Aufgeschreckte Couchpotatoes: Nichts Neues nirgends?
Während die Reisefeuilletons dünner werden, wächst die Zahl der Reiseblogger. Unbelastet von jeder Recherche beschreiben sie ihre Erlebnisse.
E s wird gereist, Tendenz steigend. Und es wird darüber geschrieben, Tendenz fallend, zumindest was die Reisefeuilletons der Zeitungen betrifft. Die werden schmaler oder wie jetzt bei der Zeit für höhere Einschaltquoten in ein spannendes Umfeld eingemeindet, nämlich ins Ressort „Z“, die Erfahrungswelt der Zeit-Leser. „ ‚Z‘ ist ein Ressort, das alles darf, überraschend ist“, schreibt die Zeit.
Viele Reisen von der Stange sind in der Tat nicht wirklich überraschend, schon gar nicht als Thema. Die bereisten Länder interessieren oft ohnehin nur als sportliches Ziel, das abgehakt werden will und über das man aus dem Pocketreiseführer schon genug weiß, als dass man noch neugierig darauf sein könnte und mehr darüber sehen möchte. Vom klimatisierten Bus ins standardisierte Hotel, als Höhepunkt das vegane Restaurant in Athen oder Singapur – reisen ist langweilig geworden, die Länder sind austauschbar. Nichts Neues nirgends.
Kein Wunder, dass inzwischen Reiseblogger mit ihrer bauchgespiegelten Sicht der Welt den Reisejournalisten den Rang ablaufen. Sie werden geklickt; von Veranstaltern und Destinationen, die auf sich aufmerksam machen wollen, hofiert. Reiseblogs versprechen frische Themen und Authentizität. Und in der Tat: Nicht die geringste journalisitsche Recherche trübt sie, keine journalistische Distanz stört die Euphorie.
Sie sind Erlebnis pur, genau das, was wir beim Reisen so suchen: „Die Toiletten bestehen, gerade in ländlicheren Gegenden, meistens aus einem Loch im Boden, dem man sich mit einem Blick durch die Tür schon nicht weiter als auf drei Meter nähern möchte. Darauf solltest Du Dich also vor Deiner Reise einstellen. Beim Reisen überraschten mich dann vor allem die Entfernungen. Marokko ist groß und sehr lange Busfahrten können ein Abenteuer sein.“
Da diese beispielhafte Unmittelbarkeit oft nicht nur naiv daherkommt, sondern banal, wünscht man sich schon ab und zu einen gut recherchierten Reisebericht und manchmal sogar einen staubtrockenen Baedecker mit echten Fakten.
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