädern. Doch das war okay. Wir erzählten von unseren Fahrten und das Einzige, worüber wir uns ärgern mussten, waren die Kund:innen, die kein Trinkgeld gaben. Wir lachten über Leute, die eine Packung Klopapier bestellten, und freuten uns über das Obst und Gemüse, das wir abends mit nach Hause nehmen durften.

Diese Stimmung hielt nicht lange. Nervig wurde es, als im Juli auf einmal der Hub verschwunden war. Ich hatte ein paar Tage frei gehabt, war an die alte Adresse gefahren, aber da war nichts mehr. Das Warenlager war umgezogen, eine Nachricht darüber hatte ich nicht bekommen. Es hatte zwar eine Information über den Messengerdienst Slack gegeben, der kurz zuvor eingeführt worden war, aber ich hatte dazu keine Einladung erhalten.

Hub heißen die Warenlager, wo die Picker die Bestellungen einsammeln Foto: Robin Utrecht/picture alliance

Der neue Hub war um einiges größer, es gab sogar Sofas, aber keine Klimaanlage. Wegen der Hitze stellten wir uns also wieder vor die Tür, diesmal auf den Bürgersteig direkt an eine befahrene Straße. Die Nachbarschaft war not amused. Bald hingen Zettel an den Häuserwänden, die erklärten, wie gute Nachbarschaft auszusehen habe. „Die Bereiche (1–2 Meter) direkt neben dem Hauseingang sollten frei bleiben“, stand dort unter anderem. Meinte: Draußen rumhängen verboten.

In meiner Oktoberschicht bin ich nun seit knapp zwei Stunden unterwegs. Bei einer Tour muss ich mit zehn Litern auf dem Rücken in den fünften Stock. Fahrstuhl? Keiner. Trinkgeld? Nix. Mein Knie schmerzt mittlerweile ziemlich. Im Hub ignoriere ich den schon bereitstehenden Rucksack und laufe in die Küche, ich brauche ein Glas Wasser. Ich treffe zwei Kollegen, die sich Kaffee nehmen. „Es ist eine Katastrophe“, sagt der eine, als ich frage, wie es ihnen inzwischen hier geht. „Die ersten zwei Monate waren gut, aber jetzt … wenn ich einen anderen Job finde, bin ich hier weg.“

Viele teilen diese Meinung. Aber für die meisten ist es schwer, eine andere Anstellung zu finden. Wer bei Flink arbeitet, muss keine Referenz, kein Zeugnis vorweisen. Die Bewerbung ist ein Onlineformular, in das man eine Adresse und Telefonnummer tippt. Meine Kol­le­g:in­nen kommen aus Deutschland, Portugal, Italien, Syrien, Tunesien, Südafrika. Es sind Studierende, Asyl­be­wer­be­r:in­nen und viele junge Erwachsene, die während der Pandemie ihre Arbeit verloren haben.

Die Zahl der Bestellungen ist stark gestiegen, seit etwa August gehen minütlich neue im Hub ein. Meine sechs- bis achtstündigen Schichten verbringe ich oft ohne Pause auf dem Fahrrad. Die Stimmung wird angespannter. Es gibt Tage, an denen im Laden vier Wagen voll mit Obst und Gemüse neben fünf Wagen Hygieneartikeln und Trockennahrung stehen, dann kommt der Fisch, anschließend noch das Fleisch und schließlich die Alkohollieferung. Und dann sind da noch eine ganze Menge E-Bikes.

