Ausbau der Berliner Radinfrastruktur: Autofreundlichkeit per Anweisung

Die CDU-geführte Verkehrsverwaltung hat ergänzende Regeln für den Radwegebau aufgestellt. Sie sollen auch den Wegfall von Pkw-Stellplätzen verhindern.

Radfahrende Person auf Straße zwischen vielen Autos

Eng ist es oft für RadlerInnen in Berlin – und daran wird sich jetzt ein bisschen weniger ändern Foto: IMAGO / Dirk Sattler

Berlin taz | Die Senatsverkehrsverwaltung unter Manja Schreiner (CDU) hat ihre autofreundliche Politik mittlerweile durch interne Anweisungen verstetigt. Laut der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage aus der Grünenfraktion, die der taz exklusiv vorliegt, betrachtet die Verwaltung jetzt die Einhaltung der von ihr neu verfassten „Hinweise für die Planung von Radverkehrsanlagen (RVA)“ als gleichberechtigte Voraussetzung für Radinfrastrukturprojekte – auch dann, wenn es sich um Maßnahmen in bezirklicher Regie handelt.

Die „Hinweise“ – eine umfangreiche Liste – wurden von Schreiners Task-Force zur Überprüfung bereits angeordneter Radwege verfasst und im Dezember auch den Bezirksämtern übermittelt. Sie verlangen von den Planenden nicht nur, dass diese den Einfluss jeder Rad-Infrastrukturmaßnahme auf den Bestand an Straßenparkplätzen ermitteln, sie sollen auch „Möglichkeiten zur Erhaltung bestehender oder ersatzweisen Schaffung von Parkständen“ prüfen – etwa „durch Reduzierung der Breite der RVA, gegebenenfalls auch mittels punktueller Unterschreitung von Regelmaßen“.

Sprich: Der Wegfall von Pkw-Stellplätzen am Straßenrand ist jetzt ein offizielles Kriterium zu Ungunsten des Radwegebaus. In der erst vor einer Woche erteilten Antwort auf eine weitere Anfrage der Grünen-Abgeordnten Oda Hassepaß hatte die Verkehrsverwaltung zwar erklärt, die Task-Force werde künftig nur „ausgewählte Einzelfälle“ in den Blick nehmen, eine „grundsätzliche Überprüfung aller Radverkehrsmaßnahmen“ sei „nicht geplant“. Allerdings kann die Task-Force nun im Prinzip immer dann einschreiten, wenn ein Projekt droht, ihre „Hinweise“ zu missachten.

Dass sie das Dokument als verbindlich betrachtet, geht klar aus der jüngsten Antwort der Senatsverwaltung hervor: „Die Inhalte des Hinweispapiers gelten für die Bearbeitung sämtlicher Radverkehrsprojekte, die durch die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt angeordnet werden müssen“, heißt es darin. Es werde aber auch „den Bezirken empfohlen, die Hinweise zu beachten, da damit eine hinreichende Qualität der Planung unter anderem im Sinne der Verkehrssicherheit gewährleistet wird“.

Bezirke wurden nicht eingebunden

Eingebunden wurden die Bezirke in die Entwicklung dieser neuen Richtlinien explizit nicht. Zwar schreibt Schreiners Verkehrsstaatsekretärin Claudia Elif Stutz, die Entscheidung für Infrastrukturmaßnahmen in Nebenstraßen liege bei den Bezirken selbst. Allerdings heißt es in ihrer Antwort auch, Finanzierungszusagen für solche Maßnahmen gebe die Senatsverwaltung „in der Regel erst dann“, wenn „die Grundzüge der Planung zwischen den Bezirken und der Senatsverwaltung abgestimmt worden sind“.

Der Senat halte es „für selbstverständlich, dass bei Planung und Umsetzung der Radverkehrsprojekte alle rechtlichen Vorschriften einzuhalten […] sind“, so Stutz. Dazu zählten neben dem Radverkehrsplan und den Ausführungsvorschriften zum Berliner Straßengesetz über Geh- und Radwege eben auch die neuen „Hinweise“ der Task-Force Radverkehr.

Die Task-Force hatte Senatorin Schreiner kurz nach ihrer Amtsübernahme im vergangenen Frühjahr gebildet – zur Überprüfung von 19 bereits angeordneten Radinfrastrukturprojekten, die sie kurzerhand auf Eis gelegt hatte. Drei dieser Projekte wurden tatsächlich aus der Planung genommen.

Wie kürzlich bekannt wurde, ist aber auch von den übrigen 16 bis dato noch kein einziges fertiggestellt. Die Verkehrsverwaltung rechnet nach eigenen Aussagen mit einem Start der Bauarbeiten von 15 dieser Projekte im laufenden Jahr. In 2023 wurden 5,2 Millionen Euro, die dafür eingeplant waren, nicht ausgegeben.

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