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Auflösung der PKKKurdische Arbeiterpartei beginnt mit Entwaffnung

Im Nordirak gibt die Kurdische Arbeiterpartei PKK die ersten Waffen ab. Der in der Türkei inhaftierte PKK-Führer Abdullah Öcalan hatte dazu aufgerufen.

Was bleibt von der PKK, wenn die Waffen weg sind? Foto: Bilal Seckin/SOPA Images/ZUMA Press Wire/dpa

Istanbul taz | Diesen Freitag soll in Sulaimaniyya, der zweitgrößten Stadt im Nordirak, bei einer Zeremonie mit geladenen Gästen eine erste Gruppe von 30 PKK-Guerilleros ihre Waffen niederlegen und zerstören. Das kündete der Sprecher der kurdischen Arbeiterpartei PKK, Zagros Hîwa, an. Damit würde nach 40 Jahren des bewaffneten Kampfes die allgemeine Entwaffnung der PKK beginnen, die nach Angaben der türkischen Regierung bis spätestens im Herbst beendet sein soll.

Vor Parlamentariern seiner AKP-Partei sagte Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Mittwoch: „Ich hoffe, dass dieser Prozess so bald wie möglich unfallfrei abgeschlossen sein wird.“ Um dem „Friedensprozess“ und der damit verbundenen Entwaffnung der PKK Nachdruck zu verleihen, hatte sich der historische Führer der PKK, Abdullah Öcalan, von der Gefängnisinsel İmralı aus erstmals per Videobotschaft an seine Anhänger gewandt.

Öcalan war damit auch zum ersten Mal seit seiner Verurteilung zu lebenslanger Haft 1999 wieder im Bild zu sehen. Dabei sagte er: „Dass wir den bewaffneten Kampf nun beenden, ist kein Verlust, sondern ein historischer Gewinn. Unsere kurdische Existenz wurde anerkannt. Somit ist das Hauptziel erreicht.“ In seiner Botschaft führte er weiter aus, dass die Fortsetzung des bewaffneten Kampfes sinnlos sei. Jetzt gehe es um demokratische Prozesse und Politik.

Seit Monaten war in der Türkei und im Nordirak, wo die PKK seit Ende der 1990er Jahre ihr Hauptquartier hat, auf diesen Tag hingearbeitet worden. Im Oktober letzten Jahres hatte der Chef der ultranationalistischen MHP, Devlet Bahçeli, die Gespräche hinter den Kulissen öffentlich gemacht und Öcalan aufgefordert, im türkischen Parlament das Ende des bewaffneten Kampfes und die Auflösung der PKK zu verkünden.

Dann sei vielleicht auch seine bedingte Freilassung möglich. Eine Delegation der prokurdischen DEM-Partei, die seit Jahren im Parlament vertreten ist, durfte seitdem Öcalan regelmäßig im Gefängnis besuchen und mit ihm die Schritte im „Friedensprozess“ besprechen.

Türkische Regierung macht Druck

Nach mehrmaliger Ankündigung wandte sich Öcalan dann im Februar über die DEM an die PKK und forderte sie auf, den bewaffneten Kampf zu beenden und die PKK in der vorliegenden Form aufzulösen. Nach längeren Debatten innerhalb der PKK, die zunächst gefordert hatte, Öcalan müsse freigelassen werden, um den Auflösungsprozess selbst anzuleiten, verkündete die Parteiführung als Ergebnis eines Parteikongresses die Auflösung der PKK. Seitdem macht die türkische Regierung Druck. Noch in der letzten Woche war der Chef des türkischen Geheimdienstes MIT, İbrahim Kalın, im Irak, um sowohl mit der irakischen Regierung als auch mit der Führung der kurdischen Autonomieregierung die praktischen Schritte zu besprechen.

Statt internationaler Beobachter soll der türkische Geheimdienst das Monitoring des Prozesses übernehmen. Einzelheiten dazu sind weiterhin unklar: Wird das Fußvolk der PKK amnestiert und darf in die Türkei zurück? Was passiert mit den Führungskadern der PKK, die jahrzehntelang als Hauptfeinde der türkischen Armee galten und die Armee und Geheimdienst am liebsten tot sehen würden? Auch die Forderung der DEM nach Freilassung politischer Gefangener blieb bisher ungehört.

Die DEM hat vorgeschlagen, im Parlament eine Kommission zu gründen, in der alle Parteien im demokratischen Konsens darüber entscheiden sollten. Die gibt es aber noch nicht. Und das Parlament geht jetzt erst mal in die Sommerpause.

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1 Kommentar

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  • Vermutlich würden sich hier in der Kommune viele wünschen, dass die Kurden ihren "heroischen" Kampf fortsetzen. Ich finde jedoch die Weitsicht und den Pragmatismus der kurdischen Führer bemerkenswert.