Mein Knie tut mittlerweile so weh, dass ich nicht mehr aufs Rad steigen kann. Also helfe ich im Lager. Auch hier frage ich einen Kollegen, was ihn hier hält. „Geld!“, kommt die Antwort prompt. Wir verdienen 10,50 Euro die Stunde. „Es ist mein Lebenstraum“, sagt eine Pickerin ironisch, die an uns vorbeidüst. „Ja, aber auch weil hier coole Leute sind. Sonst würde ich es nicht machen.“

Das sagen viele: Wären die Kol­le­g:in­nen nicht, wären wir alle schon längst weg. Denn ansonsten ist der Unmut groß. Da ist die Buchhaltung, die manchen das Gehalt auch mal zwei Monate zu spät schickt. Da ist die neue App, die mittlerweile sogar unsere Rückfahrt trackt, die uns aber gleichzeitig manchmal an die komplett falsche Adresse schickt oder ständig hängt. Auch müssen wir unsere eigenen Handys nutzen, auf die wir drei verschiedene Akku fressende Apps downloaden – ohne Zuzahlung mobiler Daten. Und dann ist da die sogenannte Ridercare, eine E-Mail-Adresse, an die wir uns mit sämtlichen Belangen wenden können, von der wir oft aber erst Tage später oder gar keine Antwort erhalten.

Der Freund, der mir den Job empfohlen hatte, ist bereits weg. „Es werden einige kündigen. Weil sich hier ein paar Menschen mit Verantwortung neue Regeln erlauben, die einfach gar nicht gut ankommen“, sagt mir ein Kollege. Übrig gebliebene Lebensmittel sollen wir auch nicht mehr mitnehmen.

Das System fördert unüberlegten Konsum Foto: Robin Utrecht/picture alliance

Seit Neuestem werden mir auch einfach Schichten zugeteilt, ohne Absprache. Normalerweise konnten wir uns eine Woche vorher in der App „Shyftplan“ für Arbeitseinsätze bewerben. Nun wurde mir eine bereits bestätigte Schicht an einem Freitag unkommentiert durch zwei Spätschichten am Mittwoch und Samstag ersetzt. Ich hatte keine Zeit und konnte letztlich in der Woche gar nicht arbeiten. Als ich bei Slack nach einer Antwort suchte, sah ich, dass ich nicht die Einzige mit dem Problem war.

Das System hinter Flink versteht niemand so recht. Ich blicke gar nicht mehr durch, an wen ich mich für was wenden kann, die Zuständigkeiten ändern sich gefühlt wöchentlich. Die Warenverteilung an die Hubs läuft auch nicht. Alles kommt aus Berlin und angeblich kontrolliert eine App, was wo fehlt. Aber ständig werden massenhaft Waren geliefert, die wir bereits haben. Hubmanager, die ihre Schicht um 7.30 Uhr starten, sind deswegen oft noch um 19 Uhr da. Einmal helfe ich meinem Kollegen bis Mitternacht, die Waren einzusortieren. Am nächsten Tag kommt er mit tiefen Augenringen in den Laden, er hat erst lange nach mir Feierabend gemacht.

Trotzalledem steige ich doch wieder aufs Rad. Die Pickerin drückt mir einen Rucksack entgegen und sagt lachend: „Der sollte deinem Rücken nicht schaden.“ Ich schaue nach: Es liegen sieben Maracujas drin.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Mich macht das Konzept immer skeptischer. Wie sinnvoll ist es, einen Service anzubieten, mit dem du die Menschen ihren Konsum so vervielfachen können? In zehn Minuten alles da, direkt vor der Tür – ich habe das Gefühl, das Resultat ist eine noch faulere Gesellschaft, und wertgeschätzt wird die Arbeit auch nicht. Einmal sind wir zu zweit bei einem Kunden aufgetaucht, er hatte knapp zwei Kisten Bier bestellt. Als er die Tür öffnete, war er ganz überrascht: zwei Rider? Ja, Entschuldigung, wie soll man den Kram denn sonst schleppen? Er gab einen Euro Trinkgeld.

