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Aufklärung der BND-AffäreHauptsache, die sehen das nicht selbst

Die GroKo will die Opposition wohl nicht mit heiklen Daten versorgen müssen. Ihre Idee: Ein unabhängiger Sonderermittler.

Für Gabriel und Merkel wäre ein unabhängiger Ermittler eine gute Lösung. Bild: dpa

BERLIN taz | Lachen oder weinen? Im Streit über die Aufklärung der BND-Affäre deutet sich eine Lösung an, die vor allem die Regierungsfraktionen beglücken könnte. Nach Vorstellungen der Koalition aus Union und SPD könnte ein eigener Ermittlungsbeauftragter mit der Aufklärung der gegen BND und Kanzleramt erhobenen Vorwürfe betraut werden und möglicherweise Einsicht in die Selektorenlisten erhalten, die Parlamentarier seit Beginn der Affäre fordern.

Die Einsicht in die NSA-Selektoren (Suchbegriffe) ist zentral wichtig, weil daraus hervorgehen könnte, in welchem Umfang der BND der US-Regierung half, Unternehmen und politische Institutionen in Europa auszuspionieren. Weil zahlreiche Veröffentlichungen den Verdacht nahelegen, dass hochrangige Beamte in der Spitze des Kanzleramts die Öffentlichkeit wiederholt getäuscht haben, ist die Affäre auch für Merkel brisant.

Das Kanzleramt will nun offenbar umgehen, den Mitgliedern des NSA-Untersuchungsausschusses die umkämpfte Selektorenliste auszuhändigen, und fürchtet vorgeblich gravierende Folgen für die Zusammenarbeit mit den USA, wenn Details aus der Kooperation bekannt werden. Oppositionspolitiker haben dagegen erklärt, klagen zu wollen, wenn ihnen die Listen vorenthalten werden.

Und so werden im Bundestag eifrig die Optionen einer Beteiligung des Parlaments diskutiert. Im sogenannten Treptow-Verfahren könnte es Obleuten gestattet werden, in einer Geheimdienstaußenstelle Einsicht zu nehmen. Eine intensive Auseinandersetzung mit den Millionen Suchbegriffen wäre für die Abgeordnetenbüros so allerdings kaum möglich.

Berliner Justizsenator als Ermittler?

Eine andere Option ist die, dass der Bundestag einen Sonderermittler einsetzt – das wäre vor allem für Merkel eine charmante Lösung. So könnte das Kanzleramt Entgegenkommen signalisieren, müsste aber den Abgeordneten die Selektorenliste nicht aushändigen.

Die Leipziger Volkszeitung hatte berichtet, dass der Grünenpolitiker und ehemalige Berliner Justizsenator Wolfgang Wieland auf Regierungsseite als Ermittler ins Gespräch gebracht wurde – auch als Signal an die Opposition. Die jedoch lehnt einen solchen Sonderermittler strikt ab und will im Zweifel auch dagegen klagen.

Wieland selbst sagte im Hinblick auf eine mögliche Anfrage zur taz: „Ohne die Stimmen der Opposition kann ich mir das nicht vorstellen. Es muss ein absolutes Vertrauensverhältnis zu allen Mitgliedern im Untersuchungsausschuss geben.“ Er sei aber auch noch gar nicht gefragt worden. Dass Schwarz-Rot sich einen solchen Ermittler vorstellen kann, scheint indes klar. Ob es ihn auch durchsetzen kann, ist weiter offen.

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4 Kommentare

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  • Diese Regierung ist doch durch und durch verkommen.

  • Warum einen Sonderermittler, wenn es doch einen Untersuchungsausschuss gibt? Einziger Grund wäre, wenn die Parlamentarier befangen wären. Da es hier aber um Vergehen der Geheimdienste und nicht der Parlamentarier geht macht ein Sonderermittler keinen Sinn.

    Die Liste ist unter zwei Gesichtspunkten wichtig: Einmal enthält sie Personen und Firmen, die zunächst unrechtmässig mit Hilfe des BND ausspioniert worden sind - bevor das der BND geblockt hat. Die Geheimhaltung dieser Liste bedeutet hier schlichtweg das Vertuschen von Straftaten. Wichtiger als diese Liste wäre es noch die in der Vergangenheit ungefilterten Selektoren zu untersuchen. Schliesslich geht es um Spionage in Deutschland für eine fremde Macht. Selbst wenn dies vor einiger Zeit abgestellt worden ist, bleibt das strafbar.

    Daneben sind die geblockten Selektoren Hinweise auf Spionageversuche. Es ist zu vermuten, dass sich der NSA auch auf andere Weise hier Informationen beschafft hat und es wäre für die Betroffenen wichtig, dies zu wissen. Die Spionageabwehr ist eigentlich Sache des Verfassungsschutzes und der Polizei - beide sind hier jedoch untätig.

  • Ein "HOCH" auf die "UNABHÄNGIGKEIT"!

     

    Ko**übel kann einem werden, um es mal weit zu untertreiben.

     

    Ich hoffe, dass das nicht das letzte Wort gewesen sein wird.

     

    In den USA wurde im großem Umfang begonnen, die ungeheuerlichsten Lügen, gegen die eigene Bevölkerung zu verbreiten.

     

    Das Übel, das in den Staaten angefangen hat, wird von Merkel in Deutschland salonfähig gemacht.

     

    Merkel, die Kanzlerin der Vertuschung!

     

    Merkel, die Heuchlerin, die Totengräberin der Demokratie!

     

    Schlimm genug ist es schon, einen Lügenthron (H. Prantl) zu bauen.

     

    Das Erbärmlichste und Rückgratloseste ist aber das unter Merkel hoffähig gewordene Pharisäertum, sich auf diesen Lügenthron zu setzen, mit Unschuldsfresse unser Rechtssystem auszuhöhlen, und in feigster Manier schlimmste und massivste Bürgerrechtsverletzungen zu manifestieren!

     

    Pfui Teufel!!

  • Damit wäre das ja jetzt auch durch die SPD geklärt:

    Es geht eben nicht um Aufklärung, sondern um machtstrategische Überlegungen.

     

    Ob Deutschland im Falle eines Angriffs von Terroristen oder Geheimdiensten in der Lage ist, die IT-Systeme von Regierung und Bundestag zu verteidigen - wen interessiert das? Wirtschaftsspionage - who cares? Ist doch alles #Neuland!

     

    Merkel hat es mit ihrer Unfähigkeit, auch unbequeme Entscheidungen zu treffen, soweit gebracht, dass Wahrheiten so lange unter den Tisch gekehrt werden, bis die Kacke zum Himmel stinkt. Da ist jetzt der Sonderermittler der nächste Besen, um den Dreck aus dem Blickfeld zu schieben.

     

    Wird Zeit, dass mal die Volkskrankheit Denkabstinenz ernsthaft bekämpft wird. Denn dies ist ja jetzt wohl alternativlos:

     

    https://www.openpetition.de/petition/online/ruecktritt-von-bundeskanzlerin-merkel-als-konsequenz-aus-no-spy-luege-im-wahlkampf-2013