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Auf der Suche nach dem Beziehungs-KniggeEmotionale Intimität braucht Zeit

Beziehungen führen kann man nicht verlernen. Oder? Nach jahrelanger Monogamie mit einer Spinat-Tiefkühlpizza ist sich unsere Autorin langsam nicht mehr so sicher.

Jede Beziehung ist anders. Wieso möchte man dann trotzdem genau wissen, was zu tun ist? Foto: Lupe Rodriguez/Westend61/imago

J ede neue Beziehung ist aufregend. Aber für mich ist eine neue Beziehung mehr als das, es ist eine völlig neue Welt. Eine vollkommen fremde Welt. Ich dachte immer, dass man das Zusammensein in Beziehungen nicht verlernt. So wie Fahrradfahren. Ich glaube, ich bin zuletzt vor drei Jahren im Urlaub Fahrrad gefahren. Es ist nicht so, dass ich ungern Rad fahre, aber ich brauche es eben nicht. Mein Leben läuft (es tut mir nicht mal leid) auch so ganz gut. Sicher, ab und zu mal ist ein Fahrrad ganz nett und vor allem praktisch, aber für die zwei Ausflüge im Jahr lohnt es sich nicht, sage ich mir immer wieder.

Ich würde mir zwar nicht anmaßen, meine Beziehung mit Fahrradfahren gleichzusetzen, aber ich gebe zu, dass ich den Gedanken schon mal hatte. Eine Beziehung ist (im Idealfall) richtig schön, sie macht das Leben vielleicht aufregender. Oder sicherer – je nachdem, was man sich eben wünscht.

Das klingt jetzt vielleicht banal, aber Frage: Wie verhält man sich eigentlich noch mal in Beziehungen? Anna, das ist von Beziehung zu Beziehung unterschiedlich.

„Macht man das so?“

Ja, das weiß ich ja. Trotzdem wünschte ich, es gäbe einen Beziehungs-Knigge. Anfangs dachte ich auch: Was soll daran so schwer sein? Du benimmst dich einfach wie in einer Freundschaft. Aber da geht’s schon los: Bei meinen Freundschaften war es bislang immer so, dass wir Zeit hatten, bevor wir emotional intim geworden sind. Es ist auch selbstverständlich, dass man sich eine Weile kennenlernt und dann nach einer gewissen Zeit gemeinsam Regeln aufstellt, die das Zusammenleben leichter machen.

Ich meine das nicht so förmlich, wie es klingt, aber nach ein paar Jahren Freundschaft weiß zum Beispiel meine beste Freundin Tina, dass ich unpünktlich und unorganisiert bin, und weiß auch, dass ich seit 30 Jahren genau daran arbeite. Ich wiederum weiß, dass sie ungeduldig ist und alle möglichen Dinge am liebsten Jahre vorher in einer Excel-Tabelle planen würde. Das wissen wir voneinander und nehmen Rücksicht darauf – und es funktioniert sehr gut.

Ich hab den Eindruck, dass bei Beziehungen erwartet wird, dass man recht schnell in diesen Zustand kommt. Ich erwische mich oft dabei, wie ich mich absichern muss und Freundinnen frage, die schon länger in Beziehungen sind oder verheiratet: „Macht man das so? Ist das normal in einer Beziehung?“

Ich habe inzwischen das Gefühl, dass ich Beziehungen führen völlig verlernt habe. Der Platz neben mir im Bett wurde jahrelang von meiner treuen Lidl-Tiefkühltruhe-Spinatpizza warm gehalten. Da ist es nicht verwunderlich, dass mir wichtige Beziehungs-Skills abhanden gekommen sind. Es fängt bei Banalitäten wie Kosenamen an und hört bei Freizeit- und Urlaubsgestaltung auf. Alles Gewöhnungssache, vermutlich. Und doch fällt es mir schwer, mich aufs Unbekannte einzulassen.

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Anna Dushime
Journalistin, Speakerin und freie Kreative. Kolumne: "Bei aller Liebe". Foto: Pako Quijada
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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • "Der Platz neben mir im Bett wurde jahrelang von meiner treuen Lidl-Tiefkühltruhe-Spinatpizza warm gehalten." (A. Dushime)



    Naja, es geht mich ja nix an, aber ich würde an Ihrer Stelle erst mal die Pizza in die Biotonne treten. Mal sehn was dann passiert...



    (Sorry, aber so eine Vorlage zum Torschuß muß einfach verwandelt werden. Geht nicht anders!)

  • Also, das Beziehungsglück hat einfach sehr, sehr viel mit Glück haben zu tun, und sehr wenig mit lernen. Ist jedenfalls meine Erfahrung.

  • Zitat: „Und doch fällt es mir schwer, mich aufs Unbekannte einzulassen.“

    Die schlechte Nachricht ist: Das wird mit zunehmendem Alter nicht besser. Und zwar vor allem deswegen, weil man im Laufe der Zeit so viele unterschiedliche Erfahrungen macht, dass man gewisse Muster auch da erkennt, wo sie nicht auf den ersten Blick zu sehen sind. Was eben noch unbekannt schien, weil es eine ungewohnte Form hatte, kommt einem spätestens nach ein paar Tagen doch wieder irgendwie bekannt vor. Und warum sollte man denn Energie verschwenden auf etwas, was einen (bestenfalls) langweilen oder (schlimmstenfalls) frustrieren würde?

    Nehmen wir nur mal die Sache mit den, nun ja, Beziehungen. Jede davon ist zu Beginn aufregend. Weil zu Beginn keinesfalls klar ist, auf wen oder was man sich da gerade eingelassen hat.

    Sexuelle Attraktivität entsteht nicht im Frontalhirn. Sie ist ein uraltes, rein biologisches Prinzip. Erst, wenn der hormonelle Rausch vorbei ist, erkennt man, wen man sich „angelacht“ hat in seinem Tran. Man kann dann noch versuchen, Differenzen zu managen, aber mit Verliebtsein hat das meist nichts mehr zu tun.

    Die gute Nachricht ist also: Man kann das Beziehungenhaben nicht verlernen. So wenig wie das Radfahren, nur aus ganz anderen Gründen. Es gibt keine Norm für Beziehungen, nichts, was man auswendig lernen könnte. Also gibt es auch nichts, was sich vergessen ließe. Wir alle sind einmalig. Unsere genetische Ausstattung und die Erlebnisse, die uns geprägt haben, machen uns zu Individuen. Jede mögliche Konstellation zweier Individuen aber ist eine völlig „neue Welt“. Eine, für die ihre Bewohner die Regeln jeweils neu aushandeln müssen. Haben die Partner Glück und sind einander ähnlich, ist das verhältnismäßig leicht. Wenn nicht, nicht.