Am Ende meiner Schicht im Oktober schiebe ich das Rad den Gehweg runter, weil man hier in die entgegengesetzte Richtung nicht fahren darf. Es ist meine letzte Fahrt für heute. Und für immer. Im Kopf schreibe ich bereits meine Kündigung. Schneller Blick aufs Handy: die nächste rechts. Akku bei 49 Prozent. Dann geht der Bildschirm plötzlich aus. Keine Panik, ich bin gut in der Zeit. Handyknopf wieder an, der Bildschirm wird hell, blaue Blubberblasen erscheinen auf dem Screen. Dann ein Vibrieren, der Akku zeigt 0 Prozent, der Bildschirm wird wieder schwarz.

Neben meinem Knie, meinem Rücken, meiner Motivation und meiner Lust am Fahrradfahren hat dieser Job auch mein Handy geschrottet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

29 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "Es wird allerhöchste Zeit, dass wir ein Röhrensystem in jede Wohnung verlegen"

    Es wird allerhöchste Zeit, dass wir Füße erfinden mit denen die Menschen selbst einkaufen gehen können. Aber das ist wohl zu futuristisch.

  • Die Verwendung von Slack am Arbeitsplatz dürfte nicht erlaubt sein, oder? Wegen GDPR/DSGVO? Mal die Datenschutzbehörde gefragt?

  • Es wird allerhöchste Zeit, dass wir ein Röhrensystem in jede Wohnung verlegen wie bei Futurama aber für Warensendungen. Oder was ähnliches.



    Die technischen Fortschritte was Logistik angeht weisen ziemlich eindeutig in diese Richtung. Das ist doch verrückt sowas von Menschen machen zu lassen!



    Man könnte sich soviele Monopole, Geschäfte, Verkehr etc. sparen, wenn wir ein universelles Röhrensystem hätten, das jeder Nutzen kann.

    • @cuddiwazoom:

      Es gab mal eine Zeit, Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts, dass diese Form Rohrpost genannt, in vielen Städten zu finden war. Halt nicht in jede Wohnung.

      Bis auf wenige Ausnahmen ist die Rohrpost jedoch leider verschwunden. Lediglich in Krankenhäusern und großen Arztpraxen vielleicht auch Ärztehäuser kann man eine Rohrpost antreffen.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Ja, wobei ich glaube, dass die damals nur mit Unterdruck bewegt wurden. Unterdruck verringert natürlich Reibung und ist somit energietechnisch total erstrebenswert.



        Aber um ein neues Modell mit zursätzlichem eigenen Antrieben wie bei hyperloop wird man nicht drum rum kommen. Bei dem Transport unterschiedlicher Größen müsste man auch für die Energieeffizienz eine Lösung finden. Aber logistisch und technisch ist das schon möglich wenn man wirklich will.



        Wäre eigentlich ein geiles Modellprojekt für eine Stadt!



        Ich fänd das so cool, wenn man alles ohne die Tür zu öffenen in die Wohnung/ oder auch nur ins Haus kriegt - evt. erstmal auch gemeinschaftshubs anstatt anschluss an wohnungen.



        Ausserdem könnte man so Unternehmen wie Amazon ihre Monopolstellung natürlich wegnehmen, weil der Zugang zu dieser Technologie einen großteil dessen logistischen Vorteils nimmt und ihn im Markt ausgleicht!

    • @cuddiwazoom:

      Datieren bitte kennzeichnen.

  • Warum muss man überhaupt innerhalb von 10 Minuten eine Warensendung bekommen? Sind wir eigentlich völlig verrückt geworden? Das ist moderne Sklavenhaltung. Solange ich noch selber einkaufen kann, werde ich das tun. An der Kasse herrscht allerdings ebenso ein Stress. Manchmal frage ich, wie ich dort eigentlich einkaufen soll, wenn ich 80+ bin. Antwort der Kassiererin: "dann lassen Sie sich den Einkauf sowieso nach Hause liefern." Das werde ich so lange wie möglich hinauszögern, Leute!

  • Okay, es ist körperlich anstrengende Arbeit. Mit Mindestlohn. Die Abläufe sind chaotisch. Okay. Das betrifft die Hälfte aller Unternehmen. Jammern auf hohem Niveau.

    • @Vasco Schultz:

      "Opinion discarded" würde es nun heißen.



      Doch was ist an der Kritisierung unfairer Bedinungen nun "jammern"?

  • Neben diesem ganzen Mist bzgl. der Arbeitsbedingungen ist es doch vor Allem eine Frechheit, sich als Lebensmittelhändler in den Markt reinklemmen zu wollen, den Leuten über kurz oder lang Dreck mit Marge anzubieten, wohl wissend, dass viele halt doch nicht zurückschicken und das wird womöglich als marktwirtschaftliche Innovation an der Börse gefeiert. Mafia-Prinzip, genau wie Amazon: Sich mit Risikokapital reindrücken, dafür sorgen, dass ohne einen nix geht und fett die Hand aufhalten. Das ist nicht mehr freier Markt, sondern Zentralverwaltungswirtschaft aus privater Investorenhand.

  • Das Problem am Trinkgeld ist die Tatsache, dass es als Lohnzuschuss vom Arbeitgebenden fest eingeplant wird, jedoch von der Kundschaft geleistet wird. Ein schlechtes Konzept. Trinkgeld ist in meinen Augen eigentlich dafür da, außerordentliche Leistung außerordentlich zu honorieren. Bei Kellner/innen oder im Imbiss kann ich die Leistung vielleicht noch beurteilen, bei Kurrierdiensten nicht. Also gebe ich auch nicht per se irgendwo Trinkgeld, um schlechte Bezahlung nicht noch strukturell zu stützen.

    • @Saturday:

      @Saturday: Das liest sich für mich so als versuchten Sie einer geizigen (und m.M.n. unanständigen) Grundhaltung einen noblen Weltanschauungs-Mantel überzuziehen. Habe in den neuzigern als Fahrradbote gearbeitet und damals gabs tendeziell umso weniger Trinkgeld je wohlhabender die Kundschaft war.

    • @Saturday:

      Das, und dazu kommt auch noch: Wenn ich für 100 oder 150 Euro im Restaurant essen gehe, lasse ich auch schon mal 10 oder 15 Euro Trinkgeld da. Aber wenn ich mir zwei Kisten Bier für 5 oder 6 Euro die Kiste bestelle (was ich nicht tue, ich nutze diesen Dienst nicht), gebe ich doch nicht nochmal 10 Euro Tringeld drauf. Klar, die beiden Lieferanten hatten mit den zwei Kisten Bier deutlich mehr Arbeit, als der Kellner, der das Essen gebracht hat, aber der Warenwert war einfach deutlich geringer.

  • Wirklich Schade wie aus einer Coolen Idee einem Coolem Unternehmen ein Matyrium für Coole Mitarbeiter wird.



    Alles nur Organisations und Management was bei nicht pünktlicher Zahlung selbst den treusten Mitarbeiter vergraulen sollte, dass Unternehmen wird es Schwer haben wenn es ständig gute Leute verliert.



    Was bei nicht vorhandener Komunikation zu den Mitarbeitern und der gewählten Lage des Lagers alles zusammen schon keine gute Vorauusetzung ist. Aber manchmal Funktioniert genau das, wer Top Fit ist hätte immer noch das Problem mit der Lohnzahlung.

    • @Menetwork:

      Ich bezweifele, daß die Idee oder das Unternehmen je "cool" waren.

      Die meisten Menschen haben zwei gesunde Füße und können selbst einkaufen gehen.

      • @Yvvvonnne:

        Erstmal 8-10 Std. arbeiten gehen, mit vielleicht 1,5-2 Std. Fahrweg pro Tag. Dann vielleicht nicht den Supermarkt um die Ecke haben. Dann vielleicht nicht, jung, kräftig und ausdauernd die Einkauf-Kilos nach Hause befördern. Dann vielleicht...



        P.S.: Sie würden sich wundern, wieviele Menschen in D Probleme mit den Füßen, oder den Knochen/Muskeln darüber haben! ;)

  • willkommen im strampel-dich-ab-kapitalismus ...

    und die app-user freut's, wenn sich ein anderer die knie ruiniert. für lau.

    günter wallraff beobachtet die fahrrad-junkies, die ihr hobby zur pseudobeschäftigung machen, aus der ferne.

    • @adagiobarber:

      Fahrrad-Junkies? Willkommen in der Sprache aus dem Axel-Springer-Palast in dem sämtliche Mit-Menschen in Schub-laden gesteckt werden können, nur weil sie etwas mit Leidenschaft tun. Was bist du: Autosüchtiger?

  • Erstaunlich finde ich vor allem, wie anscheinend nur ein paar Kleinigkeiten zwischen einem coolen, erfüllenden Job und einem frustrierenden liegen, bei dem man innerlich schon gekündigt hat. Selbstbestimmte Schichten, übriggebliebene Lebensmittel mitnehmen, Ansprechpartner bei Problemen, eine Klimaanlage im Aufenthaltsraum - das ist ja alles kein Hexenwerk.



    Dass man als Frau dem Körper keinen Gefallen tut, in 8-Stunden-Schichten Bierkisten per Rad in Wohnungen ohne Aufzug zu transportieren, hätte man auch vorher wissen können. Mal 2-3 Stunden am Tag leichte Restaurant-Bestellungen ausfahren ist sicher ein netter Nebenjob, aber als Hauptbeschäftigung ist doch klar, dass das keinen Spaß macht und für den Körper schädlich ist.



    Ich denke, dass es aber in jedem Job so ist, dass der anfängliche Enthusiasmus nachlässt und man auf dem Boden der Realität ankommt. Dass es ein Job ist, bei dem man ohne Qualifikationen und mit flexibler Zeiteinteilung sich etwas dazuverdienen kann (mit Trinkgeld sogar brauchbarer Stundenlohn), wird mit der Zeit zur Selbstverständlichkeit. Aber wo hat man das schon?

    • @Netti Netti:

      "Dass man als Frau dem Körper keinen Gefallen tut, in 8-Stunden-Schichten Bierkisten per Rad in Wohnungen ohne Aufzug zu transportieren, hätte man auch vorher wissen können."

      Wieso "als Frau"? Für Männer und Diverse ist das gesund? Oder soll es heißen "Frauen können in der Landwirtschaft, der Pflege, der Textilindustrie beliebig hart arbeiten, aber doch bitte nicht radeln"?

    • @Netti Netti:

      Da hat jemand versäumt seine Pflichtlektüre zu lesen: Ich sag nur Karl Marx. Das Kapital. Die Zauberworte sind hier Gewinnmaximierung und Konkurrenzdruck. Und die Story ist seit 150 Jahren immer wieder die gleiche. Wie oft muss sich das eigentlich wiederholen ? Wie oft?

  • Porsche-Ernst & Porsche Lindner sollten den Job für eine Woche machen, um die Lebensrealität kennen zu lernen!

  • Das Problem ist immer dasselbe: Qualifizierte Fachkräfte sind teuer, weil es erst lange dauert, überhaupt welche zu finden, und dann nochmal so lange, um sie für ihren spezifischen Job einzuarbeiten.

    (Ein Jahr rechnet man für einen Softwareentwickler: Ein halbes Jahr, um ihn zu finden, und nochmal ein halbes Jahr, bis er so drinsteckt, daß er produktiv wird. Und dieses Jahr ist nicht billig, beiden Hälften sind es nicht.)

    Wenn man dagegen Leute sucht, die nichts können und nichts lernen müssen (außer Fahrradfahren und Treppensteigen, so wie hier), kann man es sich leisten, sie schlecht zu behandeln, da sie jederzeit ersetzbar sind, und der Nachschub quasi unbegrenzt verfügbar ist.

    Das mag jetzt zynisch klingen, und ist es vermutlich auch -- aber nichtsdestotrotz ist das halt die Realität. Ich sehe das bei meinem eigenen Arbeitgeber: In der Produktion -- wo die Anlernzeiten kurz sind -- ist die Fluktuation hoch, und der Stundenlohn gering.

    In der Entwicklung und im QM dagegen müssen die Leute erstmal langwierig an organisch gewachsene Prozesse und Systeme herangeführt werden, und mit entsprechender Qualifikation verlangen sie dann natürlich auch mehr. Die behandelt man ganz anders -- weil es einfach zu teuer wäre, die Stelle nachbesetzen zu müssen, wenn der Kandidat sich angewidert davonmacht.

    Das Problem ist nicht Flink oder die Gig-Economy, sondern das Problem ist unqualifizierte Arbeit. Die kann jeder machen, dafür gibt es immer genug Nachschub, und deswegen wird sie -- reine Marktlogik -- immer schlecht bezahlt.

    Die Forderung, daß sich das dann eben ändern müsse, mag inhaltlich berechtigt sein, fordert aber im Subtext zugleich einen Systemwechsel weg von der Marktwirtschaft. Das wäre dann schon ein etwas größeres Projekt, als zwölf Euro Mindestlohn.

    • @Carcano:

      Seit wann braucht man Fachkräfte um einen Rucksack von A nach B zu befördern? Oder wie soll deren spezielle Ausbildung aussehen?



      Sorry, aber du hast das Thema verfehlt.

      Die Autorin hat schon recht: die Menschen werden immer fauler (und blöder). Gleichzeitig wollen sie nur das Beste, am besten für umsonst.



      Wertschätzung? Fehlanzeige...



      Ich könnte hier nun ein paar Beispiele aus meinem Beruf nennen. Bei einigen Dingen würdet ihr euch mit der Hand vor den Kopf schlagen, schlicht weg unglaublich was so tagtäglich passiert.

      • @namekianer:

        Du hast Carcanos Post wohl nicht richtig gelesen. Gerade diese Boten sind ja keine Fachkräfte, daher austauschbar.

        Allerdings würde ich tatsächlich davon ausgehen, dass das ganze Konzept nicht mehr funktioniert, wenn der Mindestlohn bei 15 Euro oder ähnlich liegen würde. Dann wäre es schlicht zu teuer, diese Sachen zu liefern, weil man dafür deutlich mehr Manpower braucht, als in einem Ladengeschäft. Oder aber der Staat geht hin und schreibt für Boten eine Qualifizierung ähnlich der eines Taxifahrers vor.

  • Danke für diesen bedrückenden Bericht.

    Ich habe so das Gefühl, dass unsere Gesellschaft immer mehr ausfreakt. Dass wir einander immer mehr als Konsumware betrachten.

    Die schöne neue App-Welt gibt dem auch noch einen surrealen Schimmer.

    Wie kommen wir wieder da raus?

  • Heute im Supermarkt dachte ich noch „Lieferservice würde mich davor bewahren, überflüssiges Zeug zu kaufen, das mich in den überfüllten Regalen anlacht. Den Preis würden jedoch diese prekären Arbeiter bezahlen, deshalb lasse ich es lieber.

    • @Phineas:

      'Andere schicken macht dick' hat mir meine Mutter mal beigebracht. So einfach der Satz ist - er macht in vielerlei Hinsicht doch Sinn. : )

      • @Anidni :

        Ich persönlich gehe lieber einkaufen, als mir Lebensmittel schicken zu lassen. Ich wohne alleine und arbeite im Homeoffice, dann habe ich wenigstens Abends mal einen Grund rauszugehen um mir die Brötchen für den nächsten Morgen holen zu gehen, ansonsten säße ich ja nur noch in der Bude. Muss ja auch nicht sein.